Rapid- und Blitz-Team-WM: Rapport fegt Carlsen vom Brett

von Stefan Liebig
03.08.2024 – Die Runde 4 hatte es in sich: Richard Rapport feiert ein Schwarzsieg gegen Magnus Carlsen in 22 Zügen und sein Team schlägt das des Ex-Weltmeisters mit 5:1.

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Die zweite Ausgabe der Schnellschach-Mannschaftsweltmeisterschaft starte am Freitag in Astana gleich mit mehreren überraschenden Ergebnissen. Die dickste Sensation war aber sicher die 22-Züge-Niederlage von Schnell- und Blitzschachweltmeister Magnus Carlsen mit den weißen Steinen gegen Richard Rapport. Carlsen geriet schon in der Eröffnung in eine sehr unangenehme Stellung. Sein König blieb bis zum Ende der Partie im Zentrum gefangen, nachdem Carlsen die Chance zur Rochade mehrfach verstreichen ließ. Im 15. Zug hatte Carlsen nur noch zwei Minuten Zeit, während Rapport noch ein komfortables Zeitpolster auf der Uhr hatte. Der ungarische Topspieler witterte seine große Chance und ließ sie sich nicht entgehen. Carlsen gab nach nur 22 Zügen unter den staunenden Blicken unter anderem von dem an Brett 2 spielenden Ian Nepomniachtchi auf. Damit musste Carlsens Mannschaft und Titelverteidiger WR Chess eine sensationelle Niederlage gegen Chessy einstecken – 1:5!

Carlsen – hier in Runde 3 – ahnte noch nicht, was ihm gegen Rapport bevorsteht.

Carlsen und sein Team dürften froh gewesen sein, dass damit der erste Wettkampftag beendet war. Diese zweite Auflage, des im letzten Jahr von Wadim Rosenstein in Düsseldorf ins Leben gerufenen Wettbewerbs lockt viele Topspieler nach Kasachstan: Fünf der zehn besten Spieler der Welt nehmen daran teil, darunter Magnus Carlsen, Weltmeister Ding Liren und Vizeweltmeister Ian Nepomniachtchi. Der deutsche Topspieler Vincent Keymer und Wettbewerbserfinder Rosenstein sind ebenfalls aktiv.

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Turniererfinder Wadim Rosenstein ist auch am Brett.

Chessy an der Tabellenspitze

Nach dem ersten Tag ist Chessy unter der Leitung von GM Emil Sutovsky alleiniger Tabellenführer. Das Team hat alle vier Partien gewonnen. Das WR Chess Team, das 2023 die erste Schnellschachweltmeisterschaft in Düsseldorf gewann, liegt wegen der schmerzhaften und deftigen Niederlage gegen Chessy zwei Zähler hinter den Führenden. Dazwischen liegen das Decade China Team und Al-Ain ACMG UAE, die jeweils sieben Punkte verbuchen konnten.

Am ersten Turniertag in Astana sahen die Fans endlich wieder einen Ding Liren in guter Form.

Für Decade China geht auch der Weltmeister an den Start. In einem Interview am ersten Tag des Turniers sagte Ding Liren, er sei „sehr glücklich, wieder in Astana zu sein. Das letzte Mal, als ich hier war, habe ich den Weltmeisterschaftskampf gewonnen, also ist dies ein glücklicher Ort für mich“.

Nach Zweifeln an seinen jüngsten Leistungen sagte Ding, er sei hier, um anderen das Gegenteil zu beweisen: „Ich bin hierhergekommen, um einige Punkte zu gewinnen und mein Selbstvertrauen zurückzugewinnen.“ Am ersten Tag des Turniers gelang dies. Der zuletzt schwächelnde Champion erzielte er 3,5 Punkte aus vier Partien und schlug unter anderem Hans Niemann.

Die Runden im Einzelnen:

Runde 1

Jede Partie der ersten Runde endete mit einem Sieger. Der Favorit und Titelverteidiger WR Chess begann mit einem perfekten Ergebnis gegen die Kyrgyz Chess Academy. Ian Nepomniachtchi gewann eine Miniatur gegen GM Semetei Tologon Tegin in der ersten Partie des Turniers. Das neue Team, Decade China, zweiter in der Setzliste, erzielte 5,5 aus sechs.

Eine der Überraschungen der ersten Runde war die Niederlage von Daniil Dubov mit den weißen Steinen gegen GM Boris Grachev. Im Katalanischen hatte Dubov eine Figur für drei Bauern, machte aber mehrere Fehler, die es seinem Gegner ermöglichten, zu dominieren und zu gewinnen. Trotz der Niederlage ihres Spitzenspielers gewann das Team Al-Ain ACMG aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die drittbeste Mannschaft nach Rating, die Partie gegen die Mannschaft von GMs Kazakhstan mit 4:2. Ein weiteres überraschendes Ergebnis war die Niederlage von Hans Niemann als Weißer gegen Meylis Annaberdiyev, nachdem er in einem taktischen Endspiel einen Fehler gemacht hatte, obwohl er mehr Zeit auf der Uhr hatte.

Spielte nur zwei Partien an Tag 1: Vincent Keymer gewann gegen knapp 700 Punkte niedriger gerateten Kirgisen und verlor gegen den Usbeken Vakhidov Jakhongir (2501).

Runde 2

In der zweiten Runde kam es schon früh zu einem dramatischen Aufeinandertreffen einiger Spitzenteams. Chessy gewann die Partie gegen das FIDE-Vorstandsteam mit 4,5:1,5. Richard Rapport schlug dabei Nigel Short, der seine Dame einstellte, während der FIDE-Vertreter Al-Mudahka für eine Überraschung sorgte, indem er den 200 Punkte besser eingestuften GM Vidit Santosh Gujrathi mit den schwarzen Figuren besiegte, der in einer besseren Stellung einen Fehler machte.

Eine weitere Überraschung gelang dem jungen Team der Rookies mit einer durchschnittlichen Mannschaftswertung von 2271, das den Ashdod Chess Club mit 4:2 besiegte. Alle Schwergewichte im Ashdod-Team, darunter Sarin, Eljanov und Volokitin, verloren ihre Partien.

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Eine der spannendsten Partien der Runde war der knappe Sieg von WR Chess gegen Royal Chess, ein Team von Spitzenspielern des Olympiasiegers Usbekistan. Es begann schlecht für WR, mit frühen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Niederlagen für Vadim Rosenstein und Vincent Keymer. Doch Praggnanandhaa und Alexandra Kosteniuk glichen aus. Abdusattorov gewann an Brett zwei, und Nepomniachtchi gelang es, an Brett eins ein Remis zu sichern, was zu einem knappen 3,5:2,5-Sieg für WR Chess führte.

Decade China erzielte einen 6:0-Sieg gegen Astana. Am ersten Brett opferte Denis Makhnyov eine Figur gegen Weltmeister Ding Liren, konnte die Verteidigung des Weltmeisters aber nicht überwinden und verlor schließlich. Al-Ain ACMG aus den Vereinigten Arabischen Emiraten besiegte Teniz Kasachstan mit 5:1. Dubov war wieder in Schwierigkeiten und stand kurz vor der Niederlage, konnte die Partie aber in einem Springerendspiel retten.

Verlor in Runde 3 überraschend gegen Alexey Sarana: Praggnanandhaa Rameshbabu.

Runde 3

In der dritten Runde spielte Magnus Carlsen schließlich seine erste Partie im Match zwischen den 2023 World Rapid-Gewinnern WR und dem drittplatzierten Team MGD1. Carlsen überspielte den indischen Spitzenspieler Arjun Erigaisi, gewann einen Bauern und erzwang ein gewonnenes Bauernendspiel. Mit etwas Glück reichte es erneut zu einem Endergebnis von 3,5:2,5 für WR.

Decade China setzte seinen Weg souverän fort und besiegte GMHans.com mit 4:2. Eine große Überraschung in der Partie war die Niederlage von Yue Wang als Weißer gegen den 200 Punkte schlechter eingestuften Andrew Hong. Am zweiten Brett hatte der starke iranische GM Amin Tabatabaei eine dominante Stellung gegen den Chinesen Wei Yi, spielte aber falsch und verlor, was Decade China einen wichtigen Punkt einbrachte und das Match sicherte.

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Trotz der erneuten Niederlage von Vidit blieb Chessy in dieser Runde stark und besiegte die Knights of Chess aus Krakau mit 4:2. Al-Ain ACMG besiegte die Rookies mit 5:1, während Kazchess einen klaren Sieg gegen das ägyptische Team einfuhr, was sie auf den zweiten Platz katapultierte. Nach einer überraschenden Niederlage in der zweiten Runde meldete sich Ashdod Chess Club mit einem 5:1-Sieg gegen Astana-2 zurück. Nach drei Runden lagen fünf Mannschaften mit maximaler Punktzahl an der Spitze der Tabelle, wobei Decade China das Feld anführte.

Runde 4

Wie bereits geschildert, schlug Chessy den Titelverteidiger und Turnierfavoriten WR mit 5:1. Die Partie zwischen Al-Ain ACMG und Decade China endete mit einem 3:3. Es hätte jedoch auch anders kommen können: Ding Liren spielte den Katalanen gegen Dubov und hatte am Ende einen Bauern mehr und eine sehr komfortable Stellung, nachdem er eine Abtauschvariante geopfert hatte. Wie Irina Krush und Peter Leko, die das Ereignis kommentierten, feststellten, „ist dies der Ding Liren, den die Welt sehen will“. Als die Partie jedoch fortschritt und in ihre kritische Phase eintrat, akzeptierte Ding überraschenderweise ein Remisangebot.

Von den anderen Spitzenteams besiegte MGD1 Kazchess mit 4,5:1,5. Die beiden Schwergewichte Mamedyarov und Grischuk verloren, und nur Peter Svidler konnte am Spitzenbrett einen Sieg für Kazchess verbuchen. Der Ashdod Chess Club erzielte einen weiteren beeindruckenden Sieg, indem er das Team des FIDE-Vorstands mit 5:1 besiegte.

Für die Tabelle nach dem ersten Tag hier klicken

Einzelergebnisse der Spieler:

Tag zwei der Schnellschach-Mannschaftsweltmeisterschaft

Der zweite Tag der Schnellschach-Mannschaftsweltmeisterschaft mit den Runden 5 bis 8 findet heute, am Samstag, 3. August, ab 11.30 Uhr MESZ statt.

Offizielle Turnierseite...

Ergebnisse bei Chess-results...

Alle Fotos: FIDE/Emelianova


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat in das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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