Norway Chess: alles remis in Runde 5

von Klaus Besenthal
11.06.2017 – Beim Altibox Norway Chess in Stavanger wurde heute die 5. Runde gespielt. Die Versuche des Weltmeisters Magnus Carlsen, sich für die gestern erlittene Niederlage gegen Levon Aronian mit einem Sieg gegen Anish Giri zu rehabilitieren, scheiterten schnell: Giri fand eine präzise Abwicklung ins Remis. Zwei spannende Endspiele bildeten den Abschluss dieses eher ruhigen Tages. Weil weder Vladimir Kramnik (gegen Hikaru Nakamura) noch Sergey Karjakin (gegen Fabiano Caruana) ihre Mehrbauern verwerten konnten, endeten schließlich alle Partien der 5. Runde remis. Die Führung blieb somit in den Händen von Hikaru Nakamura.

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Hatte gestern noch die 4. Runde des "Altibox Norway Chess" bei den Kommentatoren - völlig zu Recht! - einen Rausch kollektiver Begeisterung hervorgerufen, so sah heute alles wesentlich prosaischer aus, wenn man nach einer guten Stunde auf die fünf Bretter schaute. Stark reduziertes Material, teilweise bei symmetrischen Strukturen - das ließ kein furioses Feuerwerk mehr erwarten, wie Levon Aronian es gestern mit seinem Sieg gegen Weltmeister Magnus Carlsen abgebrannt hatte.

Wie zur Bestätigung dieses Eindrucks folgte Aronian, mit Schwarz gegen Maxime Vachier-Lagrave, dann auch 19 Züge lang einer Variante des Marshall-Angriffs, die beide Spieler erst sechs Tage zuvor beim Blitzturnier von Stavanger genauso gespielt hatten. "MVL" folgte natürlich ebenfalls dieser Zugfolge (die man auch beim Grand Prix von Sharjah im Februar schon ausprobiert hatte), bis der Franzose schließlich im 20. Zug eine Neuerung brachte. Genutzt hat sie nichts: Es war keine Spannung mehr in der Stellung, die beide Spieler dann auch routiniert zum ersten Remis des Tages abwickelten. 

Einen ganz ähnlichen Verlauf nahm die Partie zwischen Viswanathan Anand und Wesley So: Aus einer Italienischen Partie resultierte letztlich dieselbe Struktur wie in der Partie zwischen MVL und Aronian. Hier wie da hatten beide Spieler in der Schlussstellung jeweils drei Bauern am Königsflügel; bei MVL und Aronian kam jeweils ein Turm hinzu, bei Anand und So war es ein Läufer. Zu gewinnen gab es da für keine Seite mehr etwas.

Levon Aronian: Er ließ es heute ruhiger angehen - sein Gegner machte dabei mit

Viswanathan Anand konnte heute erneut nicht gewinnen; sein Score in Stavanger sieht jetzt so aus: Remis - Verlust - Remis - Verlust - Remis

Interessanter für die Zuschauer war die Begegnung zwischen Magnus Carlsen und Anish Giri - die Endstellung ähnelte dann aber doch wieder dem, was in den beiden bereits erwähnten Spielen schließlich auf dem Brett gestanden hatte. Bei Carlsen und Giri waren es am Ende jeweils zwei Bauern am Königsflügel, auf beiden Seiten versehen mit einem zusätzlichen Springer. Vorausgegangen war dem Ganzen allerdings eine äußerst komplizierte, forcierte Abwicklung, die natürlich von beiden Spielern exakt berechnet worden war. Die Verschärfung der Lage war von Carlsen ausgegangen, der - zumal mit Weiß - wohl gerne endlich seinen ersten Sieg in diesem Turnier eingefahren hätte. Das misslang, und der Weltmeister bleibt mit einem aus seiner Sicht mit Sicherheit ziemlich desaströsen Zwischenstand von 2,0/5 weit unter den Erwartungen. 

Magnus Carlsen: Der Weltmeister versuchte heute einiges - gereicht hat es nicht

Anish Giri hatte die Remisabwicklung gegen den Weltmeister exakt berechnet

Es gab dann doch noch zwei spannende Partien zu besichtigen - vorausgesetzt, man war bereit, sich daran zu erinnern, dass auch das Endspiel eine vollwertige Partiephase darstellt. Nach gut drei Stunden Spielzeit hatte Vladimir Kramnik mit Weiß gegen Hikaru Nakamura im Endspiel T+S gegen T+L einen Mehrbauern. Weil Nakamuras Figuren besser standen, sahen die Computer die Stellung wohl als ausgeglichen an. Tatsächlich gelang es Kramnik dann nicht, seinen Materialvorteil zu erwerten. Hochinteressant: Im höheren Sinne hatte Nakamura eine Art Festung geschaffen - Kramnik fand keinen brauchbaren Plan mehr.

Tiger Hillarp-Persson hat die Partie kommentiert:

 

Vladimir Kramnik mühte sich heute lange, doch Hikaru Nakamura war nicht zu bezwingen.

Die Hoffnungen der Zuschauer, vielleicht doch noch eine entschiedene Partie miterleben zu dürfen, ruhten nun auf Sergey Karjakin, der im Turmendspiel gegen Fabiano Caruana ebenfalls einen Mehrbauern besaß. Sehen Sie selbst, wie die Sache ausging:

 

Fabiano Caruana erwies sich heute als eiserner Verteidiger und hatte damit Erfolg

Ergebnisse der 5. Runde

Br. Titel Name Land ELO Erg. Titel Name Land ELO
1 GM Sergey Karjakin
 
2783 ½ - ½ GM Fabiano Caruana
 
2802
2 GM Viswanathan Anand
 
2786 ½ - ½ GM Wesley So
 
2815
3 GM Magnus Carlsen
 
2832 ½ - ½ GM Anish Giri
 
2785
4 GM Maxime Vachier Lagrave
 
2795 ½ - ½ GM Levon Aronian
 
2789
5 GM Vladimir Kramnik
 
2811 ½ - ½ GM Hikaru Nakamura
 
2786

Stand nach fünf Runden

Rg. Titel Name Land ELO 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Pkt. Perf. Wtg.
1 GM Hikaru Nakamura
 
2786   ½ ½       1 ½ 1   3.5 / 5 2949  
2 GM Levon Aronian
 
2789 ½     ½     ½ 1 ½   3.0 / 5 2870 7.25
3 GM Vladimir Kramnik
 
2811 ½     ½ ½ ½       1 3.0 / 5 2864 7.00
4 GM Fabiano Caruana
 
2802   ½ ½   ½     ½ ½   2.5 / 5 2802 6.25
5 GM Sergey Karjakin
 
2783     ½ ½   ½ ½     ½ 2.5 / 5 2799 6.00
6 GM Wesley So
 
2815     ½   ½     ½ ½ ½ 2.5 / 5 2802 5.50
7 GM Anish Giri
 
2785 0 ½     ½     ½   1 2.5 / 5 2795 5.25
8 GM Magnus Carlsen
 
2832 ½ 0   ½   ½ ½       2.0 / 5 2725 5.50
9 GM Maxime Vachier Lagrave
 
2795 0 ½   ½   ½       ½ 2.0 / 5 2726 4.75
10 GM Viswanathan Anand
 
2786     0   ½ ½ 0   ½   1.5 / 5 2651  

Partien der 5. Runde:

 

Fotos: Lennart Ootes

Turnierseite...


Klaus Besenthal ist ausgebildeter Informatiker und ein begeisterter Hamburger Schachspieler. Die Schachszene verfolgt er schon seit 1972 und nimmt fast ebenso lange regelmäßig selber an Schachturnieren teil.

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