Schach braucht Zuschauer - Interview mit A. Dvorkovich

von André Schulz
12.02.2020 – Im Hinblick auf das herannahende Kandidatenturnier in Jekaterinenburg führte die russische Iswestija ein Interview mit Arkady Dvorkovich. Der FIDE-Präsident nahm Stellung zu verschiedenen organisatorischen Fragen und Problemen und möchte mehr Zuschauer in die großen Schachevents eingebunden sehen. | Foto: Amruta Mokal

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Auf der Webseite der russischen Zeitung Iswestija erschien ein Interview mit Arkady Dvorkovich. Der FIDE-Präsident nahm hier zu verschiedenen organisatorischen Fragen bei der Durchführung der Frauen-Weltmeisterschaft und der Organisation des kommenden Kandidatenturniers Stellung, aber auch zu einigen anderen sportpolitischen Fragen.

"Schachweltmeisterschaften sollten nicht ohne Zuschauer ausgetragen werden", so lautet die Überschrift des Interviews in der Iswestija, und weiter: FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich - über Fehler bei der Organisation des Turniers, Coronavirus und die Aussichten von Spartak

Eine hochaktuelle Frage betrifft die Teilnahme der beiden chinesischen Großmeister Ding Liren und Wang Hao beim Kandidatenturnier in Jekatarinenburg, das Mitte beginnt. In China haben sich viele Menschen mit dem Corona-Virus infiziert und Russland hat seine Grenze nach China geschlossen. Wer nach Russland rein möchte, muss vorher zwei Wochen in Quarantäne verbringen.

Die FIDE ist aber laut Dvorkovich in engem Kontakt mit den beiden chinesischen Spielern und über deren Gesundheitszustand genauestens informiert. Die FIDE wird die beiden Chinesen bei der VISA-Erteilung unterstützen und Dvorkovich geht davon aus, dass es keine Schwierigkeiten gibt. 

Als Favoriten auf den Turniersieg sieht Dvorkovich aufgrund ihrer Elozahlen Fabiano Caruana, Ding Liren und die beiden Russen Ian Nepomniachtchi und Alexander Grischuk an. Aber auch von Wang Haos Performance in jüngster Zeit war Dvorkovich beeindruckt. 

Mit den zwei chinesischen Teilnehmern gibt es auch in China ein großes Interesse am Kandidatenturnier. Möglicherweise wird es einen speziellen chinesischen Kommentar mit Weltmeisterin Ju Wenjun geben.

Dvorkovich zeigte sich sehr zufrieden über die Zuschauerresonanz bei der Frauen-Weltmeisterschaftskampf zwischen Ju Wenjun und Aleksandra Goryachkina, der zur Hälfte in Shanghai und zur Hälfte in Wladiwostok stattfand. Bei der Online-Übertragung waren bis zu 23.000 Zuschauer gleichzeitig auf der offiziellen Seite der FIDE.

Am Anfang des Wettkampfes in Shanghai habe es jedoch technische Schwierigkeiten bei der Übertragung, weil die Organisatoren in China zu wenig Bandbreite dafür zur Verfügung hatten. Als Kommentatoren wirkten unter anderem Nigel Short und Yifan Hou. Mit diesen war Dvorkovich sehr zufrieden und lobte besonders den Einsatz von FIDE-Vizepräsident Nigel Short im Allgemeinen. Short sei ein wichtiges Verbindungsglied zu den westlichen Verbänden.

In Wladiwostok gab es eine Reihe von Rahmenveranstaltungen, aber trotzdem praktisch keine Zuschauer. Das lag laut Dvorkovich daran, das eine durchsichtige Lärmschutzwand hätte aufgestellt werden müssen. Dies sei abe rin der Kürze der Zeit nicht mehr zu bewerkstelligen gewesen. Wenige Tage zuvor hatte die FIDE beziehungsweise der Russische Schachverband noch die Blitz- und Rapid-WM in Moskau organisiert. In China hätte man das Match allerdings von Anfang an ohne Zuschauer geplant. Aus verschiedenen Fehlern bei der Organisation hätte die FIDE jedoch gelernt. Der Mangel oder Fehlen von Zuschauern vor Ort sei aber nicht erwünscht.

Außerdem nahm Dvorkovich, Organisator der Fußball-WM in Russland 2018, zum Gerücht Stellung, die WADA (Welt-Dopingagentur) würde Russland für die Teilnahmen an der Fußball-WM 2022 ausschließen. Laut Dvorkovich hätten die Fußballverbände FIFA und UEFA und die RUSADA (Russische Anti-Doping-Agentur) dies jedoch nicht bestätigt. Zwischen RUSADA und WADA sei zur Zeit auch noch ein Verfahren beim Schiedsgericht für Sport (CAS) anhängig.

Im Übrigen zeigte Dvorkovich im Interview sein großes Interesse an Sportveranstaltungen in den USA, im Besonderen Spiele der NHL und der NCCA. Dvorkovich hatte in den USA an der Duke University studiert und verfolgt immer noch intensiv die College-Basketballliga, speziell die Ergebnisse der Elite Eight Duke, und zeigte sich auch in Details ganz ausgezeichnet informiert. Zudem ist Dvorkovich Fan der Fußballmannschaft von Spartak Moskau. 

Das Original-Interview bei Iswestija (Russ.)..

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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