Opera Euro Rapid: Carlsen gewinnt Vorrunde vor Giri

von André Schulz
09.02.2021 – Am letzten Tag der Vorrunde des Opera Euro Rapids wurde Magnus Carslen nach Punkten noch von Anish Giri eingeholt, bleib aber nach Zweitwertung an der Spitze. Acht Spieler haben sich für die K.0.-Runde qualifiziert. Matthias Blübaum hat es nicht geschafft. Auch Hikaru Nakamura verpasste knapp die Qualifikation.

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Vom Brett an den Bildschirm

Schach, Schach, Schach: Die weltweite Corona Pandemie hat für die vielen Schachprofis, die es überall gibt, ganz unterschiedliche Auswirkungen. Online Schach spielen kann jeder, aber nur wenige bekommen dafür auch Geld. Schach wurde bald nach ihrem Beginn hat die Corona-Krise das Schach in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt, denn während viele Sportarten nun überhaupt nicht mehr stattfinden konnten, mutierte das Turnierschach zum eSport. Die Plattformen waren schon da, die Strukturen ansatzweise auch oder wurden ausgebaut. Die internationalen Verbände, nationalen Verbände und die Vereine organisierten Turniere oder machten andere Online-Angebote.

Beschäftigung für die vielen Schachanhänger ist das eine, Schach zum Broterwerb das andere. Es gibt auch Angebote für professionelles Schach nach traditionellem Muster, in einer Online-Version. Doch davon profitieren nur wenige. Dafür gibt es neben dem Argument der notwendigen Spielstärke auch noch einen anderen Grund. Über allen Online-Turnieren schwebt nämlich das Damoklesschwert des Computer-Cheatings. Im letzten Herbst gab es eine Vielzahl von Online-Schachangeboten, doch kaum ein Turnier blieb ohne Cheating-Fall: Spieler, die meinten, sie müssten ihrem Spiel mit Computerzügen auf die Sprünge helfen. Die Spielstärke der enttarnten Betrüger reicht bis tief ins Großmeister-Niveau hinein. Und jeder Cheating-Fall, naturgemäß erst im Nachhinein zu entdecken, stört und zerstört ein Turnier, denn er hat zu irregulären Ergebnissen geführt, die sich im Nachhinein kaum korrigieren lassen.

Das ist sicher auch einer der guten Gründe, warum bei der Meltwater Champions Chess Tour im Prinzip immer die gleichen Spieler an der Maus sitzen. Man muss sich darauf verlassen können, dass alle Spieler als Ehrenleute auf jede Form von Computerhilfe verzichten. Und das sind die Teilnehmer der Champions Chess Tour alle: Ehrenleute, die mit ehrlichen Mitteln um Punkt, Sieg und Platz kämpfen. Und deswegen macht das Zuschauen auch Spaß. Und ein paar neue Gesichter gibt es ja auch immer wieder.

Zu den Organisatoren, die sich von der Corona -Krise nicht abschrecken ließen, gehörten die Macher des Tata Steel Turniers. Sie führten ihr Masters-Turnier durch, auch wenn die äußeren Bedingungen nicht so toll waren. Ein paar der Spieler, die dort aktiv waren, eilten vom holländischen Fischerdörfchen zurück an den heimischen Bildschirm, um auch gleich am Opera Euro Rapid Turnier teilzunehmen. Zu denen gehört in erster Linie der Weltmeister. Man fragt sich, wann Magnus Carlsen je etwas den Spaß am Schach verlieren wird. Mit Anish Giri, Maxime Vachier-Lagrave und Jan-Krzyszof Duda spielen beim Opera Euro Rapid noch einige weitere Spieler mit, die kurz zuvor in Wijk noch am Holzbrett saßen.

Das Opera-Turnier läuft nach bewährtem Muster. Zunächst wird eine Vorrunde im Modus jeder gegen jeden ausgetragen, dann setzten die besten acht Spieler den Wettbewerb im K.o.-Modus fort.

Magnus Carlsen, in Wijk diesmal nicht so erfolgreich, war hier wieder Chef im Ring. Er startete zwar mit einer Niederlage gegen Wesley So, legte dann aber eine Siegesserie hin und übernahm die Führung in der Tabelle. Die gab er auch nicht mehr her. Am letzten Spieltag schaffte es der formstarke Anish Giri aber noch, Carlsen einzuholen. In der Zweitwertung blieb Carlsen vorne.

Als erste Zweitwertung wurde der direkte Vergleich herangezogen, dann die höhere Anzahl von Siegen. Hinter Carlsen und Giri qualifizierten sich Wesley So, Levon Aronian, von dem das Gerücht umgeht, er wolle vielleicht in den US-Verband wechseln, Maxime Vachier-Lagrave, Jan-Krzysztof Duda, Teimour Radjabov und schließlich Daniil Dubov für die K.o.-Runde. Der mit Dubov punkgleiche Hikaru Nakamura verpasste die Qualifikation wegen der schlechteren Zweitwertung.

Die deutschen Schachfreunde freuten sich über die Teilnahme von Matthias Blübaum. Der deutsche Spitzenspieler schnupperte an der Weltspitze und lieferte packende Partien. Man merkt, dass er nicht weit von den besten Schachspielern der Welt entfernet ist. Es sind Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Blübaum wurde Vorletzter vor Ding Liren, der in China wohl wieder mit der Technik und Verbindungsproblemen zu kämpfen hatte,

In Runde 11 hatte Carlsen gegen Vidit das Glück des Tüchtigen.

 

23.Sd3 [Weiß steht besser und droht Wegnehmen auf c5. Dagegen gibt es eigentlich keine Verteidigung.]

23...cxd4? 24.Sxd4? [Stattdessen konnte Weiß in Vorteil kommen, mit 24.Lc6! Lxc6 25.Txc6+ Txc6 26.Txc6+ Kg7 27.Sxd4 Tb8 28.Tc7+ Kg8 29.Sc6 Te8 30.Tb7 mit Materialgewinn und überlegener Stellung.]

24...Txc2 [Nun ist alles wieder OK für Schwarz.]

25.Txc2 Tc8 26.Txc8 Lxc8 27.Lc6 Sc3 28.b4 [28.Kg2=]

28...Se6 29.Sb3?! [29.bxa5 bxa5 30.Sb3 Sd8 31.Sxa5 Sxc6 32.Sxc6 Sxa4=]

29...Sd8 [Der Läufer wird auf ein schlechtes Feld gezwungen.]

30.La8 La6 31.Sf4 axb4 32.Sxd5+ Sxd5 33.Lxd5 Se6 34.a5 bxa5 35.Sxa5 Sc5 36.f4? [Nach 36.f3 hielte sich der Schaden noch in Grenzen.]

36...Lb5? [Verliert ein Tempo. 36...Lc8 37.Kf2 Le6 38.Lxe6 (38.Lc6 b3) 38...Kxe6 39.Ke2 Kd5 und gewinnt.]

37.Kf2 Ld7 38.e4? [38.Ke2 mit Remischancen; 38...Le6 39.Lc6 b3 40.Kd2 reicht nun nicht, denn hier ist der weiße König näher dran als in der Gewinnvariante oben.]

38...fxe4 39.Ke3 Le6 40.Lxe6 Kxe6 41.Kd4 b3 42.Sc4 Sa4 0–1

Das Endspiel hat sich auch Karsten Müller gründlich angesehen (s. unten).

In Runde 12 zerlegte Levon Aronian Ian Nepomniachtchis Grünfeld-Verteidigung auf positionelle Weise.

 

Schwarz steht extrem schlecht, wie Weiß hier mit einfachen Mitteln nachweist. 19.Txc8+ Lxc8 20.Lb8 [Die schwarzen Bauern am Damenflügel werden zum Angriffsobjekt.]

20...Sc4+ [20...a6 21.Lc7 Sc4+ 22.Kc3]

21.Kc3 Sd6 22.Lc6 a6 23.a4 Lf5 [23...b5!? bot bessere Remischancen, z.B. 24.Lxd6 exd6 25.axb5 axb5 26.Lxb5]

24.Sd2 Lf8 25.e4 Lc8 26.Lxd6 exd6 27.Sc4 [27.Sc4 b5 28.Sb6! und der Läufer geht verloren.] 1–0

Ganz unverwundbar war Magnus Carlsen nicht. Gegen Ding Liren zog der Weltmeister in Runde 13 in einer scharfen Partie den Kürzeren.

 

Eine typische Stellung aus der Damen-oder Nimzoindischen Verteidigung, wenn Weiß Lg5 zieht.

11.Sd2 g5 12.Lg3 h5 13.h3 [13.h4 Sg4 14.Sf3 gxh4 15.Sxh4 (15.Lxh4? Lxf3) 15...Dg5 gefolgt von 0–0–0. Schwarz steht gut]

13...h4 14.Lh2 g4 [14...Tg8!?]

15.hxg4 h3 16.g3 Tg8 17.f3 [Weiß hält die Reihen geschlossen und den Mehrbauern fest. Der Lh2 ist dafür im Moment kalt gestellt.]

17...De7 18.e4 0–0–0 19.Tf2 Sh7 20.a4 a5 21.Tb1 Tde8 22.Sf1 f5 [Linienöffnung um jeden Preis, heißt das Motto.]

23.exf5 exf5 24.Lxf5 Sg5 25.c5? [25.f4!? Se4 26.Te2 Df7 27.Dc2+– hält den Vorteil fest.]

25...Kb8? [Nach 25...dxc5 geht es für Weiß nicht recht weiter, z.B. 26.dxc5 (26.d5 c4) 26...Tgf8 27.Lxd7+ Dxd7 28.Dxd7+ Kxd7 29.Sd2 Txf3]

26.cxb6 Sxb6 27.d5 La6 28.Dd4 Ka7 [Besser 28...Dg7]

29.f4 Se4 [29...Sf7 30.Tfb2+–]

30.Te1 Sxf2 [Gibt die Dame für Turm und Leichtfigur, mit der vagen Idee eines Mattmotivs, aber die Partie ist gelaufen.]

31.Txe7 Txe7 32.Kxf2 Te2+ 33.Kf3 [Schwarz hatte vielleicht auf 33.Kg1 Tg2+ 34.Kh1 Lxf1 gehofft.]

33...Tge8 34.Ld3 Lxd3 35.Dxd3 Tg2 36.g5 [Öffnet dem König auch ein Fluchtfeld auf g4, womit auch der Traum T8e2 und Tgf2 hinfällig wird.] 1–0

Endspielanalysen von Karsten Müller

 

 

Endspiele von Fischer bis Carlsen

Lassen Sie sich vom Endspielexperten Dr. Karsten Müller die Finessen der Weltmeister präsentieren und erklären.

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Ergebnisse des 3. Tages

Runde 11

 

Runde 12

 

Runde 13

 

Runde 14

 

Runde 15

 

Endstand Vorrunde

Rk. Name  TB1 
1 Carlsen Magnus 9,5
2 Giri Anish 9,5
3 So Wesley 9,0
4 Aronian Levon 8,5
5 Vachier-Lagrave Maxime 8,5
6 Duda Jan-Krzysztof 8,0
7 Radjabov Teimour 8,0
8 Dubov Daniil 7,5
9 Nakamura Hikaru 7,5
10 Shankland Sam 7,0
11 Nepomniachtchi Ian 7,0
12 Vidit Santosh Gujrathi 6,5
13 Dominguez Perez Leinier 6,5
14 Grischuk Alexander 6,5
15 Bluebaum Matthias 5,5
16 Ding Liren 5,0

Partien Vorrunde

 

Offizielle Seite...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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