Mamedyarov gewinnt Shamkir Chess 2017

von Klaus Besenthal
30.04.2017 – Mit einem Remis gegen Veselin Topalov hat sich Shakriyar Mamedyarov heute den Sieg bei der vierten Auflage des Weltklasseturniers in Shamkir (Aserbaidschan) gesichert. Der Lokalmatador konnte damit seinen Turniersieg von 2016 wiederholen und hat in Shamkir jetzt eine ebenso glanzvolle Bilanz vorzuweisen wie Weltmeister Magnus Carlsen, der das Turnier 2014 und 2015 gewonnen hatte.

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Die letzte Runde eines Weltklasseturniers im Schach erinnert manchmal ein wenig an die Tour de France, wo der "Mann in Gelb" am letzten Tag der Rundfahrt traditionell ebenfalls nicht mehr angegriffen wird. In Shamkir jedenfalls veränderte sich das nach der gestrigen achten Runde erreichte Klassement heute nicht mehr - soweit es den Mann an der Spitze betraf. In der Auseinandersetzung zwischen Shakriyar Mamedyarov und Veselin Topalov folgte der Aserbaidschaner bis zum 20. Zug einer Partie, die er exakt so schon einmal gegen Viswanathan Anand gespielt hatte. Der Remisschluss war bereits mehr als absehbar, als Mamedyarov plötzlich freiwillig seine Stellung um eine Nuance verschlechterte (er gab das Läuferpaar auf und handelte sich zusätzlich noch einen isolierten Bauern ein), doch Topalov verzichtete wohlweislich darauf, diesen "Vorteil" (der bei Licht besehen nicht wirklich einer war) ausbauen zu wollen. Nicht ganz untypisch, dass der mit einem halben Punkt Vorsprung Führende in einem Topturnier die letzte Runde in diesem Stil abwickelt - er kann dann zumindest schon einmal nicht mehr von der Konkurrenz überholt werden.

So sehen Sieger aus: Shakriyar Mamedyarov konnte in Shamkir seinen Turniersieg vom letzten Jahr wiederholen 

Veselin Topalov hätte Shakriyar Mamedyarov mit einem Sieg noch überholen können, doch der Bulgare fand hierfür keine Ansatzpunkte

Jetzt hätte Mamedyarov zwar nicht mehr über-, wohl aber noch eingeholt werden können. Dazu hätte der Amerikaner Wesley So allerdings mit Schwarz gegen Pentala Harikrishna, den bis dahin sieglosen Tabellenletzten aus Indien, gewinnen müssen. Vielleicht hätte So auch gewollt, doch es gelang ihm nicht einmal in Ansätzen. Harikrishna folgte ebenfalls lange einer eigenen Partie aus dem Jahr 2002; dabei überließ er So zwar ein Endspiel mit sehr aktiven Figuren, doch das reichte dem Amerikaner nur, um den Minusbauern zu kompensieren, für den er sich diese Stellung erkauft hatte.

Wesley So blieb heute gegen Pentala Harikrishna ohne echte Siegchance

Ein schnelles Remis gab es dann auch noch zwischen Teimour Radjabov, dem anderen Aserbaidschaner im Feld, und Sergey Karjakin. Interessant und nicht ganz so schnell zu Ende war die Begegnung zwischen Michael Adams und Radoslaw Wojtaszek. Hier machte der Pole Adams' einzige Chance auf Aktivität zunichte, indem er einen Bauern des Engländers mit einem Turm blockierte und dabei ignorierte, dass dieser von einem Springer hätte geschlagen werden können. Den Versuch, Wojtaszeks Festung trotzdem noch irgendwie zu knacken, tat Adams sich dann nicht mehr an, so dass es auch hier ein Remis gab. 

Der Autor dieses Artikels hatte an dieser Stelle einige Hoffnung gehabt, frühzeitig seine Arbeit beenden zu können, doch davor waren Pavel Eljanov und Vladimir Kramnik. Die Partie zwischen den beiden wurde um den 35. Zug herum enorm spannend, als Eljanov begann, seinen freien a-Bauern in Marsch zu setzen. Die Crux für den Ukrainer war nur, dass sein König ziemlich gefährdet stand, während der von Kramnik vollkommen sicher hinter einem Schutzschild aus Bauern residieren konnte. Trotzdem: Die Engines signalisierten deutlichen Vorteil für Eljanov - in einer allerdings extrem schwierigen Stellung. Die Signale der Engines sind aber die Theorie. Die Praxis spielt sich auf dem Brett ab, und dort verlor Eljanov mehr und mehr den Überblick. Es zeigte sich wieder einmal, wie schwierig eine Stellung zu spielen ist, in der man sich ständig um den eigenen König Sorgen machen muss. Bei begrenzter Bedenkzeit kann man seine Chancen auf Vorteil dann nicht mehr richtig nutzen. Am Ende dieses zum Nachspielen empfohlenen Dramas stand der volle Punkt für Kramnik, der den Russen gar noch auf Platz 2 der Abschlusstabelle beförderte - noch vor Wesley So. Aber Achtung: Unsere Tabelle (s.u.) gibt dies leider nicht wieder, da sie nicht die höhere Anzahl der Gewinnpartien berücksichtigt.

Ergebnisse der 9. Runde

Name Elo Ergebnis Name Elo
 Eljanov Pavel  2751  0-1  Kramnik Vladimir  2811
 Radjabov Teimour 2710 ½-½   Karjakin Sergey 2783
 Pentala Harikrishna  2755 ½-½   So Wesley 2822
Mamedyarov Shakhriyar 2772 ½-½   Topalov Veselin 2741
 Adams Michael 2761 ½-½   Wojtaszek Radoslaw 2745

Partien

Runden 1-9:

 

Großmeister Alex Yermolinsky analysiert Partien aus Runde 8:

 

Tabelle

Fotos: Lennart Ootes

Turnierseite


Klaus Besenthal ist ausgebildeter Informatiker und ein begeisterter Hamburger Schachspieler. Die Schachszene verfolgt er schon seit 1972 und nimmt fast ebenso lange regelmäßig selber an Schachturnieren teil.

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