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Vor fünf Jahren kam es zu einem offenen Streit zwischen dem Godesberger SK und seinen Spielern in der Zweiten Bundesliga und den Gremien des Deutschen Schachbundes. Der DSB legte den Spielern der Ersten und Zweiten Bundesliga eine "Spielervereinbarung" vor, die diese unterschreiben mussten, um am Spielbetrieb in den höchsten deutschen Spielklassen teilnehmen zu können.
Im Hintergrund dieser Maßnahmen stand einen Vorfall aus der Saison 2012/13. Wie zitieren aus der Wikipedia:
Im Rahmen des Mannschaftskampfes SC Eppingen gegen die Sportfreunde Katernberg in der Saison 2012/13 kam Falko Bindrich in der Schachbundesligapartie am 21. Oktober 2012 gegen Sebastian Siebrecht der Aufforderung des Schiedsrichters nicht nach, ihm sein unerlaubt auf die Toilette mitgeführtes Handy zur Kontrolle auszuhändigen. Seine Partie wurde daraufhin als verloren gewertet. Der SC Eppingen kündigte daraufhin an, Bindrich bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts nicht mehr in seiner Bundesligamannschaft einzusetzen. Danach verhängte das Präsidium des Deutschen Schachbundes in seiner Sitzung am 19. Januar 2013 gegen Bindrich eine Funktions- und Spielsperre von zwei Jahren. Gegen diese legte Bindrich Einspruch ein und kündigte an, nötigenfalls auch zivile Gerichte anzurufen. Am 2. Mai 2013 wurde die Sperre vom DSB-Schiedsgericht aufgehoben. In der Begründung hieß es, die Sperre sei ohne Rechtsgrundlage verhängt worden, da Bindrich bei dem Vorfall nur dem Sanktionsrecht des Schachbundesliga e.V., nicht aber dem des DSB unterlegen habe. DSB-Präsident Herbert Bastian kündigte daraufhin an, diese Rechtslücke durch entsprechende Satzungsänderungen schließen zu wollen. Im April 2014 wurde bekannt, dass Bindrich den Deutschen Schachbund auf Schadenersatz in Höhe von 68.000 Euro verklagt. Im September 2014 wurde die Klage durch das Landgericht Berlin abgewiesen. Bindrich habe die Höhe seiner Einnahmeverluste nicht belegen können und ihn treffe zudem ein Mitverschulden an der verhängten Sperre.
Aus: Wikipedia, Falko Bindrich
Die in diesem Fall fehlende juristische Grundlage wurde später mit einer "Spielervereinbarung" genannten Unterwerfungserklärung geschaffen, die aber in manchen Punkten über das Ziel hinausgeschossen war, so befanden einige Spieler. Insbesondere Spieler des Godesberger SK, der zu diesem Zeitpunkt mit seiner ersten Mannschaft in der Zweiten Liga West spielte, weigerten sich die Spielervereinbarung in dieser Form zu unterschreiben. Der Verantwortlichen des DSB zeigte sich jedoch unnachgiebig. Zur Saison 2015/16 zog der Godesberger Schachklub deshalb seine Mannschaft aus der Zweiten Liga zurück.
Innerhalb des Godesberger SK setzte sich der Streit fort. Es bildeten sich zwei Fraktion, die darüber stritten, wie man sich in dieser Sache verhalten sollte. Am Ende zerriss es einen einstmals großartigen Verein, der über Jahrzehnte für seiner herausragende Jugendarbeit bekannt war, förmlich - ein erschütternder Vorgang, besonders für die Schachfreunde, die im Godesberger SK groß geworden sind.
Stellungnahmen zum Rückzug beim GSK...
Viele Schachfreunde verließen den Klub. Auch Bodo Schmidt und Robert Hübner wechselten den Verein und spielten nun für den SC Siegburg. Dort findet die Geschichte jetzt ihre Fortsetzung. Dank guter Ergebnisse ist der SC Siegburg nämlich bis in die Zweite Liga aufgestiegen. Hier können aber drei Spieler nicht mehr mitspielen, weil sie die vom DSB eingeforderte Spielervereinbarung nicht unterschreiben wollen, darunter Robert Hübner und Bodo Schmidt.
Robert Hübner und Bodo Schmidt möchten den Kampf um ihr Recht nicht aufgeben. Robert Hübner hat sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Bodo Schmidt berichtet in seiner Ergänzung von den Auswirkungen, die der Streitfall um die Spielervereinbarung gehabt hat.
Ungeachtet der Notwendigkeit für den Deutschen Schachbund, eine juristische Grundlage für Maßnahmen gegen Betrüger in der Hand zu haben, kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Verantwortlichen des DSB hier mit Kanonen auf Spatzen schießen. Es kann sicher nicht im Sinne des Schachs und des Schachbundes sein, wenn Vereine an den Vorschriften für den Spielbetrieb zugrunde gehen und Spieler wie Dr. Robert Hübner, in seiner besten Zeit ein Weltklassespieler und WM-Kandidat, dadurch vom Spielbetrieb ausgeschlossen wird. Vielleicht führt die neuerliche Initiative von Bodo Schmidt und Robert Hübner dazu, dass man sich noch einmal zusammensetzt und nach einer Lösung sucht. Im Sinne des Schachs wäre das sehr wünschenswert.
Wir geben den Offenen Brief von Robert Hübner und die Ergänzung von Bodo Schmidt hier unverändert wieder.
André Schulz
Seit über sechzig Jahren habe ich an Mannschaftskämpfen in verschiedenen Ländern Europas teilgenommen. Das ging stets ohne Schwierigkeiten. Jetzt zwingt der Deutsche Schachbund als einziger der zahlreichen mir bekannten Verbände in aller Herren Länder diejenigen, welche in der zweiten Bundesliga spielen wollen, eine sogenannte „Spielervereinbarung“ zu unterschreiben; in dem Schriftsatz wird sie des weiteren als „Vertrag“ bezeichnet.
Was ist der eigentliche Zweck dieses neuen, sonst nirgendwo geübten Verfahrens? Nach Durchsicht des Schriftsatzes fällt die Beantwortung der Frage leicht: Den einzelnen Spielern soll die Möglichkeit entzogen werden, jemals seine persönlichen, individuellen Rechte dem Deutschen Schachbund gegenüber geltend machen zu können. Es wird aber das Verhältnis zwischen der Organisation und dem Spieler durch das Bürgerliche Recht geregelt; es bedarf dazu keines „Vertrages“, der einer Seite alle Rechte gibt, der anderen Seite alle Rechte nimmt. Diese Feststellung gilt insbesondere für § 1.3 und § 2 des Textes.
Ich bespreche einige der Formulierungen, die den Schriftsatz zieren.
1) Unter „§ 1.2 Vertragszweck“ heißt es:
„Der DSB verurteilt jegliche Form von Gewalt, unabhängig davon, ob sie körperlicher oder seelischer Art ist; er verurteilt jedwedes Verhalten, das das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verletzt.“
Was hat diese Aussage in einem „Vertrag“ zu suchen? Man kann sie nur auf eine Weise verstehen. Der Deutsche Schachbund teilt dem sogenannten Vertragspartner mit: „Du, der du in unserem hehren Kreis zugelassen werden willst, bist natürlich für Gewalt und gegen das Recht sexueller Selbstbestimmung. Du bist ein potentieller Verbrecher.“ Es finden sich hier Ansätze zu einem Gesinnungsstrafrecht, wie es für totalitäre Strukturen kennzeichnend ist. Dies wird vollkommen klar aus § 2, in dem mit Verweis auf den zitierten Satz Sanktionen angedroht werden.
2) Unter § 3 „Vermeidung und Aufklärung von Verstößen“ wird gesagt:
„Der Spieler nimmt davon Kenntnis, daß [...] es dem Schiedsrichter erlaubt [ist], Kleidung, Gepäck oder andere Gegenstände in einem abgesonderten Bereich zu untersuchen...“
Um die Ungeheuerlichkeit dieser Bestimmung auszuloten, hält man sich am besten ein Fallbeispiel vor Augen. Nach dem Wortlaut dieses Paragraphen hat der Schiedsrichter die Befugnis, mich zu zwingen, mit ihm zu meinem Wagen zu gehen und dort meine Habseligkeiten zu durchwühlen, während ich in meiner Partie noch fünf Minuten Zeit zur Verfügung habe. Es ist offensichtlich, daß solche Befugnis nicht zur Vermeidung und Aufklärung von Verstößen dient. Wie oben festgestellt wurde, soll den Vertretern des Deutschen Schachbundes unbeschränkte Rechtshoheit gegenüber jedem Spieler verliehen werden; ein anderes Ziel gibt es nicht.
3) Der § 6 („Übergangs- und Schlußbestimmungen ...“) wurde von den Vertretern des Deutschen Schachbundes so ausgelegt, als ob sie jederzeit ohne Angabe von Gründen diese Vereinbarung widerrufen könnten. Das bedeutet sofortigen Ausschluß aus dem Spielbetrieb. Warum sollte ich eine Vereinbarung unterzeichnen, die mich in völliger Rechtlosigkeit zurückläßt und mir nicht einmal die Teilnahme am Spielbetrieb sichert?
Man mag meinen, daß solche Fälle, wie sie unter 2 und 3 geschildert wurden, in der Praxis nicht vorkommen. Meine Erfahrung widerspricht solcher Annahme. In sechzig Jahren habe ich am Brett kein einziges Mal einen ernsthaften Streit mit einem Gegner gehabt; mit Schiedsrichtern hatte ich dutzendweise Zusammenstöße. Mehrmals wurde ich von Schiedsrichtern körperlich angerempelt, obwohl der Deutsche Schachbund sich gegen Gewalt ausspricht; mehrmals habe ich gegen Schiedsrichterentscheidungen mit Erfolg den Rechtsweg beschritten.
Der Schriftsatz des Deutschen Schachbundes zeigt Mißtrauen und Verachtung gegenüber den Spielern; es ist selbstverständlich, daß auch der Spieler in diesem Fall Mißtrauen aufbaut und nicht mit einer angemessenen, sondern einer wörtlichen Auslegung der Bestimmungen rechnet. Dafür sind so viele Beispiele aus der letzten Zeit bekannt, daß die Aufzählung von Fällen überflüssig ist.[1] Längst ist in unserer Gesellschaft die Einsicht abhandengekommen, daß ein sinnvolles Miteinander nur auf der Basis gegenseitigen Vertrauens möglich ist.
[1] Ich erwähne nur das schöne Vorkommnis, daß man die Partie eines Spielers als verloren wertete, weil dieser in der Sekunde, die der Schiedsrichter für den Beginn der Partie erwählte, aufgestanden war, um von einem Mannschaftskollegen einen Kugelschreiber zu borgen.
Dr. Robert Hübner
Im April/Mai 2015 wurde die "Spielervereinbarung" für die 2. Bundesliga eingeführt. Sie unterschied sich erstaunlicherweise von der der 1. Bundesliga . So sollte z.B. der Schiedsrichter in der 2. BL das Recht auf Leibesvisitation des Spielers auch ohne Verdachtsmomente haben.
Damals spielte der Unterzeichner zusammen mit u.a. Dr. Robert Hübner, Dr. Jan Sprenger, Thomas Jackelen, Alex Dranov bei dem Godesberger SK in der 2.BL West. Der überwiegende Teil der Spieler lehnte die Unterzeichnung ab und die Mannschaft mußte zurückgezogen werden. Davon hat sich der gerade auch in der Jugendarbeit sehr engagierte Godesberger SK bis heute noch nicht erholt. In der Saison 2015/16 spielte die 2. BL West nur mit 9 Mannschaften.
Kurz vor Beginn dieser Saison erlaubte jedoch der DSB -ohne den Godesberger SK in Kenntnis zu setzen- einigen Aachenern Spielern die Spielervereinbarung durch Streichungen und/oder Zusätze abzuändern. Davon erfuhren wir erst ein Jahr später.
Seit rund drei Jahren engagiere ich mich in meinem Heimatverein SC Siegburg. Wir sind nach mehrfachem Aufstieg hintereinander nun in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Wir dachten, daß man uns die gleichen Rechte einräumen würde wie den Aachenern Spielern -also mindestens den Zusatz " bei begründetem Verdacht" zu akzeptieren. Weit gefehlt. Wir erhielten einen Brief des ehemaligen Bundesturnierdirektors Herrn Alt in dem er sogar dreist bestritt, daß es abgeänderte Spielervereinbarungen gäbe und das wir unverändert zu unterschreiben hätten. Spieler, die dies nicht machen,"hätten in der Bundesliga nichts zu suchen".
Wir haben dann beim DSB zwei Anträge gestellt. Zum einen die Spielberechtigung für die 2. BL auch bei Streichung des Wortes verdachtsunabhängig zu erhalten und die Ehrenmitglieder Dr. Robert Hübner und Vlastimil Hort von der "Spielervereinbarung" auszunehmen. Beides wurde abgelehnt und durch das Bundesturniergericht bestätigt. Für den ersten Antrag mit der Begründung, das die Spielberechtigung der Aachener Spieler Unrecht gewesen sei und wir daraus keine Rechte ableiten könnten. Und Ehrenmitglieder seien zu behandeln wie alle anderen, die unter der Gnade des DSB Schach spielen dürfen.
Bei unserem kürzlichen Heimkampf gegen die SG Porz spielte für Porz ein Spieler auf der Basis des seinerzeit von ihm selbsteigenhändig geänderten Vertragstextes während Dr.Hübner, Axel Breest und ich nicht spielen durften.
In §2 seiner Satzung hat sich der DSB zur Förderung des Schachspiels verpflichtet und nicht zum Gegenteil. Ich spiele nun seit 55 Jahren beginnend bei der SG Porz Schach und habe seit der Zeit alle Präsidenten und Spielleiter kennengelernt. So etwas wie das geschilderte ist mir noch nicht vorgekommen.
Bodo Schmidt
Links:
Die Spielervereinbarung (2014)...
Spielervereinbarung der Frauen-BL...
Widerstand gegen die Spielervereinbarung (2014)...