22.06.2015 – Veselin Topalov bleibt beim Norway Chess Turnier auf Erfolgskurs. In Runde sechs gewann er mit Schwarz überzeugend gegen Grischuk und liegt jetzt drei Runden vor Schluss des Turniers mit 5,5 aus 6 unangefochten auf Platz eins. Anderthalb Punkte dahinter folgen Hikaru Nakamura, der gegen Carlsen Remis spielte, und Vishy Anand, der eine brillante Angriffspartie gegen Vachier-Lagrave gewann. Giri und Aronian trennten sich Remis, genau wie Caruana und Hammer. Mehr...
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Montag, 22.06., 16:00, Runde 6
Name
Rtg
Res.
Name
Rtg
Grischuk Alexander
2781
0–1
Topalov Veselin
2798
Caruana Fabiano
2805
½-½
Hammer Jon Ludvig
2677
Giri Anish
2773
½-½
Aronian Levon
2780
Anand Viswanathan
2804
1–0
Vachier-Lagrave Maxime
2723
Carlsen Magnus
2876
½-½
Nakamura Hikaru
2802
Daniel King zeigt die Highlights der 6.Runde
Veselin Topalov zeigt beim Norway Chess Turnier weiter, wie gut er mit Schwarz spielt und wie gut er vorbereitet ist. Gegen Alexander Grischuk kam er mit Schwarz in einer scharfen Variante des Nimzo-Inders mit 4.f3 bereits in der Eröffnung in Vorteil. Das führte dazu, dass Grischuk einmal mehr Unmengen an Bedenkzeit verbrauchte, aber Figurenverlust nicht verhindern konnte. Objektiv hatte Weiß für die Minusfigur zwar Kompensation, aber Grischuk fand keine Möglichkeit, den Schwarzen unter Druck zu setzen. Mit nur noch 18 Sekunden auf der Uhr gab Grischuk im 39. Zug in hoffnungsloser Stellung auf. Damit holte Topalov seinen vierten Schwarzsieg in diesem Turnier und liegt mit 5,5 Punkten aus 6 an der Spitze.
Beeindruckend gut in Form ist auch Vishy Anand. Der Ex-Weltmeister, dem nach seiner Niederlage im WM-Kampf 2013 gegen Magnus Carlsen, mehrfach der Rückzug aus der Turnierarena nahegelegt wurde, bewies in Runde sechs gegen Maxime Vachier-Lagrave, wie gut vorbereitet und wie gefährlich er immer noch ist. In einem scharfen Abspiel der Najdorf-Variante, die Vachier-Lagrave sehr gut kennt, folgte der Franzose bis zum 17. Zug bekannten Vorbildern, dann brachte er mit 17...Lb7 eine Neuerung. Doch nur zwei Züge später ließ Vachier-Lagrave ein gefährliches Opfer Anands zu - und fand darauf keine Antwort.
V. Anand - M. Vachier-Lagrave, Stellung nach 18...Tbd8
Anand ließ sich nicht lange bitten und spielte 19.Lxh6!. Und nach 19...gxh6 20.Dxh6 d5 21.g5 Dxg3 22.Td3 hatte er zwar zwei Figuren weniger, aber einen unwiderstehlichen Angriff.
Vachier-Lagrave fand nichts besseres als 22...Sh5 Nach 22...De5 gewinnt Weiß mit 23.gxf6 Lxf6 24.Tf4!, aber musste nach 23.g6 fxg6 24.fxg6 Txf1+ 25.Lxf1 mit 25...Sf6 die Dame geben. Danach spielte der Franzose wie betäubt noch ein wenig weiter, aber gab nach 26.Txg3 dxe4 27.Le2 e3+ 28.Kg1 Lc5 29.Kf1 schließlich auf. 1–0
Ein strahlender Anand im Interview nach der Partie:
"Ich bin mit meinem Ergebnis zufrieden, und es ist schön, wenn man gut spielt."
Die drei anderen Partien endeten Remis. Aronian spielte mit Schwarz gegen Giri eine Variante, die er lange nicht gespielt hatte, aber sehr gut kannte. Giri gewann in der Eröffnung einen Bauern, den er jedoch nicht halten konnte. Als Aronian den Bauern schließlich zurückgewann, stand ein vollkommen ausgeglichenes Endspiel auf dem Brett und die Giri und Aronian einigten sich auf Remis.
Fabiano Caruana spielte mit Weiß gegen Jon Ludvig Hammer und auch diese Partie zeigte, dass er beim Norway Chess Turnier nicht in Bestform ist. In der Eröffnung unterschätzte Caruana die Möglichkeiten des Schwarzen und auch später in der Partie verpasste Caruana Möglichkeiten, Schwarz unter Druck zu setzen. So konnte Hammer Gegenspiel entwickeln und forcierte am Ende in einem Damenendspiel Remis durch Dauerschach.
Schlussstellung der Partie zwischen Fabiano Caruana und Jon Ludvig Hammer
Die längste Remispartie der Runde lieferten sich Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura. Der Amerikaner hatte Schwarz und zeigte durch die Wahl des Abgelehnten Damengambits, dass er vor allem nicht verlieren wollte. Im weiteren Verlauf der Partie führte Nakamura dann auch immer weiter Vereinfachungen herbei und die Partie schien auf ein unspektakuläres Remis hinauszulaufen. Doch dann zeigte Carlsen seine Klasse. In einem Endspiel mit Turm und Springer gegen Turm und Springer gestattete er Schwarz, einen weit vorgerückten Freibauern auf der c-Linie zu bekommen, weil er hoffte, diesen Bauern erobern zu können. Auf einmal musste Nakamura genaue Züge finden, um die Stellung zu retten. Am Ende kam es zu einem Turmendspiel, in dem Weiß am Königsflügel mit vier Bauern gegen drei spielte. Dieses Endspiel ist theoretisch Remis, aber Carlsen unternahm noch eine Weile Gewinnversuche, die Nakamura jedoch ohne Probleme parierte. Im 95. Zug endete die Partie dann mit Remis.
Magnus Carlsen verblüffte einmal mehr durch seine Fähigkeit,
in "einfachen" Stellungen Gewinnmöglichkeiten zu finden.
Tabelle
Partien der Runden 1 bis 6
Runde sieben beginnt am Dienstag, den 23. Juni um 16 Uhr Ortszeit. Alle Partien des Turniers werden auf dem Playchess.com Server übertragen und kommentiert.
Johannes FischerJohannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".
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