Schach Nachrichten
ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Magnus Carlsen ist nicht nur der beste Schachspieler der Welt, er ist auch ein erfolgreicher Jungunternehmer und an einer Firma "Play Magnus" beteiligt. Diese ist Ansprechpartner für Sponsoringprojekte mit dem Schachweltmeister, produzierte ein stylisches Schachspiel, das in einer Röhre verkauft wird, und bietet eine Spiel-und Trainings-App an, die ebenfalls einfach "Play Magnus" heißt. Einmal im Jahr tritt Magnus Carlsen in der "Play Magnus Challenge" gegen einige seiner "Play Magnus"-Kunden in einem Uhrensimultan an. Im letzten Jahr war diese Veranstaltung in New York. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Hamburg. Hier gibt es für Magnus Carlsen und sein junges Team interessierte und willige Ansprechpartner für gemeinsame Events.
Master Class Band 8: Magnus Carlsen
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Im Januar 2016, vor etwa anderthalb Jahren, feierte die Hamburger Wochenzeit "Die Zeit" ihr 70-jähriges Bestehen, organisierte in der Stadt auf eine Woche verteilt viele "Geburtstagspartys" und lud dazu zahlreiche Prominente und Stars aus allen gesellschaftlichen Bereichen ein, über die "Die Zeit" regelmäßig berichtet. Dazu gehört auch Schach. Und Schach ist in der Zeit sogar hoch aufgehängt. Zum einen ist die edle Schachspalte von Dr. Helmut Pfleger im Zeit-Magazin eine der ältesten und renommiertesten Deutschlands, zum anderen hatte der langjährige (seit 1983), vor zwei Jahren leider verstorbene Herausgeber der Zeit Helmut Schmidt ein besonderes Faible für das Schachspiel. Zum dritten hat die Zeit mit Ulrich Stock einen kompetenten Schach-Autor. Ulrich Stock, eigentlich zuständig für Musik und besonders für Jazz-Musik, spielt auf höherem Klubniveau und wurde zu Lebzeiten von Helmut Schmidt gelegentlich auch mal zum "Chef" gerufen. Dann ging es um Schach, genauer - ums Schach spielen.
Als Geburtstagsgast für das Schachspiel hatte sich die Zeit keinen Geringeren als den Weltmeister ausgesucht. Magnus Carlsen nahm die Einladung an, vielleicht angelockt durch die Größe der Aufgabe. Er sollte gleich gegen 70 Schachfreunde simultan spielen - für jedes Jahr der Zeit einen Gegner. Carlsen stellte sich dieser Herausforderung, verlor eine einzige Partie und gab noch zwei Remis ab. Der Rest wurden besiegt, und unter den Gegnern waren durchaus starke Spielerinnen und Spieler, zum Beispiel die derzeit amtierende Deutsche Meisterin Jana Schneider.
Offenbar ist Magnus Carlsen dieses Simultan in guter Erinnerung geblieben, denn nun nahm er eine neue Einladung der Zeit an, diesmal für ein Gespräch im Rahmen der Zeit Gesundheits-Konferenz, die 2017 unter das Thema "Digital Health" gestellt wurde, mit einem anschließen Uhrensimultan, der Play Magnus Challenge.
Die Konferenz fand im Ballsaal des Hamburger Nobelhotels Atlantic statt, das seit seiner Erbauung im Jahr 1909 seinen Platz in der ersten Reihe an der Außenalster hat. 1997 gehörte das Hotel zur Kulisse des James-Bond-Films "Der Morgen stirbt nie." Die Verfolgungsjagd in der fiktiven Hotelhochgarage wurde allerdings woanders gedreht. Das Hotel hat in Wirklichkeit eine Tiefgarage. Sie können ihren Wagen hier getrost und ohne Angst abstellen. In einer Szene des Films hat man aber einen schönen Blick vom Hoteldach mit dem dekorativen Globus auf die Außenalster:
Berühmter Dauergast des Hotels ist der Musiker Udo Lindenberg. Das Hotel Atlantic ist seit den 1990er Jahren sein festes Zuhause. Gelegentlich kann man ihn in einer der umliegenden Straßen beim Spaziergang treffen.
Der Denk-Sportler Magnus Carlsen passte sehr gut zum Thema der diesjährigen Zeit-Gesundheitskonferenz. Wenn man darüber nachdenkt, womit die verschiedenen Weltmeister den Schachsport jeweils bereichert haben, dann ist es bei Magnus Carlsen sicher auch der sportliche Aspekt. Der Norweger spielte seine Endspiele auch dann noch weiter, wenn sie objektiv völlig ausgeglichen waren und zeigte, dass sich dies lohnte, denn häufig gewann er diese dann auch. Mit Magnus Carlsen mussten sich die Spitzenspieler umstellen. Auch für ein Remis hatte man jetzt lange und ausdauernd zu kämpfen.
Von seinem ersten Trainer Simen Agdestein, Schachgroßmeister und norwegischer Fußballnationalspieler, hat Carlsen das Prinzip des "gesunden Geists in einem gesunden Körper" übernommen. Carlsen liebt Sport. Er fährt gerne Ski, spielt gerne Basketball und Fußball.
"Während der Weltmeisterschaft in Sotschi 2015 gegen Anand, sah man Sie an den Ruhetagen zwischen den Partien mit ihren Leuten Basketball gegen ein paar arme Journalisten spielen. Sie lieben Sport, oder?", fragte Ulrich Stock.
Ulrich Stock, Magnus Carlsen (Foto: André Schulz)
"Es gab nicht so viele Freizeitangebote in Russland..., aber ja. Ich mache gerne Sport," lautete Carlsens Antwort.
In den etwa 40 Minuten des Gesprächs im gut gefüllten Ballsaal des Atlantic Hotels, wurden zunächst die Unterschiede zwischen menschlichem und maschinellem Denken behandelt.
"Spielen Sie gegen Computer."
"Nein. Ich hätte keine Chance und möchte mich nicht auf diese Weise demoralisieren."
Haben Maschinen Intuition?"
"Nein! Aber es sieht manchmal so aus."
"Spielen Maschinen mit Ideen?"
"Nein. Ich verfolge die Partien der Computer-Weltmeisterschaft und verstehe sie nicht, eben weil es Partien ohne Ideen sind. Oder die Ideen sind weit jenseits meines Vorstellungsvermögens."
"Sind Maschinen dann nicht blöde?"
"Ja, sie sind blöde, aber sie sind sehr stark."
Carlsen betonte die Bedeutung einer gesunden Lebensweise für die Leistung im Schach.
"Ich habe eine Zeit lang sehr intensiv Sport getrieben und mich sehr bewusst ernährt. Das war die Zeit, in der ich meine besten Ergebnisse erzielte. In letzter Zeit lief es nicht mehr so gut. Nun will ich wieder dahin zurückkommen, wo ich einmal mit meiner Leistung war."
Nach diesem Gespräch mit dem wohl sportlichsten (im körperlichen Sinne) Schachweltmeister, den es je gab, endete der Vortragsteil des Zeit-Kongresses zur Gesundheit 2017. Nach einer Umbaupause ging es jedoch mit der Play Magnus Challenge am Abend weiter.
Die Play Magnus Challenge ist eine nette Idee. Der weltbeste Spieler verkauft eine Schach-App, mit der man spielen und trainieren kann. Dann trifft er sich einmal im Jahr mit einigen seiner "Kunden", spielt mit ihnen eine Partie und erklärt ihnen hinterher, was sie falsch gemacht haben und wie man es besser macht. Play Magnus wählte für die Challenge zehn Spieler aus, ChessBase als Kooperationspartner für den Webcast, durfte zwei weitere Spieler empfehlen, und zwar die beiden Nachwuchsspieler vom Hamburger SK, Jakob Weihrauch (12) und Arthur Krüger (9). Zusammen mit Nikolai Nitsche (9) waren dies die jüngsten Spieler im Feld. Schließlich kam noch der schachbegeisterte frühere Fußballspieler Marco Bode dazu, eigentlich durch eine Rückenverletzung gehandicapt (Fußballer sind immer verletzt, auch lange nach Karriereende). Seine Partie bestritt der Bremer Fußball-Europameister und Vizeweltmeister deshalb größtenteils im Stehen.
Marco Bode konnte nicht sitzten (Foto: André Schulz)
Das Simultan gegen nun also 13 Gegner wurde als Uhren-Handicap gespielt. Carlsen hatte 30 Minuten für alle Partien, jeder seiner Gegner ebenfalls. Ein bisschen Gas geben musste der Weltmeister also schon und so huschte er eilig von Tisch zu Tisch. Das Spiel-Niveau der Simultanspieler war dabei recht unterschiedlich. Annemarie Obernauer aus Österreich hat Schach erst sehr spät gelernt, sich mit der Play Magnus App aber schon etwas nach vorne gekämpft. Sie schlägt inzwischen schon "Magnus mit sechs Jahren" und "Magnus mit acht Jahren"(So heißen dort die Handicap-Stufen). Magnus mit 27 Jahren war aber deutlich zu stark. Weit mehr Erfahrung hatte Quirine Naber, die einzige weitere weibliche Simultanspielerin an diesem Abend. Sie spielte in der Königsindischen Verteidigung scharf auf Königsangriff, doch der blieb gegen den Weltmeister dann doch stecken.
Als gefährlich erwiesen sich auch die Youngster. Jakob Weihrauch zeigte mit der Najdorf-Variante, dass er keine Angst hat, auch nicht vor dem Weltmeister. Zeitweise hatte er einen Bauern mehr und auch etwas Angriff, doch mit präzisem Spiel entschied Carlsen auch diese Partie für sich. Arthur Krüger lobte Magnus Carlsen in der späteren Partiebesprechung für sein ideenreiches Spiel, doch es hatte ein paar Lücken in der Durchführung, die dem Weltmeister nicht unbemerkt blieben. Nikolai Nitsche lieferte sich mit dem weltbesten Spieler ein Theorieduell in der Französischen Verteidigung. Auch hier hatte, wenig überraschend, Magnus Carlsen am Ende die Nase vorn. Marco Bode legte seine Partie gegen die Katalanische Eröffnung hingegen sehr solide an und zeigte, was er damals in seinem Schachklub in Osterrode gelernt hat. Carlsen kam mit einem kleinen Vorteil aus der Eröffnung, den er aber nach und nach vergrößerte. Am Ende entschied einmal mehr die Taktik.
Als Moderator für die Veranstaltung hatte Play Magnus Lawrence Trent engagiert, der die Aufgabe mit Bravour meisterte. Der englische IM kommentierte in gut verständlichem Englisch, stellte am Anfang die Spieler vor, sprach später zu den Partien, lobte die Gegner von Magnus, wenn sie sich etwas trauten und unterhielt das Publikum mit kleinen Geschichten. Außerdem band er immer wieder Magnus Carlsen in seinen Vortrag ein.
"Lasker war 27 Jahre lang Weltmeister. Kannst du das auch schaffen, Magnus?"
"Ich bin im Moment froh, wenn ich hier diese Partien gewinne."
Nachdem alle Partien gespielt waren, durfte sich jeder der Spieler zu Magnus Carlsen an den Analyse-Tisch setzten und nun erklärte der Norweger im Einzelgespräch, zum jeweiligen Spielniveau passend, was man hätte besser machen können. Die Erklärungen waren so gehalten, dass auch das Nicht-Fachpublikum einigermaßen folgen konnte. Danach gab es für jeden Spieler ein von Magnus Carlsen signiertes Play Magnus Schachspiel. Während im Ballsaal abgebaut wurde, gab es in einem Nebenraum noch ein paar Fotoshootings und abschließende Gespräche. Um ca. 21. Uhr fand die Veranstaltung ihr Ende.
Gruppenbild mit Weltmeister (Foto: André Schulz)
"Was nun?", fragten sich Magnus Carlsen und auch Lawrence Trent. "Wie kann man den angefangenen Abend würdig beschließen?" Dann trafen sich beide am vorigen Analysetisch und spielten unter dem Zuruf der umstehenden Zuschauer ein Handicap-Blitzpartien-Wettkampf mit 5 Minuten (Trent) gegen 1 Minute (Carlsen). Trent startete schlecht, verbesserte sich aber schnell und schloss den "offiziellen Teil" (Trent) des Matchs mit "+1" ab. Die "Aufwärmphase" hatte er allerdings mit 0:3 bestritten. Aber das war eben nur das Warm-up.
Ein weiterer schöner Schachabend mit der Zeit und Magnus Carlsen fand dann aber doch noch sein Ende. Carlsen muss sich auf den Weg nach St. Louis machen, wo er im Champions Showdown ein Match gegen Ding Liren spielen wird. Der Chinese hat gerade gegen seinen Landsmann Bai die Partie des - mindestens - Jahrzehnts gespielt.
Live-Stream des Simultans