ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Rundenbericht der Runde 4
Als der Turnierberichterstatter sich 50 Minuten nach Rundenbeginn den
Spitzenbrettern näherte, traute er seinen trüben Augen kaum. In der „Top
players lounge“, also den acht Spitzenbrettern waren bereits drei Plätze
verwaist. Es lohnt sich an dieser Stelle, die Namen der Akteure aufzulisten,
die die Zuschauer um ihr Vergnügen gebracht haben. Nämlich Michael Hoffmann
und David Baramidze, Nidjat Mamedov und Rashad Babaev sowie Ilja Schneider
und Piotr Bobras. In der Schlussrunde wäre ein derartiges Vorgehen
verständlich, da ansonsten der erfolgreiche Turnierabschluss gefährdet sein
könnte. In der Mitte des Turniers ist der Vorgang jedoch ungewöhnlich.
Baramidze-Kaplan
Somit bleibt dem Turnierberichterstatter nur die lakonische Feststellung,
dass Lars Bremer in seinem berühmtgewordenen Essay „Die Schneeflocke auf dem
Eisberg“ sein pädagogisches Ziel der Bekämpfung der allgegenwärtigen
Remisseuche und der damit verbundenen moralischen Ertüchtigung der
Großmeister verfehlt hat. Vielleicht wird sich der Weltschachbund eines
Tages erbarmen, und wie verschiedentlich gefordert, erst ab dem 30. Zug
(oder sogar noch später) eine Remisvereinbarung in international gewerteten
Turnieren zulassen. Ob dies ein zulässiger Eingriff in die allgemeine
Handlungsfreiheit des Schachspielers wäre, mag dahingestellt bleiben.
Jedenfalls: bis ein solches Regularium in Kraft tritt, wird noch viele Male
die Sonne über dem Tegernsee auf und wieder untergehen.
Djalalova
Im Rückblick auf die dritte Runde ist festzuhalten, dass der titellose
Ulrich Weber von der Schachabteilung Dotzheim mit Weiß ziemlich mühelos
gegen GM Shabalov Remis hielt. Die selbe stolze Leistung erbrachte Raoul
Strohhäker gegen GM Khenkin. Beide namhaften Großmeister mussten sogar
kritische Momente durchstehen, wie die Analyse zeigt.
In der vierten Runde fesselte eine spektakuläre Partie die Aufmerksamkeit
der Zuschauer, und zwar die Begegnung von Stefan Bromberger gegen Svetlana
Cherednichenko, die das Turnier mit ihrem angriffslustigen Schach
bereicherte. Der Tegernseer blieb allerdings äußerst cool, und wies alle
schwarzen Angriffe auf seinen exponierten König entschieden zurück.
Nach der Partie unterhielt sich der Berichterstatter kurz mit der charmanten
Ukrainerin und ihrer Schwester Elena Cherednichenko.
Die beiden spielen nach dem Turnier in Dresden zum zweiten Mal in Deutschland und fühlen sich hier sehr wohl. Das Turnier gefällt ihnen sehr gut, weil es so stark ist und weil die Organisation perfekt ist. Die beiden Schwestern sind sehr dankbar dafür, dass sie von Artur Jussupow trainiert werden (!) und außerdem lieben sie die Schachbücher des Autorengespanns Jussupow und Dworetzki. In Deutschland spielen sie für den SK Krumbach, sodass wir wohl noch öfter von ihnen hören werden!
Mainka
* * * Schachszene im Fokus
Aus Sicht eines Schachspielers ist ein Schachturnier eine Veranstaltung, die
optimale Rahmenbedingungen bieten sollte, und um deren Organisation und
Finanzierung man sich keine Gedanken machen muss. Die wichtigste Aufgabe
eines Spielers besteht in der Vorbereitung auf den jeweiligen Gegner sowie
natürlich auf einen erfolgreichen Turnierabschluss, der durch möglichst
viele Siege gewährleistet wird. So verhielt es sich auch jahrelang für den
Autor dieser Zeilen, der mehr als 20 Jahre lang auf vielen Turnieren und
Meisterschaften weltweit zu Gast war. Doch nun haben sich die Zeiten
geändert, aus dem ehemaligen aktiven Turnierspieler ist ein Beobachter der
Schachszene geworden, der eine aktive Rolle in der Turnierberichterstattung
übernimmt. In den nächsten Tagen werden daher in einer Interviewreihe die
wichtigsten Akteure portraitiert, die Jahr für Jahr zum Gelingen der Offenen
Internationalen Bayerischen Meisterschaft in Bad Wiessee beitragen.
Heute im Portrait: die Turnier-Schiedsrichter Christian Krause und Hans
Brugger
Im Gespräch mit Großmeister Gerald Hertneck
Herr Krause und Herr Brugger, was sind eigentlich genau die Aufgaben
eines Schiedsrichters?
Brugger: Die Aufgaben kann man untergliedern in Turniervorbereitung,
Turnierdurchführung und Turniernachbereitung. Zur Turniervorbereitung gehört
zum Beispiel auch, dass der Schiedsrichter schon vor Beginn des Turniers die
Turnierräume und die Infrastruktur inspiziert. Es ist zum Beispiel auch
wichtig, dass die EDV-Unterstützung funktioniert. Schlechte Spielbedingungen
sollte der Schiedsrichter nach Möglichkeit im Vorfeld abstellen. Die
Hauptaufgabe ist natürlich die Turnierdurchführung, also die tägliche
Auslosung, die Eingabe der Ergebnisse, die Schlichtung von Streitfällen, die
Überwachung der Uhren und die Einhaltung der Turnierordnung. Ein beliebter
Verstoß gegen die Turnierordnung ist zum Beispiel der Konsum von Alkohol im
Turniersaal. Die Turniernachbereitung besteht hauptsächlich in der
Bereitstellung der Daten für die Elo- und DWZ-Auswertung. Ein guter
Schiedsrichter setzt sich nach dem Turnier mit dem Ausrichter zusammen, um
zu besprechen, was gut und was schlecht gelaufen ist.
Wie wird man denn eigentlich Schiedsrichter?
Brugger: Jeder Schiedsrichter kann eine Laufbahn durchlaufen vom
Turnierleiter, über den regionalen Schiedsrichter und den Nationalen
Schiedsrichter bis hin zum Internationalen Schiedsrichter. Auf deutscher
Ebene muss man Kurse absolvieren und Prüfungen ablegen, sowie eine bestimmte
Anzahl von Turnieren geleitet haben, um die Stufen zu durchlaufen. Für den
Nationalen Schiedsrichter ist natürlich auch die Qualifikation „vertiefte
Regelkunde“ erforderlich.
Und wie wird man dann Internationaler Schiedsrichter?
Krause: In formaler Hinsicht auf Vorschlag des nationalen Verbands durch
Ernennung der zuständigen FIDE-Kommission. Mit dem Antrag müssen natürlich
die Voraussetzungen nachgewiesen werden. Der Kandidat benötigt mindestens 4
Normen, d.h. er muss entsprechende Titelturniere oder größere Offene
Turniere geleitet haben. Außerdem soll er zwei oder drei FIDE-Sprachen
beherrschen.
Muss eigentlich ein Bundesligaschiedsrichter mindestens Nationaler
Schiedsrichter sein?
Krause: Die Situation ist hier nicht ganz eindeutig. In der Regel wird ein
Bundesligaschiedsrichter entweder Nationaler oder Internationaler
Schiedsrichter sein. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass in
Ausnahmefällen ein regionaler Schiedsrichter zum Einsatz kommt.
Was ist denn in der Praxis die wichtigste Qualifikation eines
Schiedsrichters?
Krause: Da gibt es mehrere wichtige Bereiche. Zum einen sollte man wissen,
dass der Schiedsrichter unparteiisch sein muss, d.h. er ist die
Vertrauensperson beider Spieler. In kritischen Situationen muss er dann eine
Entscheidung treffen, wobei er in der Regel nicht die Stellung, sondern die
Situation zu beurteilen hat. Er muss natürlich die Regeln gut kennen, und er
sollte nur Drohungen aussprechen, die er auch einhalten kann. Wenn er zum
Beispiel zu einem Spieler sagt: beim nächsten Verstoß verlieren Sie die
Partie, dann muss er sich auch daran halten, um glaubwürdig zu bleiben. Ganz
wichtig ist aber auch, dass der Schiedsrichter Zurückhaltung übt, und sich
nicht unnötig in den Vordergrund drängt.
Wenn ein Spieler mit der Entscheidung des Schiedsrichters nicht
einverstanden ist, kann er ja das Schiedsgericht anrufen. Ist dessen
Entscheidung dann endgültig?
Krause: Es ist in der Schachwelt wenig bekannt, aber man kann tatsächlich
nach dem Turnier bei der FIDE Beschwerde gegen eine Partiewertung des
Turnierleiters oder des Schiedsgerichts einlegen. Es ist in der Praxis auch
schon vorgekommen, dass ein Ergebnis nachträglich korrigiert wurde, weil die
FIDE nach Befragung der Beteiligten zu der Auffassung gelangte, dass das
Schiedsgericht falsch entschieden hat.
Es gab ja in den letzten Jahren immer wieder umstrittene Regelungen
bzw. Schiedsrichterentscheidungen, wobei mir hier vor allem der
Partieverlust durch Handy-Läuten einfällt.
Krause: Bei dem Thema Partieverlust durch Handyklingeln fühle ich mich
direkt angesprochen, weil ich maßgeblich an dieser Regelung beteiligt war.
Ich halte die getroffene Regelung nach wie vor für richtig, da sie gerade in
Offenen Turnieren eine segensreiche Wirkung entfaltet. Vor der Neuregelung
„Bestrafung mit Partieverlust“ waren die Schiedsrichter angewiesen, das
Handyklingeln als Störung zu behandeln. Jeder weiß wie weit Handys
heutzutage verbreitet sind. Wir müssten also gerade in großen Turnieren
ständig damit rechnen, dass das Handy läutet, wenn dies keine schweren
Folgen nach sich ziehen würde. Seit der Neuregelung und darauf folgenden
Präzedenzfälle ist erfreulicherweise festzustellen, dass die Teilnehmer im
Turnier so gut wie nicht mehr durch Handyklingeln belästigt werden. Also hat
die Regelung das gewünschte Ziel erreicht. Hinzu kommt noch, dass aufgrund
der rasanten technischen Entwicklung die Mitnahme jeglicher technischer
Geräte in den Turniersaal verboten ist, sofern keine ausdrückliche Erlaubnis
dazu besteht.
An dieser Stelle gebe ich Ihnen recht, aber auf der anderen Seite
sollte eine Partie oder ein Mannschaftskampf doch wohl am Schachbrett und
nicht am grünen Tisch entschieden werden?
Krause: Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber es ist eine Reihe von
Fällen denkbar, wo dies nicht der Fall ist. Zum Beispiel bei fortgesetzter
Störung des Gegners oder bei Missachtung des Schiedsrichters. Der
Schiedsrichter kann ja in schweren Fällen sogar so weit gehen, einen Spieler
vom Turnier auszuschließen.
Und was passiert, wenn ein Spieler oder eine Mannschaft sich weigert,
einen Partieverlust durch Handyklingeln anzuerkennen?
Krause: Auch das ist schon vorgekommen. In einem kuriosen Fall hat der
Schiedsrichter nach dem Handyklingeln auf Remis entschieden, weil ihm der
Partieverlust unverhältnismäßig erschien. Diese Entscheidung wurde von der
Turnierleitung aufgehoben, und der gegnerischen Mannschaft der volle Punkt
zuerkannt. Dies wiederum hat der betroffene Verein nicht akzeptiert und vor
dem Landgericht geklagt! Dieses hat jedoch in der Sache nicht entschieden,
und die Prozessbeteiligten aufgefordert, sich gütlich zu einigen. Was dann
auch geschehen ist, wobei durch den Gang vor Gericht nicht unerhebliche
Kosten verursacht wurden.
Also ist die Rechtslage bei „Partieverlust durch Handyklingeln“
inzwischen eindeutig?
Krause: Es gibt einen bemerkenswerten Sonderfall. Wenn ein Spieler kein
Mattmaterial mehr hat (zum Beispiel nur noch den nackten König), kann er
nach den Regeln nicht mehr gewinnen. Wenn nun das Handy seines Gegners
klingelt, dann lautet das korrekte Ergebnis 0 zu 0,5, d.h. es wird
ausnahmsweise kein ganzer Punkt vergeben. Der Spieler, dessen Handy geläutet
hat, wird genullt, und der Spieler mit dem nackten König bekommt ein Remis.
Dieser Fall tritt allerdings in der Praxis so gut wie nie ein.
Zum Abschluss noch eine interessante Frage bezüglich der DWZ-
Auswertung von vereinslosen Spielern. Wie ist da die Rechtslage?
Krause: Der Deutsche Schachbund führt die DWZ-Liste nur für die Mitglieder
des DSB. Wenn ein Spieler vereinslos ist, besteht seine Zahl zwar noch, aber
sie wird nicht mehr veröffentlicht. Er hat also auch keinen Anspruch auf
Auswertung seiner Partien, solange er vereinslos ist. Anders ist es bei
seinen Gegnern im Turnier; deren Partien gegen den Vereinslosen werden mit
dessen nichtveröffentlichter DWZ-Zahl ausgewertet, sofern diese bekannt ist.
Ich würde also jedem Spieler, der an der Auswertung seiner Partien
interessiert ist, die Mitgliedschaft bei einem Verein empfehlen.
Und wie sieht es dann mit der Eloauswertung aus?
Krause: (überlegt). Grundsätzlich sollte dies analog für die Auswertung der
Elozahl gelten, da ein Spieler nur Mitglied des Weltschachbunds sein kann,
wenn er Mitglied in einer nationalen Föderation ist. In der Praxis würde ich
allerdings denken, dass diese Regelung nicht so genau kontrolliert wird, und
dass die Eloauswertung trotzdem erfolgt.
Herr Krause und Herr Brugger ich danke Ihnen für das Gespräch.
Rundenbericht der Runde 5
Zur Einleitung ein kurzer Rückblick auf den spektakulärsten Moment des
gestrigen Tages. In der Begegnung Friedel gegen Halkias am zweiten Brett
ergab sich nach langem Kampf die Materialverteilung König und Turm gegen
König und Springer. Bekanntlich ist dieses Endspiel bei richtiger
Verteidigung nicht zu gewinnen. In beiderseitiger Zeitnot versuchte der
Amerikaner Friedel jedoch sein bestes, bis sich in der abgebildeten Stellung
(rechte Bretthälfte) das folgende Unglück ereignete: Weiß konnte seinen
nächsten Zug nicht mehr ausführen, da seine Zeit fiel. Die Spieler einigten
sich daraufhin auf Remis.
Mamedov-Schneider
Hier musste jedoch Hauptschiedsrichter Krause einschreiten, der darauf
hinwies, dass eine theoretische Mattstellung möglich ist. In der Praxis wird
Weiß natürlich nie so dumm spielen, aber die FIDE-Regeln zielen eben nur
darauf ab, ob das Matt theoretisch möglich ist. Die Partie wurde daher als
verloren für Friedel gewertet. In der weiteren Diskus-sion stellte sich noch
heraus, dass die Regeln in Amerika anders lauten, d.h. dort würde die Partie
Remis gegeben, weil Schwarz über keine praktische Gewinnchance mehr verfügt.
Ansonsten wäre noch zu berichten, dass sich die Teilnehmerzahl des Turniers
durch diverse Rückzuge inzwischen auf 412 reduziert hat. Der Wintereinbruch
hat dem Turnier heuer also arg zugesetzt, wobei der Berichterstatter es so
empfindet, dass ein Winterspaziergang an der Uferpromenade von Bad Wiessee
durchaus einen ganz eigenen Reiz hat.
Nach der vierten Runde sind nur noch vier Spieler mit einer weißen Weste
verblieben, und zwar Postny, Jaracz,
Postny
Jaracz
Halkias und (überraschend) Frank Holzke vom Bundesligaverein Wattenscheid.
Dahinter befindet sich ein Riesenfeld von Spielern mit 3,5 Punkten, sodass
alle Titelträger sich noch Hoffnungen auf die vorderen Plätze machen können.
Sagte ich eben alle Titelträger? Leider nicht, denn ein Großmeister hat sich
bereits zum zweiten Mal spielfrei geben lassen, und zwar die Schachlegende
Ulf Andersson. Leider konnte der Berichterstatter bisher noch nicht in einem
persönlichen Gespräch die Hintergründe dieses etwas tragischen
Turnierverlaufs in Erfahrung bringen.
Kaplan
Es bleibt noch zu erwähnen, dass die gestrige spektakuläre Partie von Stefan
Bromberger einer mindestens 20-zügigen Vorbereitung entsprang, wie mir
Stefan heute am Frühstückstisch erzählte. Außerdem haben wir die Partie noch
einmal von vorne bis hinten durchanalysiert, und dabei wurde die
Einschätzung im gestrigen Bulletin voll bestätigt. Bis auf 20.Kh1 ist die
Partie von Weiß fehlerfrei gespielt. Seine Gegnerin hat zwar anfangs gut
mitgehalten, konnte aber an ein oder zwei Stellen stärker spielen.
Jedenfalls erhält die Partie das Prädikat theoretisch wertvoll.
* * * Schachszene im Fokus
Aus Sicht eines Schachspielers ist ein Schachturnier eine Veranstaltung, die
optimale Rahmenbedingungen bieten sollte, und um deren Organisation und
Finanzierung man sich keine Gedanken machen muss. Die wichtigste Aufgabe
eines Spielers besteht in der Vorbereitung auf den jeweiligen Gegner sowie
natürlich auf einen erfolgreichen Turnierabschluss, der durch möglichst
viele Siege gewährleistet wird. So verhielt es sich auch jahrelang für den
Autor dieser Zeilen, der mehr als 20 Jahre lang auf vielen Turnieren und
Meisterschaften weltweit zu Gast war. Doch nun haben sich die Zeiten
geändert, aus dem ehemaligen aktiven Turnierspieler ist ein Beobachter der
Schachszene geworden, der eine aktive Rolle in der Turnierberichterstattung
übernimmt. In den nächsten Tagen werden daher in einer Interviewreihe die
wichtigsten Akteure portraitiert, die Jahr für Jahr zum Gelingen der Offenen
Internationalen Bayerischen Meisterschaft in Bad Wiessee beitragen.
Heute im Portrait: Horst Leckner, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse
Miesbach-Tegernsee im Gespräch mit Großmeister Gerald Hertneck
Herr Leckner, seit wann ist die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee im
Schachsponsoring tätig?
Die Kreissparkasse sponsert den Schachsport schon seit mehr als einem
Jahrzehnt. Die Schachabteilung des TV Tegernsee, wird seit 1996 mit größeren
Beträgen unterstützt. Damals spielte die 1. Mannschaft noch in der Oberliga
und mit jedem Aufstieg in eine höhere Liga (erst in die 2. Bundesliga und
seit 1999 in die 1. Bundesliga) hat die Kreissparkasse den Etat erhöht. Mit
der Verpflichtung weiterer Weltklassespieler in der laufenden Saison wurde
der Etat nochmals aufgestockt. Was das Turnier betrifft, so sind wir seit
der ersten Auflage im Jahr 1997 mit von der Partie – und zwar in den Jahren
bis 2002 als Co-Sponsor mit der Schweizer Bank Hofmann, und seit 2003 als
Hauptsponsor. Außerdem haben wir die Deutsche Seniorenmeisterschaft in den
Jahren 1999 und 2003 unterstützt.
Leider ist es ja eher unüblich, dass sich die Großbanken in
Deutschland mit nennenswerten Beträgen für den Schachsport engagieren. Worin
liegt die Motivation für Ihr Haus, sich so stark zu engagieren?
Zur Struktur unseres Schachsponsorings möchte ich ausführen, dass die
Förderung der Spitze (also der Bundesligamannschaft) und der Breite (der
Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft) als Paket zu betrachten
ist. Was die Spitze betrifft, bewerben wir sehr stark unser Engagement für
die seit Jahren einzige Bayerische Bundesligamannschaft. Ich denke, hier
können wir gegenüber unseren Kunden glaubhaft machen, dass die Förderung von
Spitzenleistungen im Sport auch etwas über die Qualität unserer
Bankdienstleistungen aussagt. In der Breite kommt unsere Förderung vor allem
den Hoteliers und den Lokalen in Bad Wiessee und Umgebung zu Gute. Die
Hoteliers und Gastwirte sind ja zum Großteil auch Kunden unseres Hauses. Man
muss ganz klar sehen, dass das Turnier in der ansonsten schwachen Nachsaison
im November hohe Übernachtungszahlen generiert. Hier haben wir auch einen
Vorteil gegenüber anderen Großveranstaltungen am Tegernsee, die zumeist über
einen wesentlich kürzeren Zeitraum laufen. Zum Beispiel finden viele
Veranstaltungen über das Wochenende statt, und dann übernachten die
Teilnehmer maximal zwei Tage. Bei dem Turnier hingegen fallen mindestens
neun Übernachtungen an. Wenn man die Übernachtungszahlen über die 11 Jahre
des Turniers hochrechnet, kommt man auf etwa 50.000 Nächtigungen, wodurch
die Region relativ stark profitiert hat.
Hiermit haben Sie die materielle Ebene geschildert. Und wie sehen Sie
die ideelle Seite Ihres Sponsorings?
Das Schachspiel bietet ja einige Parallelen zum Bankgeschäft. Zum Beispiel
die Analyse von komplexen Situationen und die darauf aufbauende
Entscheidungsfindung. Oder das strategische Element – also zum Beispiel die
längerfristige Planung von Investments. Außerdem gilt das Schach als sehr
seriös und hat ein positives Image. Unsere Bank wirbt also auch aktiv mit
Schachmotiven, und bekommt auch oft positive Rückmeldungen darauf.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch auf unsere Jugendförderung
hinweisen. Unser Haus engagiert sich auch sehr stark in diesem Bereich, und
zwar nicht nur im Schach, sondern auch in anderen Sportarten wie Fußball,
Eishockey und Skifahren. Außerdem werden bei uns im Landkreis zwei
Musikschulen für Jugendliche ganz wesentlich unterstützt. Im Schach
unterstützen wir die Landkreisschulmeisterschaft, die im Dezember
ausgerichtet wird. Generell muss man betonen, dass es inzwischen sehr viele
Studien gibt, die auf die positive Wirkung des Schachunterrichts in Schulen
hinweisen. Die Lernfähigkeit der Schüler wird dadurch in vielen Bereichen
signifikant verbessert. Es liegt also nahe, sich im Schulschachbereich
weiter zu engagieren.
Das hört sich ja so an, dass bei der Vergabe des Sponsoring-Etats in
Ihrem Haus alle Türen für das Schachengagement offen stehen...
Hierzu muss man ganz klar festhalten, dass unser Gesamtetat natürlich auch
ausgewogen sein muss, und dass die Geschäftsleitung vom Nutzen des
Schachsponsorings überzeugt sein müssen. Hier bringe ich mich natürlich
aktiv ein, und ich gebe zu, dass ohne mich die Kommunikation der Vorteile
des Schachsponsorings nicht so reibungslos laufen würde. Übrigens wird in
unseren jährlichen Geschäftsberichten die Schachförderung seit Jahren
positiv gewürdigt.
Hier stellt sich natürlich die Frage, inwieweit das Turnier in Bad
Wiessee in Zukunft gesichert ist?
Auch hier sollte man ganz klar feststellen, dass die Entscheidung über das
Sponsoring des Turniers von Jahr zu Jahr getroffen wird. Es gibt also keine
mehrjährigen Garantien. In der Praxis läuft es so, dass die Kurverwaltung
jedes Jahr einen Antrag bei der Kreissparkasse stellt. Bisher haben wir aber
immer den Etat zugesichert, da wir die oben geschilderten positiven Effekte
des Turniers ganz klar sehen. Also ich denke, solange das Turnier die
jetzige Quantität (Teilnehmerfrequenz) und Qualität (gute Organisation)
hält, ist es nicht gefährdet. Dennoch würde ich mir wünschen, dass das
Sponsoring des Turniers noch auf breitere Schultern gestellt wird.
Im Turnier werden ja auch die Kaderspieler des Deutschen Schachbunds
gefördert. Auf welche Initiative geht dies zurück?
Das war seinerzeit eine Idee von Artur Jussupow. Wir haben dann Kontakt mit
dem Deutschen Schachbund aufgenommen, und vereinbart, dass ein bestimmtes
Kontingent an Spielern freie Übernachtung und Erstattung der Reisekosten
erhält. Dieses Angebot wurde auch immer sehr angenommen.
Worauf führen Sie die Beliebtheit des von Ihnen ins Leben gerufenen
Schachturniers in Bad Wiessee zurück?
Hier kommen wohl viele Faktoren zusammen. Zum einen natürlich die Stärke des
Teilnehmerfelds und die internationale Beteiligung. Wir konnten sogar schon
FIDE-Weltmeister wie Khalifman, Ponomarjow und Kasimdschanow verpflichten.
Eine wichtige Rolle spielt sicher auch der relativ hohe Preisfonds (zum
Beispiel 3.000 Euro für den ersten Platz). In den Anfangsjahren hat
Mitorganisator Artur Jussupow, der seinerzeit noch in Bad Wiessee wohnte,
durch seine Kontakte in die internationale Schachszene und seine Erfahrung
sehr viel zum Erfolg des Turniers beigetragen. Auch der Urlaubsgedanke am
schönen Tegernsee spielt sicher eine Rolle. Und dann wäre noch die gute
Organisation zu nennen. Ich denke, das Turnier bietet optimale
Spielbedingungen, zum Beispiel in Bezug auf den schönen Turniersaal in der
Wandelhalle und den Analyseraum. Auch die Ausstattung mit Holzbrettern an
allen Tischen und viele weitere Details führen zu einem gehobenen Standard.
Dies alles hat dazu geführt, dass wir im ersten Jahr bereits mit 250
Spielern loslegen konnten und im dritten Jahr bereits 500 Teilnehmer
verzeichnet haben.
Im Jahr 2003 trat für das Turnier ein kritischer Moment ein, als sie
nach Ihrer Berufung in den Vorstand der Kreissparkasse sich von der
Turnierorganisation zurückziehen mussten. Wie hat man diese Umstellung
erfolgreich gemeistert?
Hier muss man die Leistung der Tourist Information der Gemeinde Bad Wiessee
und die von Herrn Kurt Geiss vom Hotel zur Post lobend anerkennen. Mit der
Organisation eines derart großen Turniers ist natürlich sehr viel Arbeit auf
vielen verschiedenen Ebenen verbunden. Vor der Übergabe ruhte die
organisatorische Arbeit hauptsächlich auf meinen Schultern und auf denen
meines Sohns Thomas, der für die Technik verantwortlich war. Natürlich haben
wir im Jahr 2003 den Übergang so gut wie möglich unterstützt, da dies ja
eine völlig neue Aufgabe für die Tourist Information war.
Es freut mich besonders, dass nicht nur der Übergang gut gelungen ist,
sondern auch, dass die Tourist Information unter Herrn Rie und Frau Wolff
organisatorische Verbesserungen umgesetzt hat. Zum Beispiel geht die
Liveübertragung, die von den Teilnehmern sehr gut angenommen wird, auf deren
Initiative zurück. Auch der Umstand, dass alle Teilnehmer wieder in einem
Saal spielen, und der Nebenraum als Analyseraum genutzt wird, führt zu
angenehmeren Spielbedingungen als die frühere Zweiteilung. Ansonsten würde
ich noch das in diesem Jahr eingeführte Rauchverbot an der Theke als
wesentlich Verbesserung der Turnierbedingungen anführen.
Herr Leckner, ich würde mir wünschen, dass noch mehr Menschen so viel
Engagement für das Schach aufbringen wie Sie, und ich danke Ihnen für das
Gespräch.
Rangliste: Stand nach der 5. Runde | ||||||||||||
Rang | Teilnehmer | Titel | TWZ | At | Verein/Ort | Land | S | R | V | Punkte | Buchh | SoBerg |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | Jaracz,Pawel | GM | 2518 | M | SG Turm Trier 1 | POL | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 17.5 | 15.25 |
1. | Holzke,Frank | IM | 2499 | M | Schachverein Wa | GER | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 17.5 | 15.25 |
3. | Postny,Evgeny | GM | 2601 | M | Sportfreunde Ka | ISR | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 17.0 | 14.75 |
4. | Buhmann,Rainer | GM | 2567 | M | SV Hockenheim | GER | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 16.5 | 14.75 |
5. | Baramidze,David | GM | 2581 | M | TSV Bindlach Ak | GER | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 16.5 | 14.50 |
5. | Meier,Georg | GM | 2558 | M | SAbt SV Werder | GER | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 16.5 | 14.50 |
7. | Halkias,Stelios | GM | 2590 | M | Sportfreunde Ka | GRE | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 16.5 | 14.25 |
8. | Mamedov,Nidjat | GM | 2565 | m | Aserbeidschan | AZE | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 16.0 | 14.00 |
9. | Shabalov, Alexand | GM | 2626 | m | USA | USA | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 15.5 | 13.75 |
10. | Skatchkov,Pavel | GM | 2509 | m | Russland | RUS | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 15.0 | 13.25 |
11. | Kopylov,Mihail | IM | 2472 | M | SK Norderstedt | UKR | 4 | 1 | 0 | 4.5 | 13.0 | 11.75 |
...
410 Spieler