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Es ist Freitagabend, 19:30 Uhr. Die Zeitnot ist in vollem Gange, eine Traube aus Zuschauern hat sich am Spitzenbrett versammelt. Der Tabellenführer Ahmed Adly hatte es mit Schwarz heute voll drauf angelegt und früh Material geopfert, sein Gegner Kaido Kulaots wusste sich jedoch zu verteidigen. Der Ägypter versucht noch lange im Trüben zu fischen, letztlich sah er sich jedoch vor Erreichen des 40. Zuges zur Aufgabe gezwungen.
Kaido Kulatos besiegt und überholt damit den Tabellenführer Ahmed Adly | Foto: Turnierseite
Auf Brett Zwei einigen sich Aloyzas Kveynis und Andrey Esipenko nach wenig aufregendem Verlauf friedlich. Mehr Action ist an Brett Drei zu sehen. Eduardo Iturrizaga Bonelli, der Elofavorit des Turniers spielt eine großartige Partie mit mehreren Figurenopfern und bezwingt so letztlich Robert Ruck. Iturrizaga ist nun mit 6.0/7 wieder voll im Rennen um den Turniersieg. Lediglich Kulaots hat einen halben Zähler mehr.
Die Partie zwischen Iturrizaga und Ruck war verdientermaßen der Zuschauermagnet der 7. Runde | Foto: Turnierseite
Iturrizaga trifft morgen mit Schwarz auf Esipenko – eine Paarung die auf jeden Fall Spannung verspricht. Aus dem Pulk an Verfolgern mit 5.0/6 kommen lediglich Rinat Jumabayev und Evgeny Romanov zu Siegen. An der Tabellenspitze tummeln sich nun die Favoriten, große Überraschungen sind dort nicht zu finden.
Ansonsten gab es viele Endspiele zu begutachten. Niclas Huschenbeth probierte es bis zum Schluss in einem ausgeglichenen Turmendspiel und kam dem Sieg noch ziemlich nahe, Chanda Sandipan kämpfte gar bis gar keine Bauern mehr auf dem Brett waren. Auch dort jedoch nur Remis.
Niclas Huschenbeth gibt sein erstes Remis ab | Foto: Turnierseite
Viele Remis an den Spitzenbrettern sorgen für wenig Bewegung an der Tabelle. Der Führende Kaido Kulaots muss jedoch über die volle Strecke gehen um am Ende das Remis unterzeichnen zu können. Wie so oft in Endspielen mit ungleichfarbigen Läufern konnte die verteidigende Seite die Partie in den sicheren Remishafen lenken. Ebenso Remis endeten die Begegnungen der Verfolger Andrey Episenko und Eduardo Iturrizaga Bonelli sowie Ahmed Adly und Evgeny Romanov.
Ein Schwätzchen unter Großmeistern: Ahmed Adly und Evgeny Romanov nach ihrer Partie | Foto: Turnierseite
Ein interessantes Endspiel stand zwischen Gerlef Meins und GN Gopal auf dem Brett. Interessant insofern, als es eine frappierende Ähnlichkeit zum Endspiel aus der 2. Tiebreakpartie im WM-Match zwischen Magnus Carlsen und Sergey Karjakin hatte. Karjakin hielt ganz knapp das Remis, Meins hatte in dieser Konstellation wohl aber keine Chance.
GN Gopal heute mit guter Endspieltechnik | Foto: Turnierseite
Die Preisgelder der diesjährigen OIBM wurden nicht nach dem Hort-System verteilt, sondern streng nach Platzierung. Somit war vor der Partie klar, dass für das große Preisgeld eine Punkteanzahl von 7.5 notwendig sein würde, sich für alle Spieler mit 6.5/8 also volles Risiko auszahlen wird. Dementsprechend zweischneidig wurden die Partien an den Spitzenbrettern angelegt. Ausgezahlt hat es sich vor allem für Ahmed Adly. Der Ägypter war nach einen Traumstart von sechs Siegen etwas ins Rudern Schleudern gekommen und brauchte für den ersten Platz heute unbedingt einen Sieg gegen Fernando Peralta. Bereits mit der Eröffnungswahl Benoni zeigte er an, dass ein Spiel auf Remis nicht in Frage kommt.
Risiko gegangen, Sieg eingetütet, um 3000€ reicher - ein guter Tag für Ahmed Adly | Foto: Turnierseite
Der einzige Spieler, der vor der Partie wohl ein Remis unterzeichnet hätte war Kaido Kulaots. Mit 7.0/8 lag er alleine in Führung, zudem hatte er mit einer Schwarzpartie gegen Eduardo Iturrizaga Bonelli alles andere als ein leichtes Los gezogen. Kulaots versteckte sich jedoch keineswegs und opferte bereits in der Eröffnung einen Bauern, die Partie wurde wild, am Ende konnte der Este mit einem Remis jedoch mehr als zufrieden sein.
Kaido Kulaots liefert gegen Eduardo Iturrizga Bonelli eine der spannendsten Partien des Turniers ab | Foto: Turnierseite
Fast auf 7.5 Punkte wäre GN Gopal gekommen. Gegen den jungen Andrey Episenko lieferte er eine dominante wie starke Partie ab, kam jedoch kurz vor Schluss vom rechten Weg ab. Schade für den sympathischen Großmeister aus Indien, Respekt jedoch vor der Verteidigungsleistung des U16-Weltmeisters. Wo viele andere die Partie vielleicht schon abgehakt hätten, fand Andrey noch kreative Ressourcen.
Bis zum Schluss gekämpft und schließlich belohnt worden: Andrey Episenko | Foto: Turnierseite
Es gibt Emojis, welche Gefühlsausdrücke besser darstellen können als eine Vielzahl an Worten. Müsste Chanda Sandipan sein Gefühlsleben darstellen, nachdem ich ihn ca. eine halbe Stunde nach unserer Partie auf eine Verteidigungsressource hinwies, würde er mit hundertprozentiger Sicherheit diesen Emoji wählen.
Ich griff den indischen Großmeister im Analysebereich auf und meinte, die Engine würde eine absolut brillante Verteidigungsidee zeigen, nämlich ...Tec7 anstatt ...g3 und dann auf Ld2 ...Dd5 mit der Idee …f5!! Es dämmerte ihm schlagartig und es kam zu eben jenem Gesichtsausdruck.
Sehr bitter für mich, doch man kann sich trösten, dass diese Taktik wirklich schwer zu sehen ist. Wer den Bericht zu den Runden 4-6 gelesen hat, weiß, dass weiße Türme auf h5 mir einfach kein Glück zu bringen scheinen. Ich kann Eröffnungen, Mittelspiele und Endspiele, aber mit Türmen auf h5, da habe ich meine Probleme.
Etwas ernster gesprochen, es ist leider nicht das erste Mal, dass mir eine Taktik mit en passant entgeht. Vor genau einem Jahr beim European Club Cup in Novi Sad verpasste ich ein sehr ähnliches Motiv gegen Dmitry Andreikin. Ich sehe es mal als Fortschritt, zumindest zu wissen, woran man noch zu arbeiten hat.
Fiel in der Analyse aus allen Wolken, war aber dennoch der verdiente Sieger: Großmeister Chanda Sandipan | Foto: Turnierseite
Bei der Siegerehrung wurden zwei Spieler mit einer Norm ausgezeichnet: Andrey Episenko souverän eine GM-Norm, Alexander Zajogin vom FC Bayern München durfte sich über eine IM-Norm freuen. Neben den Geldpreisen für die Sieger wurde unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Vielzahl an Sachpreisen von Chessbase verlost.
Rg. | Name | EloI | Pkt. | Wtg1 | |
1 | GM | Adly Ahmed | 2625 | 7,5 | 2448 |
2 | GM | Kulaots Kaido | 2573 | 7,5 | 2442 |
3 | GM | Sandipan Chanda | 2555 | 7,5 | 2384 |
4 | GM | Heberla Bartlomiej | 2551 | 7,5 | 2227 |
5 | FM | Esipenko Andrey | 2551 | 7,0 | 2450 |
6 | GM | Kveinys Aloyzas | 2535 | 7,0 | 2428 |
7 | GM | Gopal G.N. | 2589 | 7,0 | 2403 |
8 | GM | Xu Yinglun | 2526 | 7,0 | 2378 |
9 | IM | Li Di | 2459 | 7,0 | 2371 |
10 | GM | Iturrizaga Bonelli Eduardo | 2665 | 7,0 | 2362 |
11 | IM | Mons Leon | 2500 | 7,0 | 2355 |
12 | GM | Jumabayev Rinat | 2603 | 7,0 | 2326 |
13 | GM | Postny Evgeny | 2569 | 7,0 | 2325 |
14 | IM | Dann Matthias | 2506 | 7,0 | 2324 |
15 | GM | Fier Alexandr | 2573 | 7,0 | 2285 |
16 | GM | Zubov Alexander | 2623 | 7,0 | 2263 |
17 | IM | Donchenko Anatoly | 2301 | 7,0 | 2209 |
18 | IM | Xu Yi | 2439 | 7,0 | 2173 |
19 | GM | Romanov Evgeny | 2626 | 6,5 | 2450 |
20 | GM | Korobov Anton | 2652 | 6,5 | 2435 |
21 | GM | Ruck Robert | 2533 | 6,5 | 2390 |
22 | GM | Peralta Fernando | 2551 | 6,5 | 2362 |
23 | GM | Antal Gergely | 2529 | 6,5 | 2346 |
24 | Henderson De La Fuente Lance | 2410 | 6,5 | 2335 | |
25 | GM | Womacka Mathias | 2434 | 6,5 | 2329 |
26 | Zajogin Alexander | 2409 | 6,5 | 2321 | |
27 | IM | Baldauf Marco | 2483 | 6,5 | 2301 |
28 | IM | Zysk Robert | 2400 | 6,5 | 2295 |
29 | IM | Chu Wei Chao | 2340 | 6,5 | 2280 |
30 | GM | Huschenbeth Niclas | 2596 | 6,5 | 2261 |
31 | FM | Forchert Martin | 2362 | 6,5 | 2233 |
32 | GM | Nikolov Momchil | 2561 | 6,5 | 2194 |
33 | FM | Bezemer Arno | 2306 | 6,5 | 2183 |
34 | IM | Zude Arno | 2370 | 6,5 | 2180 |
35 | IM | Köpke Christian | 2290 | 6,5 | 2176 |
36 | FM | Wacker Peter | 2323 | 6,5 | 2173 |
37 | FM | Schnepp Gunnar | 2349 | 6,5 | 2162 |
38 | FM | Weber Ulrich | 2357 | 6,5 | 2145 |
39 | FM | Schneider Jana | 2208 | 6,5 | 2139 |
40 | GM | Hoffmann Michael | 2462 | 6,5 | 2134 |
... 484 Teilnehmerinnen und Teilnehmer