Stefan Zweigs bekanntestes Werk
Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten war der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig, geboren 1881, einer der erfolgreichsten Autoren seiner Zeit. Nachdem die faschistische Bewegung auch in Österreich Fuß gefasst hatte, emigrierte Stefan Zweig wegen seiner jüdischen Abstammung nach England und nahm dort auch die britische Staatsbürgerschaft an. Seine Werke konnten in Deutschland und in Österreich nur noch unter Schwierigkeiten erscheinen oder wurden verboten.
Aus Angst, als "feindlicher Ausländer" in England interniert zu werden, floh Stefan Zweig zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zunächst in die USA und dann, 1940, nach Brasilien. Dort nahm sich Stefan Zweig, der schon lange unter Depressionen litt, am 23. Februar 1942 in Petropolis, in der Nähe von Rio de Janeiro, mit einer Überdosis Veronal das Leben.
Stefan Zweigs Abschiedsbrief:
Quelle: Casa Stefan Zweig, Petropolis
Heute ist Stefan Zweigs bekanntestes Werk die "Schachnovelle". Der Roman entstand zwischen 1938 und 1941 und erschien nach Zweigs Tod, im Dezember 1942 in einer Auflage von nur 300 Exemplaren. 1974 wurde in Deutschland eine Taschenbuchausgabe veröffentlicht, die inzwischen weit über eine Million mal verkauft wurde.
Das Werk handelt von den Ängsten eines ehemaligen Gefangenen der Gestapo, im Roman "Dr. B." genannt. In Einzelhaft hatte er gegen sich selber unentwegt Schach gespielt und sich dafür Schachfiguren aus Brotkrumen geknetet.
Bei einer Schiffsreise von New York nach Rio de Janeiro trifft der sensible Dr. B auf den Schachweltmeister Mirko Czentovic, der als ungebildeter und primitiver Charakter beschreiben wird. Durch Zufall kommt es zu einer Partie zwischen den beiden, die remis endet. Der Ich-Erzähler des Romans erfährt von Dr. B, wie dieser in Einzelhaft psychisch gefoltert wurde. Um nicht dem Wahnsinn zu verfallen, hatte Dr. B aus einer Sammlung mit Schachpartien alle Partien auswendig gelernt und unzählige Partien gegen sich selber gespielt. Dadurch spaltete sich seine Persönlichkeit aber in zwei Instanzen auf, "Ich Weiß" und "Ich Schwarz". Wegen dieser "Schachvergiftung" und seiner Unzurechnungsfähigkeit wurde Dr. B. schließlich aus der Einzelhaft entlassen.
Dr. B ließ sich zu einer zweiten Partie gegen Mirko Czentovic überreden und gewann sie. In einer dritten Partie brach Dr. B's Schachvergiftung wieder aus, als Czentovic immer länger über seine Züge nachdachte. Im Kopf begann Dr. B zur Überbrückung der Wartezeit nun wieder Partien gegen sich selber zu spielen. Schließlich bemerkte Dr. B, das er sich erneut dem Wahnsinn näherte, beendete die Partie und versprach nie wieder Schach zu spielen.
1960 wurde der Stoff erstmals verfilmt. Unter der Regie von Gerd Oswald übernahm Curd Jürgens die Rolle des Dr. B. und Mario Adorf spielte den Schachweltmeister Mirko Czentovic. Die schachliche Fachberatung lag damals in den Händen von Rudolf Teschner.
2019 wurde in der Regie von Philipp Stölzl eine Neuverfilmung aufgenommen, mit Oliver Masucci und Albrecht Schuch in den Hauptrollen, gedreht in Wien, Potsdam, Berlin und München. Wegen der Corona-Pandemie konnte der Film jedoch erst 2021 erscheinen. Von der Kritik wurde die düstere Atmosphäre der Regie, die dazu passende Ausstattung sowie die Kameraarbeit von Thomas W. Kiennast gelobt. Manchen Schachfreunden gefiel die Hollywood-artige Inszenierung als Psychothriller mit vielen Schockmomenten jedoch nicht (s. Rezension von Arno Nickel, unten).
Die Neuverfilmung der Schachnovelle wurde für verschiedene Filmpreise eingereicht, darunter auch für die Vorauswahl des deutschen Beitrags für die Oscarverleihung 2022.
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