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Hätte sich vergangenes Jahr Fabiano Caruana nicht auf einen Höhenflug begeben, der ihn bis ins WM-Match trug, die Wahl des "Spielers des Jahres" wäre eine leichte gewesen. Wer, wenn nicht Sam Shankland? Auch der erlebte einen Höhenflug, der ihn aus den Top 100 bis an die Top 20 der Welt heranführte und zum US-Meister machte – vor Caruana, Nakamura, So und anderen Schwergewichten des königlichen Denksports. "Captain America" tauften sie ihn nach diesem Erfolg.
Shankland hat längst gezeigt, dass er keine Eintagsfliege ist, unter anderem in der Meistergruppe des Tata-Steel-Turniers Anfang 2019 in Wijk an Zee. Und er will mehr.
Sam Shankland zeigt den Schachfreunden aus Los Angeles seine Partie gegen Awonder Liang.
Diese Partie kannten wir am Bodensee zum Glück schon in- und auswendig, weil sie Teil unserer Eröffnungsübersicht zur Caro-Kann-Abtauschvariante ist. Darum haben wir vorgespult, um zu gucken, was noch kommt, und am Ende des Videos ein fantastisches Schachgespräch mit Sam Shankland gefunden, das uns sonst womöglich entgangen wäre.
Weltmeister werden. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werde ich dieses Ziel verfehlen, weil Magnus dermaßen gut ist und ich mit vielen anderen sehr starken Spielern im Wettbewerb stehe. Andererseits könnte ich sogar garantieren, dass ich dieses Ziel verfehle, wenn ich es nicht zumindest mit allem, was ich habe, versuche. Nur indem ich mir das höchstmögliche Ziel setze, kann ich sicherstellen, dass ich das Maximum aus mir heraushole. Wenn ich es mit dem Ziel "Weltmeistertitel" am Ende zur Nummer fünf der Welt bringe, dann wird mich das zu einem glücklicheren Menschen machen, als wenn ich mir "Top Ten" als Ziel setze, Nummer zehn werde, aber insgeheim spüre, dass mehr drin gewesen wäre.
Das Kandidatenturnier zu gewinnen, wäre der zweite Schritt eines Drei-Punkte-Plans, Weltmeister zu werden. Vorher Schritt eins: dafür qualifizieren. Das kann ich sogar schon 2020 per Grand Swiss oder World Cup schaffen, es ist in Reichweite, aber dafür brauche ich einen Wahnsinnslauf. Allemal gibt es ein Universum, in dem ich schon beim nächsten Kandidatenturnier mitspiele.
Schach hat mich gelehrt, Schläge einzustecken und weiterzukämpfen. Allerdings nicht zu Beginn, da flog es mir zu. Ich bin ohne große Sorgen und wohlbehütet aufgewachsen. Beim Schach war ich immer sehr talentiert und wurde schnell stärker. Große Herausforderungen gab es da nicht. Aber als ich es dann endlich mit richtig guten Gegenspielern zu tun bekam, habe ich gelernt, dass dich Niederlagen nicht umwerfen dürfen. Wenn du Rückschläge bei etwas erfährst, dass du mit so großer Leidenschaft betreibst, wenn du Ziele verfehlst, dann tut das weh. Aber du musst weiterkämpfen, nicht den Kopf in den Sand stecken.
"Habe mich zum Gespött der Schachwelt gemacht" | Schlussstellung der Partie Giri-Shankland, Wijk aan Zee 2019
Nachdem Anish Giri in der 11. Runde des Tata-Steel-Chess 45.b6 gezogen hatte, gab Sam Shankland auf. Weiß holt sich den Sh3 ab, dann marschiert er zum Damenflügel. Nur kann er dort nicht durchbrechen. Die Stellung ist remis. "Vor ein paar Jahren wäre ich nach so einem Tiefschlag kollabiert", sagt Shankland. In Wijk an Zee gewann er die beiden Partien nach dieser: "Vor Wut habe ich meinen Gegnern den Kopf abgerissen."
Wie stabil ich in dieser Hinsicht geworden bin, habe ich neulich beim TataSteel-Turnier in Wijk gezeigt, nachdem ich gegen Anish Giri den peinlichsten Moment meiner Karriere durchlebt hatte, eine Remisstellung aufgegeben. Jeder Beobachter und sein Computer hatte gesehen, dass die Stellung remis ist. In so einem Spot aufzugeben, hat mich zum Gespött der Schachwelt gemacht.
Der junge Sam Shankland wäre nach so einem Tiefschlag einfach kollabiert. Aber ich bin härter geworden, ich kann so etwas jetzt wegstecken. Meinen nächsten beiden Gegnern (Nepomniachtchi und Kramnik) habe ich vor Wut einfach den Kopf abgerissen. Das galt speziell für Ian Nepomniachtchi, der früh in der Partie viel Risiko nahm. Eine verständliche Entscheidung gegen jemanden wie mich, der vermeintlich angeschlagen ist. Mich vor ein paar Jahren hätte er wahrscheinlich auch geschlagen. Aber dafür bin ich jetzt zu stabil. Ich habe ihn umgehauen, nicht andersherum. Diese Charakterstärke hat mich Schach gelehrt, das ist mir nicht zugeflogen. Ich war nicht immer so.
Wenn man besser wird, bedeutet das ja, dass funktioniert, was man tut. Deswegen habe ich an meinem Training in der jüngsten Vergangenheit nicht viel geändert. Ich muss eher aufpassen, mich nicht selbstzufrieden zurückzulehnen, das gilt besonders jetzt, da ich auf einmal einen Haufen Geld mit Schach verdiene. Aber zum Glück treiben mich vor allem Leidenschaft und Ehrgeiz an. Ich nehme jetzt nicht den Fuß vom Gas, nur weil ich komfortabler lebe als zuvor. Das bin ich nicht.
Laptop aufklappen, neue Partien checken ist das erste, was ich morgens tue. Im Lauf des Tages werde ich dann eine Menge Kalkulationstraining machen und an meinen Eröffnungen arbeiten. Letzteres gilt vor allem, wenn ich morgens herausgefunden habe, dass es für mein Repertoire relevante Entwicklungen gegeben hat. Mal wird ein Schachkollege zum Training zu mir kommen, mal werde ich nach Asien oder Europa reisen, um mit jemandem zu trainieren. Viel Arbeit, aber für mich lohnt sie sich bislang. Für denjenigen, der viel arbeitet, ist wichtig, nicht ungeduldig zu werden. Harte Arbeit zahlt sich aus, aber das geht meistens nicht so schnell, wie wir uns das wünschen.
Ernsthaftes Rechentraining habe ich begonnen, als ich anfing, mit meinem großartigen Trainer Jacob Aagaard zu arbeiten. Vorher hatte ich das nicht viel trainiert, weil ich ja zu wissen glaubte, dass ich sehr gut rechne. Nur war das leider falsch. Ich war kein guter Rechner, auch wenn ich das dachte. Erst als Jacob mir gezeigt hat, wie viel es zu lernen gibt, wie viel besser ich werden könnte, habe ich verstanden, wie schlecht ich bin und wie schlecht alle anderen sind. Wenn ich lernen könnte, was er mir anbot, dann würde ich einen Riesensprung machen. Und dann habe ich beschlossen, härter Kalkulation zu trainieren als jeder andere, die wichtigste Fähigkeit im Schach überhaupt. Führ dir vor Augen, warum Computer so viel besser sind als Menschen: sie rechnen besser, so einfach ist das. Ich bereue mittlerweile, mit diesem Training nicht viel eher angefangen zu haben.
Generell glaube ich, dass Schachspieler gezielt an ihren Schwächen arbeiten sollten. Lass mich ein bisschen ausholen, um zu erklären, warum das so ist: Nehmen wir an, jemand hat ein Rating von 1.900, dann repräsentiert diese Zahl den Durchschnitt der vielen verschiedenen Fähigkeiten, die sein Schach ausmachen. Vielleicht ist er taktisch ein Riese, ein Patzer im Endspiel – oder andersherum. Mein Ansatz ist, dass man spezifisch die Bereiche trainieren sollte, in denen man am schwächsten ist, weil sie sich in der Praxis nicht vermeiden lassen. Im Schach musst du ja jede Stellung spielen, die vor dir auftaucht.
Im Fußball zum Beispiel ist das anders: Wenn du super dribbeln kannst, einen tollen Schuss hast und ein perfektes Passspiel, aber zwei linke Hände, super – außer du wirst Torwart! Fußballer können sich aussuchen, nicht Torwart zu werden, Schachspieler haben so eine Wahl nicht. Auf dem Brett begegnet dir zwangsläufig auch das, was du nicht gut kannst. Und darum solltest du gezielt daran arbeiten. Nehmen wir wieder unseren 1.900er: Wenn der taktisch 2.100 hat und 1.700 in Endspielen, würde ich ihm raten, das Endspiel zu studieren.
Mark Dvoretzki, Endgame Manual, überarbeitete und mit Siebensteiner-Tablebases geprüfte vierte Auflage.
Dvoretzkis "Endgame Manual" ist das mit Abstand beste Schachbuch, das ich je durchgearbeitet habe. Sehr fortgeschritten natürlich, aber Mark Dvoretzki, er ruhe in Frieden, war der beste Schachautor, den es je gegeben hat. Seine Werke überragen alle anderen. Daneben würde ich vielleicht noch die "Grandmaster Preparation"-Serie von Jacob Aagaard stehen lassen.
Bist du brillant geboren oder hast du härter gearbeitet als alle anderen? Solche Fragen werden wir nie zufriedenstellend beantworten können. Ich habe beschlossen, daran zu glauben, dass es vor allem auf Arbeit ankommt, weil mich das antreibt zu arbeiten. Andererseits gibt es natürliche Genies wie Magnus, dessen Gabe größer ist als alles, was ich mir vorstellen kann. Trotzdem lässt sich mit harter Arbeit viel erreichen. Wer sich einer Sache komplett verschreibt, egal welcher, der kann darin zu den Top 1 Prozent gehören. Für mehr bedarf es wahrscheinlich eines speziellen Talents. Beim Schach kann jeder FM, IM, vielleicht sogar GM werden, wenn er sein Leben darauf ausrichtet. Mehr als das? Ich weiß es nicht.
Wenn ich wüsste, wie Magnus der geworden ist, der er ist, wer weiß, vielleicht wäre ich jetzt schon Weltmeister. Magnus guckt aufs Brett, und er sieht sofort, welche Züge die kritischen sind. Gar nicht einmal, welches die besten sind, aber die kritischen. Und wenn er spielt, hat er diese Leichtigkeit, etwas Fischerhaftes. Es gibt ja diese Statistik, welche Supergroßmeister am häufigsten den Top-Computerzug ausführen, und da steht Magnus eher hinten. Aber wenn es darum geht, wer am häufigsten einen der Top-drei-Computerzüge spielt, dann steht Magnus vorne. Das zeigt, Magnus spielt gar nicht einmal bessere Züge als alle anderen, aber er spielt immer einen guten Zug, er macht weniger Fehler. Das hängt wahrscheinlich mit seinem fantastischen Schachgefühl zusammen. Allerdings muss ich ergänzen, der Kerl ist so viel besser als ich, da gelange ich an die Grenzen meiner Einsicht. Die Lücke zwischen der Nummer 24 der Welt, mir, und der Nummer 1, ihm, ist riesig. Welche Prozesse während einer Partie in Magnus‘ Kopf ablaufen, ist für mich kaum zu verstehen.
Die Krone im Visier: Sam Shankland. (Foto: Alina l’Ami/Tata Steel Chess)
Dieser Artikel erschien zuerst auf Conrad Schormanns Blog Perlen vom Bodensee. Nachveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.