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Olympische Nebengeräusche
Der augenfälligste Unterschied der Schacholympiade in Istanbul zu der in Khanty-Mansiysk ist aus deutscher Sicht der, dass die Männermannschaft des DSB in der Setzrangliste auf dem gewohnten vorderen Rang geführt wird, nämlich als Vierzehnter. Vor zwei Jahren konnten die Unstimmigkeiten mit den Spielern in Bezug auf die Höhe der Antrittsgelder und die Trainingsbedingungen nicht gelöst werden und der DSB spielte mit einer Nachwuchsmannschaft, die als 42te startete und am Ende 64te wurde. Danach hat man sich noch einmal zusammen gesetzt, für die Europameisterschaft im letzten Jahr das beste Team nominiert und mit Rustam Kasimdzhanov einen Zusatztrainer engagiert, der bei den Eröffnungsvorbereitungen half. Mit dem bestmöglichen Erfolg: Die deutsche Mannschaft lief zu großer Form auf und wurde sensationell Europameister.
Der Spielsaal
Die großartige Leistungen bei der Europameisterschaft hat die Erwartungen bei einigen Schachfreunden, auch im Schachbund, hochgeschraubt. Irgendwo konnte vom sechsten Platz als "Zielvorgabe" lesen. Nur: Vor Deutschland, mit einem Eloschnitt von 2667, liegen nominell dreizehn andere Mannschaften mit noch besseren Elowerten und die nachfolgenden Teams sind auch nicht klar schlechter. Zudem kann ein einziger unglücklicher Wettkampf zum Ende des Turnier in einem Feld von 155 Mannschaften schon einen Unterschied von zehn Plätzen ausmachen.
Ali Nihat Yazici, Kirsan Ilyumzhinov, der türkische Sportminister Suat Kılıç
Olympisches Flair
Eröffnungsfolklore
Bundestrainer Uwe Bönsch hat Arkadij Naiditsch, Igor Khenkin, Georg Meier, Daniel Fridman und Jan Gustafsson aufgeboten. Das sind fast die ersten fünf Spieler der deutschen Elorangliste. Tatsächlich hätte Leonid Kritz mit 2613 noch drei Pünktchen mehr auf dem Elokonto gehabt als Jan Gustafsson. Es ist allerdings Gustafssons schlechteste Elo-Wertung seit vier Jahren und der Bundestrainer setzt wohl darauf, dass sein "Stammspieler" hier nur ein Formtief durchschritten hat. Zudem ist der Hamburger normalerweise ein sicherer Spieler, muss aber mit seinem deprimierenden Ergebnis von Dortmund fertig werden, wo er Letzter wurde.
Bemerkenswert ist die Nominierung von Arkadij Naiditsch. Dessen Leistung als unangefochten bester deutscher Spieler steht außerhalb jeder Diskussion. Mit kompromisslosem Spiel geht der Dortmunder meist aufs Ganze. Auch sonst pflegt er einen kraftvollen Stil, der aber nicht überall gut ankommt.
Arkadij Naiditsch
Mit kritischen Tönen gegenüber dem DSB ließ er nach dem Gewinn der Europameisterschaft den Disput mit dem DSB neu aufflammen. Den in einer Regionalzeitung hingeworfenen Fehdehandschuh nahm der Schachbund begierig auf und trug seinen Teil bei. Naiditsch flog zwischenzeitlich aus der Mannschaft. Anscheinend hat man sich nun wieder zusammengerauft - was der Spielstärke des Teams natürlich nur nutzt. Mit Igor Khenkin an Brett zwei findet man einen Spieler, der vom Bundestrainer nach Dresden nicht mehr berücksichtig wurde. Khenkin ist ein sehr solider Großmeister, dem allerdings auch eine gewisse Ängstlichkeit vorgeworfen wird. Diese hat er nicht immer unter Kontrolle und ist so - offenbar manchmal auch gegen Anweisungen der Mannschaftsleitung - gelegentlich zu schnell mit einer Punkteteilung zufrieden. Vielleicht hat er das nun besser unter Kontrolle, vielleicht hilft ihm die Regel, wonach Remisen vor dem 30sten Zug untersagt sind - jedenfalls hat er zuletzt an die 40 Elopunkte gewonnen. Da kann der Bundestrainer kaum an ihm weiter vorbei gehen und so nimmt Khenkin den Platz an Brett Zwei ein. Georg Meier, inzwischen Student an der Texas Tech Universität in den USA, und Daniel Fridman, beide ebenfalls Stammspieler, komplettieren die Mannschaft.
Favorit des Turniers ist wie immer die russische Mannschaft, die diesmal mit Kramnik, Grischuk, Karjakin, Tomashevsky und Jakovenko aufläuft. Es fehlen Morozevich und Svidler.
Grischuk, Karjakin, Tomashevsky mit Trainer Dokhojan
Grischuk, im Streetfighter Outfit, begrüßt die Krawattenträger
Nach dem Auseinaderfallen der UdSSR 1990 hat die Mannschaft Russlands als erster Nachfolger des Dauersiegers UdSSR sieben Mal die Goldmedaille gewonnen, zuletzt 2002 in Bled - doch dann riss die Erfolgsserie. Stattdessen gewannen die Ukraine (2004, 2010) und Armenien (2006, 2008). Vor zwei Jahren gab es im eigenen Land für das russische Team auch nur Silber.
Hinter Russland belegen die Ukraine und Armenien die nächsten Plätze der Setzliste.
Ukraine
Armenien
Ungarn, die USA, China und Aserbeidschan werden ebenfalls ein Wort mitreden, wenn es um die Verteilung der Medaillen geht, wobei Aserbaidschan ohne Gashimov spielt. Bei Frankreich, Nummer Acht der Setzliste, fehlt Sebastien Feller, der vor bei der Schacholympiade vor zwei Jahren, aber nicht nur dort, mit Hilfe von Trainer Hauchard, Gehilfe Marzolo und spielstarken Schachprogrammen den Preis als bester Spieler an Brett fünf ergaunerte. Feller und Freunde sind nun definitiv gesperrt. Der französische Verband hatte den Vorfall öffentlich gemacht, die Spieler gesperrt und sich dabei tapfer gegen Zivilgerichte und eine falsch verstandene Solidarität bei einigen Schachfreunden durchgesetzt. Die FIDE hat sich dem Verdikt angeschlossen. In Istanbul herrschen nun deutlich strengere Verhaltenregeln und die Technische Kommission der FIDE wird sich mit dem Problem des "Cheatings" auf ihrer Sitzung beschäftigen.
FIDE-Präsidium beim Captain's Meeting
Georgios Makropoulos
Ignatius Leong
Werner Stubenvoll
Die CaptaIns
Sebastian Siebrecht im Abenteurer-Look
Im Frauenturnier hat China Titelverteidiger Russland in der Setzrangliste überholt. Die Chinesinnen haben beim Eloschnitt 31 Punkte zugelegt, die Russinnen, die vor zwei Jahren noch mit einem Schnitt von 2536 zu Buche standen, haben einige Punkte verloren.
China
Russland
Georgien, die Ukraine, die USA und Indien (!) belegen die folgenden Plätze der Startrangliste. Die deutschen Frauen werden als Neunte geführt. Mit Tetyana Melamed gibt es einen Neuling im deutschen Team, Elena Levushkina hat schon bei der letzten Olympiade für Deutschland gespielt. Elisabeth Pähtz, die als Mitarbeiterin des türkischen Schachverbandes diesmal ja keine so weite Anreise zur Schacholympiade hatte, Melanie Ohme und Marta Michna sind bekannte Größen der deutschen Frauen-Nationalmannschaft.
Nastja Karlovich mit Freundin, David Llada
Topfavorit China
Im Vorfeld der Schacholympiade Istanbul sorgte die FIDE für reichlich Missstimmung - Nachbeben der letzten FIDE-Präsidiumswahl. Das Team Karpov-Kasparov trat vor zwei Jahren gegen den Amtsinhaber Kirsan Ilyumzhinov an und dabei wurde mit harten Bandagen gekämpft. Der deutsche Schachbund ließ sich von Karpov in den Wahlkampf einbinden und platzierte zusammen mit anderen Verbänden am Sportgerichtshof in Lausanne eine Klage, bei der die Rechtmäßigkeit von des Kalmücken in Zweifel gezogen wurde. Der FIDE-Präsident, bzw. das FIDE-Präsidium gewann die Auseinandersetzung, gab aber enorme Summen, nämlich insgesamt eine Millionen USD, für anwaltliche Gutachten aus. Das Geld möchte sie gerne von den Verbänden zurück haben.
Ilyumzhinov, Makropoulos
Karlovich, Yazici
Ali Nihat Yazici, Vizepräsident der FIDE und Getreuer Ilyumzhinovs, hat nun bei der Ausrichtung "seiner" Schacholympiade die Funktionäre der Verbände von Deutschland, der Schweiz, der USA, der Ukraine und Frankreichs, sowie wegen eines anderen Rechtsstreites Georgiens und Englands ausgeschlossen. Schiedsrichter aus den betreffenden Ländern wurden nicht eingeladen. angeblich will er die betreffenden Verbände sogar aus der FIDE ausschließen lassen : "Gens una sumus!"
Auch sonst gab die Organisation die Schacholympiade 2012, die zum zweiten Mal nach 2000 in Istanbul stattfindet, bisher nicht so richtig Anlass zum Jubeln. Hohe Startgelder, übertrieben hohe Einzelzimmerzuschläge und hohe Kosten für Zusatzzimmer für Funktionäre sorgten für Proteste einiger Verbände. Der französische Verband erwog zeitweise ernsthaft einen Verzicht auf die Teilnahme. Melanie Ohme beklagt in ihrem Olympiatagebuch, dass die Abzocke auch vor den Spielern nicht Halt macht. Diese dürfen z.B. keine Getränke zur Partie mitbringen und müssen stattdessen ihr Wasser kaufen. Der Preis von 50 Cent für einen halben Liter ist für europäische Maßstäbe gering, für Spieler vieler anderer Länder jedoch nicht. Wenigstens hat man auf den im Hotel üblichen Tarif für Getränke verzichtet (ein Bier kostet acht Euro).
Das Angebot für die Schachfreunde in aller Welt ist jedoch gewohnt gut. Partien und Ergebnisse stehen live oder zeitnah zur Verfügung. Die Turnierseite bietet viele Bildeindrücke, Informationen und einen Videostream.