Buchvorstellung im Euwe Zentrum
Ende September wurden im Amsterdamer Euwe-Zentrum vom New in Chess Verlag und dem Verlag Russell Enterprises zwei neue Bücher vorgestellt. Bei beiden spielt Max Euwe eine Rolle, so dass der Ort der Buchvorstellung passender nicht gewählt werden konnte. Anwesend waren eine Reihe von prominenten Zeitgenossen, die der Veranstaltung durch ihre Anwesenheit eine angemessene Bedeutung verliehen.
Hanon Russel übergibt symbolisch das erste Exemplar des Buches an die Tochter von Max Euwe, Fietie
Verleger Hanon Russell
Endspielexperte Karsten Müller zeigt zwei berühmte Endspiele von Max Euwe
Karsten Müller mit seinem Skript
Jan Timman
Max Euwe: The Hague-Moscow 1948
Dem Weltmeisterschaftsturnier von 1948 kommt eine besondere Bedeutung zu, denn es ist die erste offizielle Weltmeisterschaft, die vom Weltschachbund FIDE organisiert wurde. Nach dem Tod des Weltmeisters Aljechin dauerte es einige Zeit, bis das Turnier endlich durchgeführt werden konnte, denn es gab einige Diskussionen auf den FIDE-Kongressen jener Zeit über den Modus und die Teilnehmer. Am Ende einigte man sich auf das Turnierformat, durchgeführt in den zwei Veranstaltungsorten Den Haag und Moskau mit schließlich fünf Teilnehmern. Der ebenfalls eingeladene Reuben Fine verzichtete. Sieger und erster Weltmeister nach dem Krieg wurde Mihail Botvinnik. Auf seinem Sieg liegt allerdings ein Schatten, denn man hatte stets vermutet, dass der Este Paul Keres, dessen Heimatland nach dem Krieg zwangsweise der Sowjetunion angegliedert worden war, zugunsten von Botvinnik hat zurückstehen müssen. Von den fünf Partien zwischen den beiden im WM-Turnier gingen vier an Botvinnik. Auch Hans Ree vertritt im Vorwort die These, dass Keres absichtlich verloren hatte, um Botvinnik den Weg zum Titel zu ebnen.
Der Weltmeister von 1935, Max Euwe nahm ebenfalls teil, wurde aber nur abgeschlagen Letzter. Sein Turnierbuch erschien schon 1951 in niederländischer Sprache (De Tijdstroom, Lochem). Bei der vorliegenden Ausgabe handelt es sich um eine Neuauflage in englischer Übersetzung, eingeleitet mit einem Vorwort von Hans Ree und ergänzt mit einem Überblick über die schachpolitische Vorgeschichte des WM-Turniers durch den österreichischen Journalisten Jaques Hannak, der durch seine Lasker-Biographie bekannt geworden ist.
Das Buch bietet in mehrfacher Hinsicht Schachgenuss. Zum Einen hat man hier Gelegenheit, diese erste Nachkriegs-Weltmeisterschaft in ihrem ganzen Verlauf mit den kundigen Einleitungen von Max Euwe zu jeder Runde noch einmal komplett zu verfolgen. Zum anderen sind Euwes Partiekommentare noch von jedem Schachengine-Einfluss unberührt, damit authentisch und inhaltlich lehrreich.
Max Euwe: The Hague-Moscow 1948
Russell Enterprises Inc, 2013
In englischer Sprache, 240 Seiten
ca. 17,80 Euro
Hans Ree: My Chess
Hans Ree berichtet über sein neues Buch
Der niederländische Schachspieler und Autor Hans Ree ist ein Geschichtenerzähler im besten Sinne. In "My Chess" werden 42 kürzere oder längere Geschichten erzählt, wobei diese nach den Titeln in alphabetischer Reihenfolge abgedruckt sind. Es beginnt mit einer Geschichte mit dem Titel "A6648", die von einem User gleichen Namens handelt, der im Internet Schach spielt, und das Buch endet - nicht ganz, aber im Prinzip - mit einer Erzählung über den Schachjournalisten und Organisator Berry Withuis, der 2009 starb. Dazwischen vermittelt Hans Ree eine Menge seiner Erinnerungen an verschiedene Personen und Ereignisse, die ihn in seinem Leben an bestimmten Stellen begleitet haben. Wer sich für die Geschichten um das Schach herum und die Schachspieler interessiert, wird hier bestens bedient und erfährt eine Menge über Leute wie Anand, Botvinnik, Bronstein, Carlsen, Diemer, Fischer, Euwe, Karpov und Kasparov, Kortschnoj, Tartakower oder Timman, aber auch: Ostap Bender, John Cage, Marcel Duchamp oder Donald Duck. Donald Duck? Oh ja, es gibt einen Bezug zum Schach, der allerdings etwas vage ist: In einem der Cartoons haut Dauerfreundin Daisy Donald ein Schachbrett um die Ohren. Das Schachspiel auf diese Weise kennenzulernen, ist vermutlich wenig einladend. Aber es erzeugt bleibende Erinnerungen. "My Chess" von Hans Ree ist toller Lesestoff!
Hans Ree: My Chess, Russell Enterprises Inc, 2013
In englischer Sprache, 240 Seiten
ca. 17,80 Euro
Yochanan Afek und Yasser Seirawan
Dirk Jan Ten Geuzendam und Ian Rogers
Außerdem erschienen:
Alexander Alekhine: My best Games of Chess 1908-1937
Dieses Buch ist eine aktualisierte und ergänzte Neuauflage einiger von Alexander Aljechin veröffentlichter Bücher, in denen der vierte Weltmeister eigene Glanzpartien vorgestellt und kommentiert hatte.
Im Vorwort erwähnt der Herausgeber Taylor Kingston kurz die im englischen Sprachraum offenbar bestens bekannten kommentierten Partiensammlungen Aljechins, bei Tartan Reprints, allerdings noch in beschreibender Notation erschienen, mit Aljechins besten Partien der Perioden 1908 bis 1923 und 1924 bis 1937. Auf Deutsch kennt man Aljechins Bücher "Meine besten Partien 1908-1923", erschienen 1926, und "Auf dem Wege zur Welt-Meisterschaft 1923-1927", erschienen 1928, neu aufgelegt unter anderem von De Gruyter, 1966.
In der vorliegenden Ausgabe wurden die oben erwähnten englischen Ausgaben der Partiensammlungen mit den Originalanmerkungen Aljechins in einem Band zusammengefasst, dabei Fehler korrigiert, die Eröffnungsnamen auf die heute gebräuchlichen Namen modernisiert und die Partien um zahlreiche Diagramme ergänzt und damit lesbarer gemacht. Zudem wurden eine Reihe auch weniger bekannter Fotos mit Aljechin eingefügt, die den Weltmeister in verschiedenen Phasen seines Lebens zeigen. Für ein Vorwort konnte Igor Zaitsev gewonnen werden. Der frühere Sekundant von Anatoly Karpov würdigt Aljechins Beitrag zur Schachtheorie. Schließlich wurde auch Julius Du Monts älterer Artikel "Memoir of Alekhine", ein kurzer biographischer Abriss, übernommen.
Auch mehr als 80 Jahre nach dem Gewinn des WM-Kampfes gegen Capablanca üben die Partien des vierten Schachweltmeisters eine große Faszination aus. Das gilt noch mehr für seine Kommentare, wobei dem aufmerksamen Leser nicht verborgen bleibt, dass es Aljechin bisweilen nicht gelingt, seine eigene Selbstgefälligkeit ausreichend zu bemänteln. In seinem Verständnis des Schachs war Aljechin allerdings in seiner besten Zeit seinen Zeitgenossen besonders in seinem Gespür für Dynamik weit überlegen. Partien seiner Vorgänger wirken oftmals sehr statisch, wodurch die durch Bauernketten hervor gerufenen positionellen Merkmale zu sehr in den Vordergrund traten. Aljechin hat gezeigt, das Figurenentwicklung, Initiative und Angriff positionelle Nachteile mehr als wett machen können. Allerdings sind seine Kommentare manchmal etwas einseitig.
Als zusätzlichen Service bietet der Verlag Computeranalysen der "Best Games" mit Hilfe der Engine Rybka 3 als Download im pdf-Format an.
Alexander Alekhine: My best Games of Chess 1908-1937
Verlag: Russell Enterprises Inc., 2013
In englischer Sprache, 456 Seiten
ca. 25,- Euro
Fotos: René Olthoff
Russel Enterprises...
New in Chess Verlagsangebot...
Bücher bei Niggemann kaufen...