Neu: Thomas Luther: Die Schottische Partie

von André Schulz
06.10.2017 – Die Schottische Partie wurde 1990 von Garry Kasparov im WM-Kampf gegen Anatoly Karpov als Überraschungswaffe eingesetzt, aber sie ist weit mehr. Wer keine Lust auf kompliziertes Spanisch oder geruhsames Italienisch hat, kann mit der Schottischen Eröffnung den Stier gleich bei den Hörnern packen. GM Thomas Luther zeigt, wie.

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Spielen Sie doch einfach Schottisch!

Schach ist ein Spiel, in dem es darum geht, Probleme zu lösen. Es gibt wunderschöne Probleme im Schach. Zu diesen kommt man aber erst im späteren Verlauf einer Partie. Zuvor gilt es für jeden Spieler, erst einmal ein paar profane Aufgaben zu lösen. Nachdem man das grundlegende Rüstzeug zum Bestreiten einer Schachpartie kennengelernt hat (Materialgewinn, der richtige Tausch, Opposition, Bauernumwandlung, Mattsetzten, etc.), wird man eine Partie von Anfang spielen wollen und dann stellen sich recht schnell zwei grundlegende Fragen: Was spiele ich mit Weiß? Was spiele ich mit Schwarz? Die Antworten darauf liefert unter anderem das ChessBase-Fritztrainer-Eröffnungsprogramm. Lassen Sie sich nicht täuschen: Die beiden Fragen fächern sich schnell zu einem ganzen Bündel von weiteren Fragen auf. Im Grunde stellt sich die Frage fast nach jedem Zug neu. Man kann sich diese Fragen alle selber beantworten - mit eigenen Forschungen, aber es hilft ungemein, wenn man jemanden zur Seite hat, der die Antworten schon kennt, zumindest viele davon. Der deutsche Großmeister Thomas Luther ist so einer.

Nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 - 2...Sf6, die Russische Verteidigung wirft andere Probleme auf, die wir hier einmal beiseite lassen - stellt sich für Weiß die erste große Frage: Welche Richtung möchte er de Partie geben? Nachdem man in der Frühzeit der Schachtheorie, nach der Königsgambit-Phase, hier hier vor allem 3.Lc4 spielte - der Angriff auf f7 war eine logische Entwicklung -, kam dann die große Zeit der Spanischen Partie mit 3.Lb5. Von allen Eröffnung nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 ist die Spanische Partie sicher die am besten erforschte Eröffnung, erfordert damit aber auch den größten Aufwand an Eröffnungsstudium, wenn man Hauptvarianten spielen will.

Nachdem aber die Berliner Verteidigung in der Folge des WM-Kampf Kasparov-Kramnik, London 2000, so unglaublich populär wurde und Weiß sich im Berliner Endspiel die Zähne an der schwarzen Stellung ausbiss, wurden die Weißspieler der Spanischen Partie mehr und mehr müde. Heute spielen die meisten wieder Profis 3.Lc4 und setzten dann "modern" mit 4. d3 fort, so richtig bissig ist das nicht. Aber gibt es vielleicht nicht doch noch eine andere aktivere Möglichkeit? Tatsächlich, da war doch noch was: Die Schottische Partie mit 3.d4.

Die Schottische Partie erhielt ihren Namen nach einem Städtewettkampf London gegen Edinburgh in den Jahren 1824-1828. Eigentlich hatten die Engländer nach einem Vorschlag von John Cochrane selber als Erste eine Weißpartie so begonnen. Die Schotten adaptierten die Idee unmittelbar und gewannen aber im Gegensatz zu den Engländern mit dieser Eröffnung und so heißt sie also seitdem "Schottische Eröffnung". Übrigens ist auch eine Partie von Napoleon gegen General Bertrand aus dem Jahr 1818 überliefert, die mit dieser Eröffnung gespielt wurde. Aber offenbar hat sie damals keine so große Bekanntheit erzielt, dass man dafür den Namen Napoleon-Eröffnung gewählt hätte. Der direkte Angriff auf den schwarzen Zentrumsbauern zwingt Schwarz zur Reaktion. Die Aufgabe des Zentrums mit 3...exd4 ist nun so gut wie erzwungen. Nach 4.Sxd4 ergeben sich dann für Schwarz eine Reihe von Alternativmöglichkeiten.

Die Schottische Partie erfreute sich im ausgehenden 19. Jahrhundert einiger Beliebtheit, Louis Paulsen oder Joseph Blackburne spielten gerne so. Später war auch Jaques Mieses ein Anhänger dieser Spielweise. Dann kam aber die große Zeit der Spanischen Partie. 1990 suchte Kasparov eine neue Waffe gegen 1.e4 e5 in seinem WM-Kampf gegen Anatoly Karpov und fand bei seinen Ausgrabungsarbeiten die Schottische Eröffnung, entstaubte sie und entwickelte ein paar neuen Ideen.

 

Danach gehörte Schottisch zum ständigen Arsenal des 13. Weltmeisters, übrigens immer noch. Nachdem es dann wieder etwas ruhiger um die Schottische Eröffnung wurde, ist sie gerade jetzt wieder sehr "en vogue", nicht nur als Berliner Ausweicheröffnung. Der russische Top-Großmeister Ian Nepomniachtchi ist derzeit einer der führenden Schottisch-Spieler in der Weltelite. Zu den spielstarken Anhängern der Eröffnung gehören aber auch Alexander Morozevich, Anish Giri, Gawain Jones und last, but not least Magnus Carlsen. Die Schottische Partie führt meist zu lebendigem Figurenspiel, hat mitunter aber auch seine strategischen Besonderheiten. Es gibt Theorie, aber sie ist nicht ausufernd und lässt aktiven Spielern genügend Platz für eigene Ideen.

Auf seiner DVD Schottischen Eröffnung macht Thomas Luther zunächst mit drei historischen Partien Appetit auf die Eröffnung. Dann folgt der Theorieteil, der 24 Videoclips umfasst. In einem weiteren Abschnitt zeigt der Großmeister mit beispielhaften Musterpartien, wie Garry Kasparov, Magnus Carlsen und vor allem Ian Nepomniachtchi die Eröffnung behandelt. Der letzte Teil der DVD besteht aus einem interaktiven Test mit insgesamt 20 Aufgaben. Alle Videoclips sind durchweg und ausschließlich in deutscher Sprache. In einer Datenbank mit insgesamt 323 kommentierten Partien findet man reichlich Material für ein weiteres Studium.

GM Thomas Luther, dreimaliger Deutscher Meister

Thomas Luther wurde 1969 in Erfurt geboren, in der DDR. Schach lernte er schon mit vier Jahren. Eine systematische Talentsichtung oder Förderung, so wie in der Sowjetunion, gab es in der DDR nicht und so hat Thomas Luther seinerzeit als Jugendlicher seine Spielstärke in großem Maße als Autodidakt weiter entwickelt. Er studierte die vor alle die klassischen Schachbücher. In der Schule gab es eine Art Schach-AG, die von Dieter Wiesner betreut wurde. Wiesner nahm den siebenjährigen Thomas Luther zu seinem Schachklub mit, der HSG Medizin Erfurt. Mit 14 Jahren wechselte Thomas Luther dann zu Mikroelektronik Erfurt, heute Erfurter SK, das mit einer Mannschaft in der Oberliga spielte. In beiden Klubs fand Thomas Luther eine ausgezeichnete Unterstützung und profitierte vom Training mit Heinz Rätsch, der nach Erfurt zurückgekehrt war, nachdem er eine Zeit lang als Nationaltrainer der DDR in Berlin aktive gewesen war.

Als Jugendlicher gewann Thomas Luther 1981, 1982 und 1984 die DDR-Jugendmeisterschaften der U10, U12 und U14. Außerdem spielte er Fernschach. Zu der Zeit gab es weit weniger Angebote an Schachturnieren und Fernschach war weit verbreitet. "Damals war Fernschach etwas ganz anderes. Es gab noch keine Computer. Kein Schach im Internet. Man saß mit Freunden und analysierte zusammen die Partien. Das war kommunikativ und man entwickelte so gemeinsam sein Schachverständnis weiter", erinnert sich der Großmeister gerne. "Auslandsturniere gab es für uns nicht. Aber wir spielten regelmäßig Länderkämpfe gegen die Mannschaften von Polen und Tschechoslowakei. Anhand der Ergebnisse konnten wir sehen, wo wir selber standen."

1988 erhielt Thomas Luther von der FIDE den Titel eines Internationalen Meisters. 1989 wurde er DDR-Vizemeister in Zittau hinter Hans-Ulrich Grünberg und vor Rainer Knaak. 1990 wurde er Dritter. Schon zum Ende der 1980er Jahre nahm Thomas Luther nun an einige Auslandsturnieren teil, in Leningrad und Sverslovsk. Dann kam die Wende, die Wiedervereinigung vollzog sich im Schach besonders schnell. 1990 und die folgenden Jahre waren auch in schachlicher Hinsicht ereignisreich Jahr, mit vielen Turnierteilnahmen. In der Saison 1990/91 spielte Thomas Luther erstmals in der Schachbundesliga mit, für Sindelfingen. 1993 gewann er nach Stichkampf gegen Thomas Pähtz die Deutsche Meisterschaft. Nach einigen Turniererfolgen wurde Thomas Luther 1994 zum Internationalen Großmeister ernannt. 2002 in Saarbrücken und 2006 in Osterburg gewann er seine 2. und seine 3. Deutsche Einzelmeisterschaft.

1997 und 2001 nahm Thomas Luther an der neuen K.o.-Weltmeisterschaften der FIDE teil, schied dort aber jeweils in der zweiten Runde aus. Von 1998 bis 2006 spielte Thomas Luther für die Deutsche Nationalmannschaft und errang mit dieser 2000 die Silbermedaille bei der Schacholympiade 2000 in Istanbul, einer der größten Erfolge für das deutsche Schach überhaupt. Die Mannschaft spielte damals mit Artur Jussupow, Robert Hübner, Rustem Dautov, Klaus Bischoff, Christopher Lutz und Thomas Luther. "Das war kein Zufall oder Glück damals. Wir hatten einfach eine bärenstarke Mannschaft. Von der gemeinsamen Arbeit mit den Mannschaftskollegen habe ich damals sehr profitiert", bilanzierte der Erfurter Großmeister. Bei der Mannschafts-Weltmeisterschaft 2001 erreichte das Team den 4. Platz.

Seine letzte Bundesliga-Saison spielte Thomas Luther 2009 für Berlin Kreuzberg. Derzeit vertritt er in Mannschaftskämpfen in seiner Heimatstadt Empor Erfurt in der Oberliga. Mit inzwischen fast 50 Jahren hat Thomas Luther seine aktive Karriere als Spieler zwar nicht beendet, aber sie ist doch in den Hintergrund getreten. Stattdessen ist er als Funktionär aktiv, hier vor allem als Vorsitzender der FIDE-Kommission für Behindertenschach, als Trainer und als Autor. Bei ChessBase hat Thomas Luther schon eine Reihe von DVDs aufgenommen, zuletzt zusammen mit Jürgen Jordan einige im Stile von Euwes Amateur und Meister-.Büchern. Mit seiner DVD zur Schottischen Eröffnung tritt der Erfurter Großmeister nun wieder alleine vor die Kamera.

Thomas Luther erklärt Schach. Rechts: Thomas Stark (Foto: André Schulz)

In seinem im Quality Chess Verlag kürzlich erschienenen Buch "Vom Schüler zum Großmeister" berichtet der Erfurter, mit welchen Trainingsmethoden er selber zum Großmeister wurde. Die englische Ausgabe trägt den Titel "Chess Reformation" und spielt natürlich auf Martin Luther an. Auf die Frage, ob es da eine Verbindung gäbe, meinte Thomas Luther: "Als Erfurter mit dem Namen Luther wird es kaum möglich sein, nicht mit dem großen Reformator zumindest entfernt verwandt zu sein."

Thomas Luther: Die Schottische Partie – vom Klassiker zur Trenderöffnung

Die Schottische Partie ist eine der bekanntesten Schacheröffnungen. Viele alte Meister haben Schottisch gespielt und ein großes Erbe darin hinterlassen. Fast alle der heutzutage aktuellen Varianten und Ideen haben ihren Ursprung in diesen klassischen Partien. Schottisch ist jedoch nicht nur eine Eröffnung mit langer Geschichte und Tradition, sondern auch eine häufig anzutreffende Wahl im modernen Turnierschach. Seitdem Garry Kasparov im WM-Match gegen Anatoly Karpov erfolgreich zu Schottisch griff, genießt es in der Praxis wieder großen Zuspruch. 

Diese DVD bietet Ihnen ein Weißrepertoire mit der Schottischen Partie. Die Anfangszüge sind ebenso einfach wie logisch: Nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 spielt Weiß den folgerichtigen Zug 3.d4, und nach 3..exd4 4.Sxd4 entsteht die Schottisch- Ausgangsstellung. Wichtige Theorievarianten und typische Ideen warden anhand aktueller Partien vorgestellt. Zudem gibt es ein Kapitel über historische Partien und mehrere Kapitel, die Partien von Spitzenspielern und Schottischspezialisten zum Inhalt haben. Eine Partie im Format Zug um Zug und ein Taktikteil schließen diese Eröffnungs-DVD ab.

 • Videospielzeit: 4 Std. 56 Min. (deutsch)
 • Interaktiver Abschlusstest mit Video-Feedback
 • Extra: Datenbank mit 323 kommentierten Partien
 • Mit CB 12 – Reader
 
Thomas Luther, Jahrgang 1969, ist internationaler Großmeister. Der Erfurter gewann 1993, 2002 und 2006 die deutsche Einzelmeisterschaft und errang mit der deutschen Nationalmannschaft die Silbermedaille bei der Schacholympiade 2000.
 
Systemvoraussetzungen: Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9 und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.
 
 • ISBN 978-3-8661-615-2
 • UVP: 29,90 EUR incl. 19% MwSt
 • Lieferbar: ab 2.10.2017

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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