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Borislav Ivanovs sprungartiger Spielstärkezuwachs hatte ihn schlagartig bekannt gemacht, nachdem er beim Zadar Open letztes Jahr im Dezember überraschend Vierter geworden war. Nach einer genaueren Betrachtung seiner Partien konstatierten viele Schachcomputerexperten auffallende Parallelen zwischen den von Ivanov gemachten Zügen und den Vorschlägen Houdinis, der zur Zeit stärksten Schachengine. Rasch entstand der Verdacht, Ivanov hätte betrogen, obwohl er vor der achten Runden in Zadar einer Leibesvisitation unterzogen worden war. Dabei fand man keine Beweise für möglichen Betrug, aber konfiszierte Ivanovs Stift.
Am 19. Juni 2013 organisierte der bulgarische Schachverband in Sofia deshalb einen einmaligen Anti-Betrugstest. Dieses Experiment sollte Ivanov Gelegenheit geben, die Vorwürfe gegen ihn auszuräumen. Zuvor hatte sich Ivanov öffentlich dazu bereit erklärt, zu zeigen, dass er ein schachliches Naturtalent ist, ohne jede fremde Hilfe spielt und GMs erfolgreich überspielen kann.
Silvio Danailov, Präsident der ECU und des Bulgarischen Schachverbands, war unmittelbar zuvor aus Spanien zurückgekehrt, um beim Test mit Ivanov dabei zu sein. Über seinen Anwalt hatte der junge FM Danailov eine Erklärung zukommen lassen, dass er bereit war, sich einem "speziellen Test zu unterziehen, um mit technischen Methoden und mit wissenschaftlichen Mitteln objektiv zu beweisen, dass er während seiner Partien keine unfairen Methoden anwendet."
Warten auf Ivanov: Silvio Danailov und die Prüfungskommission
Doch als der Test im Gebäude des bulgarischen Schachverbands um 13 Uhr beginnen sollte, war von Borislav Ivanov nichts zu sehen. In letzter Minute hatte er dem bulgarischen Schachverband am Abend bevor der Test stattfinden sollte über seinen Anwalt eine Nachricht zukommen lassen, dass er am 7. Varna Open teilnehmen würde, das am gleichen Tag begann. Das einzige Problem bei dieser Nachricht war, dass Borislav Ivanov in einem Interview für eine Fernsehshow erklärt hatte, dass der Organisator des Varna Opens, Boris Hristov, sich “kategorisch geweigert” hätte, ihn an dem Turnier teilnehmen zu lassen, aus Angst, dass anderen potenziellen Teilnehmern Ivanov “nicht gefiel”.
Die Haltung des bulgarischen Schachverbands, nachdem Ivanov nicht zum Test erschienen war, den zu organisieren eine Menge Geld gekostet hatte, war eindeutig. Laut Aussage von Danailov “ist der Fall Ivanov jetzt abgeschlossen”. Auch die Klage, die Ivanov gegen den bulgarischen Schachverband angestrengt hatte, um gegen die viermonatige Sperre, die der bulgarische Schachverband gegen ihn verhängt hatte, zu protestieren, war zugunsten des bulgarischen Schachverbands entschieden worden.
Diese Entscheidung des Gerichts wurde auf dem Treffen des Schachverbands, das unmittelbar nach dem gescheiterten Test stattfand, bekannt gegeben. Daraufhin verriet Marin Atanasov, Ivanovs Vereinstrainer, der ebenfalls an dem Treffen teilnahm, dass er Ivanov bis zur letzten Minute geraten hatte, sich dem Test zu unterziehen, aber mit seinen Bemühungen gescheitert war.
Der bulgarische Schachverband veröffentlichte eine Erklärung, dass “es Ivanov nach Ablauf seiner viermonatien Sperre für die Teilnahme an Turnieren in Bulgarien freisteht, überall dort Schach zu spielen, wo er es will. Aber letztendlich kann die Entscheidung, ob er spielen darf, einzig und allein von den jeweiligen Turnierorganisatoren gefällt werden." Nachdem Ivanovs Teilnahme beim 7. Varna Open scheiterte, wurde ihm auch die Teilnahme an einem Turnier in Spanien verweigert, zu dem er sich bereits angemeldet hatte.
Text: Alex Karaivanov
Über den Autor
Alex Karaivanov ist Manager von FM Valeri Lilov und betreut Lilovs Trainerkarriere seit sechs Jahren. Karaivanov ist Mitbegründer und Geschäftsführer der Tiger Lilov Chess School und Präsident des Shanghai Chess Club: Zweig Pudong. Außerdem ist er an der Produktion von Valeri Lilovs ChessBase DVDs beteiligt und Gründer des Edgewater Chess Club in New Orleans, Louisiana.
Übersetzung aus dem Englischen: Johannes Fischer