
Selten hat man einen Großmeister nach einer Niederlage so strahlen gesehen.

In
der 14. und letzten Runde verlor Magnus Carlsen seine Partie gegen Peter Svidler, hat
aber trotzdem das Turnier gewonnen und ist damit Herausforderer von Weltmeister Viswanathan Anand.
Bonus-Interview
Die letzten Runden des Kandidatenturniers in London hatten es in sich. Zuerst
verabschiedete sich Levon Aronian aus dem Rennen um den Turniersieg. Der
Armenier verlor in der 9. Runde gegen Boris Gelfand. Nach einem Sieg in Runde 10
gegen Ivanchuk musste Aronian dann in der 11. und 12. Runde weitere Niederlagen
gegen Peter Svidler und Vladimir Kramnik hinnehmen.
Magnus Carlsen erlebte sein Waterloo gegen Vassily Ivanchuk
in der 12. Runde.

In der
Vergangenheit ist der Norweger gegen den ukrainischen Spitzenmann ganz gut
zurecht gekommen. Ivanchuk hatte in das Kandidatenturnier zudem nur mit
Verspätung hinein gefunden und viele Punkte durch häufige Zeitnot verschenkt.
Doch gegen Carlsen war Ivanchuk wieder voll auf der Höhe, gut vorereitet und glich mit Schwarz
schnell aus. Carlsen überschätzte seine Stellung, stand schlechter, spielte
trotzdem auf Sieg und verlor
dann auch noch das Endspiel, von dem er eigentlich glaubte, es müsse remis
enden.
Nun wurde Carlsen von Vladimir Kramnik überholt. Der 14. Weltmeister zeigte sich
in diesem Kandidatenturnier sehr motiviert, kam nur am Anfang trotz guter
Partien nicht zum Erfolg. Im zweiten Umgang gewann er gegen Svidler, Grischuk,
Radjabov und Aronian und profitierte nun von Carlsens Scheitern gegen Ivanchuk.
Zwei Runden vor Schluss hatte Kramnik die besten Karten in der Hand.
In der 13. Runde kam es zum ersten Fernduell zwischen Kramnik und Carlsen. Beide
spielten gegen ihre Gegner - Gelfand und Radjabov - auf Gewinn. Kramnik
erreichte gegen den amtierenden Vizeweltmeister zwar Vorteil, doch gegen die
Verteidigungskünste des Israeli reichte es nicht zum Sieg.

Carlsen hatte mit den
schwarzen Steinen gegen Radjabov die ganze Partie über keinerlei Vorteil,
spielte aber munter weiter. Schließlich knickte der Aseri ein und Carlsen kam
zum ersehnten Sieg, der ihn in der Tabelle wieder auf gleiche Höhe mit Kramnik
brachte.
High Noon in der letzten Runde! Die Zweitwertung sah vor, dass bei
Punktgleichheit zunächst der direkte Vergleich zählte - Carlsen und Kramnik hatten zweimal gegeneinander remis gespielt -, dann die Anzahl der Siege. Hier lag
Carlsen vor der Runde vorne. Als dritte Wertung war Sonneborn-Berger
vorgesehen, die aber nach Lage der Dinge gar nicht zum Tragen konnte, denn sollte Kramnik in der letzten Runde gewinnen und Carlsen Remis spielen (womit beide auf fünf Gewinnpartien gekommen wären), dann hätte Kramnik am Ende einen halben Punkt mehr als Carlsen gehabt und wäre alleiniger Erster geworden.
Carlsen mit Weiß gegen Svidler, Kramnik mit Schwarz gegen Ivanchuk: Im ersten
Umgang hatte Carlsen Svidler noch mit leichter Hand besiegt. Diese Partie hatte
wohl auch Kramnik im Hinterkopf als er gegen Ivanchuk die Pirc-Verteidgung
wählte, was Kramnik gerne macht, wenn er gewinnen will.

Carlsen spielte
gegen Svidlers 1...e5 die Spanische Partie mit d3, was alle
Möglichkeiten offen lässt. Es ist anzunehmen, dass sich die beiden
Spitzenspieler während der letzten Runde intensiv beäugten, so wie zwei
Radfahrer bei Verfolgungswettbewerben.

Carlsen erreichte gegen Svidler eine leichte Initiative am Königsflügel,
Kramnik hatte Mühe, gegen Ivanchuks ruhige positionelle Variante ein
aussichtsreiches Ungleichgewicht herbeizuführen. Da Ivanchuk in den vergangenen
Runden sehr unterschiedliche Leistungen gezeigt hatte, konnten sich die
Carlsen-Fans aber keineswegs sicher sein, dass der Ukrainer seinen kleinen
Vorteil ins Ziel retten würde.

Vielleicht würde er ja auch wieder in horrende
Zeitnot kommen und eine ausgeglichene Partie wegwerfen, wie gegen Aronian - also
alles
offen in dieser Partie.
In zunehmende Zeitnot kam dann indes Magnus Carlsen in seiner Partie.

Sein Angriff am Königsflügel wurde abgewehrt und am Ende hatte der Norweger für
zehn Züge nur noch sechs Sekunden auf der Uhr. Zwar schaffte er die
Zeitkontrolle - aber nur auf Kosten der Stellung, die jetzt verloren war. Carlsen
war raus - oder doch nicht?
Nein! Vassily Ivanchuk hatte seinen Vorteil gegen Kramnik vergrößert und bei
guter Stellung auch keine Probleme mit der Zeit. Der Ex-Weltmeister musste sich
ins Unvermeidliche fügen und gab die Partie auf. Carlsen gewann trotz seiner
zweiten Niederlage das Turnier und wird Weltmeister Anand herausfordern,
vermutlich im November 2013.
Zum Ende der Runde brachen zahlreiche Schachserver, die die Partien übertrugen,
wegen der großen Anzahl an Zugriffen zusammen. Dies passierte auch mit der
Webseite der größten norwegischen Zeitung vg.no,
die die Partien ebenfalls übertrug.

Henrik Carlsen und Peter Heine Nielsen

Kramnik enttäuscht, aber gefasst

Peter Svidler auf der Pressekonferenz

Aronian erneut gescheitert
Im Gegensatz zu den eher langweiligen Kandidatenwettkämpfen vor zwei Jahren war
dieses Kandidatenturnier hochspannend vom Anfang bis zum Ende. Die Anzahl der
Remispartien war mit etwas über 50% niedrig und die durchschnittliche Anzahl der
Züge mit eher 43 hoch. Das Kandidatenturnier 2013 von London gehört ohne Zweifel zu
den besten Kandidatenturnieren der Schachgeschichte.
Die Pressekonferenzen
Magnus Carlsens Siegerpressekonferenz
Vassily Ivanchuk gegen Vladimir Kramnik
Magnus Carlsen gegen Peter Svidler
Abschlusstabelle:

Carlsen gewinnt wegen der höheren Anzahl von Siegen
Alle Partien:

Das Turnierposter
Partiebeginn ist jeweils 14 Uhr (London), also 15 Uhr MEZ. Alle Partien
werden live auf dem Fritzserver kommentiert. Den Löwenanteil der deutschsprachigen
Kommentierung trägt GM Klaus Bischoff (Kostenlos für alle Premiummitglieder).
Außerdem kommentieren Oliver Reeh mit Merijn van Delft und Karsten Müller sowie Stefan Kindermann mit Dijana Dengler.
Premiumzugang zu schach.de kaufen...

Klaus Bischoff
Spielplan, Ergebnisse, Kommentatoren
Runde 1, 15. März um 15 Uhr (MEZ) |
Levon Aronian
|
½-½
|
Magnus Carlsen |
Boris Gelfand
|
½-½
|
Teimour Radjabov |
Vassily Ivanchuk
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Peter Svidler
|
½-½
|
Vladimir Kramnik |
Kommentar: GM Daniel King
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 2, 16. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
½-½
|
Vladimir Kramnik |
Alexander Grischuk
|
½-½
|
Peter Svidler |
Teimour Radjabov
|
1-0
|
Vassily Ivanchuk |
Levon Aronian
|
1-0
|
Boris Gelfand |
Kommentar: GM Chris Ward
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 3, 17. März um 15 Uhr (MEZ) |
Boris Gelfand
|
0-1
|
Magnus Carlsen |
Vassily Ivanchuk
|
0-1
|
Levon Aronian |
Peter Svidler
|
1-0
|
Teimour Radjabov |
Vladimir Kramnik
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Kommentar: GM Yasser Seirawan
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 4, 19. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
1-0
|
Alexander Grischuk |
Teimour Radjabov
|
½-½
|
Vladimir Kramnik |
Levon Aronian
|
½-½
|
Peter Svidler |
Boris Gelfand
|
½-½
|
Vassily Ivanchuk |
Kommentar: GM Daniel King
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 5, 20. März um 15 Uhr (MEZ) |
Vassily Ivanchuk
|
½-½
|
Magnus Carlsen |
Peter Svidler
|
½-½
|
Boris Gelfand |
Vladimir Kramnik
|
½-½
|
Levon Aronian |
Alexander Grischuk
|
½-½
|
Teimour Radjabov |
Kommentar: GM Yasser Seirawan
Stefan Kindermann/ Dijana Dengler
|
|
Runde 6, 21. März um 15 Uhr (MEZ) |
Peter Svidler
|
0-1
|
Magnus Carlsen |
Vladimir Kramnik
|
½-½
|
Vassily Ivanchuk |
Alexander Grischuk
|
½-½
|
Boris Gelfand |
Teimour Radjabov
|
½-½
|
Levon Aronian |
Kommentar: GM Chris Ward
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 7, 23. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
½-½
|
Teimour Radjabov |
Levon Aronian
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Boris Gelfand
|
½-½
|
Vladimir Kramnik |
Vassily Ivanchuk
|
½-½
|
Peter Svidler |
Kommentar: GM Alejandro Ramirez
Deutsch: Oliver Reeh
|
|
Runde 8, 24. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
½-½
|
Levon Aronian |
Teimour Radjabov
|
0-1
|
Boris Gelfand |
Alexander Grischuk
|
1-0
|
Vassily Ivanchuk |
Vladimir Kramnik
|
1-0
|
Peter Svidler |
Kommentar: GM Alejandro Ramirez
Deutsch: Oliver Reeh
|
|
Runde 9, 25. März um 15 Uhr (MEZ) |
Vladimir Kramnik
|
½-½
|
Magnus Carlsen |
Peter Svidler
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Vassily Ivanchuk
|
1-0
|
Teimour Radjabov |
Boris Gelfand
|
1-0
|
Levon Aronian |
Kommentar: GM Maurice Ashley
Deutsch: Oliver Reeh
|
|
Runde 10, 27. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
1-0
|
Boris Gelfand |
Levon Aronian
|
1-0
|
Vassily Ivanchuk |
Teimour Radjabov
|
½-½
|
Peter Svidler |
Alexander Grischuk
|
0-1
|
Vladimir Kramnik |
Kommentar: GM Yasser Seirawan
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 11, 28. März um 15 Uhr (MEZ) |
Alexander Grischuk
|
½-½
|
Magnus Carlsen |
Vladimir Kramnik
|
1-0
|
Teimour Radjabov |
Peter Svidler
|
1-0
|
Levon Aronian |
Vassily Ivanchuk
|
½-½
|
Boris Gelfand |
Kommentar: GM Chris Ward
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 12, 29. März um 15 Uhr (MEZ) |
Magnus Carlsen
|
0-1
|
Vassily Ivanchuk |
Boris Gelfand
|
½-½
|
Peter Svidler |
Levon Aronian
|
0-1
|
Vladimir Kramnik |
Teimour Radjabov
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Kommentar: GM Daniel King
Deutsch: Oliver Reeh
|
|
Runde 13, 31. März um 15 Uhr (MEZ) |
Teimour Radjabov
|
0-1
|
Magnus Carlsen |
Alexander Grischuk
|
½-½
|
Levon Aronian |
Vladimir Kramnik
|
½-½
|
Boris Gelfand |
Peter Svidler
|
1-0
|
Vassily Ivanchuk |
Kommentar: GM Daniel King
Deutsch: Klaus Bischoff
|
|
Runde 14, 1. April um 15 Uhr (MESZ) |
Magnus Carlsen
|
0-1
|
Peter Svidler |
Vassily Ivanchuk
|
1-0
|
Vladimir Kramnik |
Boris Gelfand
|
½-½
|
Alexander Grischuk |
Levon Aronian
|
1-0
|
Teimour Radjabov |
Kommentar: GM Maurice Ashley
Deutsch: Danil King
|
|
Text: André Schulz
Fotos: Pascal Simon, Anastasiya Karlovich
Premiumzugang zu schach.de kaufen...
Turnierseite FIDE...
Turnierseite AGON...