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Die in Berlin lebende französische Künstlerin Marion Andrieu stellt seit dem 17. März im Ausstellungsraum von "Berlin Weekly" eine Schachskulptur aus, die sich über den Ausstellungszeitraum von 25 Tagen analog zu einer Schachpartie täglich verändert. Berlin Weekly ist eine von Stefanie Seidel gegründetes Ausstellungsfläche, in der Künstler in Berlin Mitte hinter einem großen und hohen Schaufenster in einem hell erleuchteten Raum ihre Arbeiten ausstellen können.
Ihr neues Schachprojekt - es ist nicht das erste Mal, dass die Künstlerin sich das Schachspiel als Thema ausgesucht hat - nennt Marion Andrieu "Color Chess XL", übersetzt also in etwa "riesiges buntes Schachspiel". Und das ist es auch. Die Skulptur besteht aus 64 Würfeln, 32 weiße und 32 schwarze, die zusammengelegt eine Fläche nach Art eines Schachbrettes bilden, hier in einer Größe von 2,88 mal 2,88 Meter, sowie zweimal 16 bunten Würfeln, die in höchst abstrakter Form die Figuren darstellen.
Alle Spielsteine, die Schachfiguren, sind trotz ihres hohen Abstraktionsgrades über die Farbgebung eindeutig zu erkennen. Die Steine der einen Seite sind in "kalten Farben", Grün- und Blautönen gefärbt, die Steine der anderen Seite in "warmen Farben". Die Bauern auf der einen Seite sind alle grün, die Bauern auf der anderen Seite alle gelb. Springer, Türme und Läufer sind eindeutig gefärbt, aber bei fortschreitender Partie braucht man sicher ein gutes Farbgedächtnis. Die beiden wichtigsten Figuren des Schachspiels, Dame und König, tragen jeweils ebenfalls die gleiche Farbe, einmal Pink, einmal Lila und sind dennoch zu unterscheiden, eine Figur ist matt, die andere glänzend in der entsprechenden Farbe gefärbt.
Auf dem Schachspiel wird eine laufende Partie dargestellt und so ändert sich die Position der Steine jeden Tage ein wenig. Dabei ist auch die Ausstellung selbst auf klassische Weise in drei Phasen aufgeteilt. Aus Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel der Schachpartie werden: Eröffnung der Ausstellung, Ausstellungsdauer und Finissage.
Zur Eröffnung wurden die zu einem kompakten Körper zusammen gestellten Würfel neu arrangiert und in ein Schachspiel aus Würfeln verwandelt. Ein Teil der dreidimensionalen Würfeln dient nun als zweidimensionales "Schach"brett" und nimmt dabei die ganze Grundfläche des Raumes ein.
Das ist ein Schachspiel
Die tägliche Veränderung der Skulptur erfolgt nach den Regeln des Schachs und wird über eine reale Partie gesteuert, die zwei Schachspieler gegeneinander austragen. Der WARM KONTRAST: Jan Kritenbrink (Jan) spielt gegen den KALT KONTRAST: Dag Przybilla (Pinsel). Nach einer Dauer von 25 Tagen, am kommenden Montag, 11. April, endet die Ausstellung. Die Partie wird dann, falls bis dahin noch nicht beendet, an einer kleineren Tischkopie des Spiels während der Finissage zu Ende gespielt.
Marion Andrieu nennt ihre Arbeit auch "einen imaginären Dialog" zwischen Malewitsch und Johannes Itten und sie ist als Hommage an diese beiden Künstler gedacht. Kasimir Malewitsch war Hauptvertreter der russischen Avantgarde und Wegbereiter des Konstruktivismus. Sein Bild "Schwarzes Quadrat auf weißem Grund" von 1915 ist heute eine Ikone der modernen Malerei. Der Schweizer Maler und Kunsttheoretiker Johannes Itten, Dozent am Weimarer Bauhaus gilt als Begründer der Farbtypenlehre.
In Marion Andrieus Objekt findet sich beides, Malewitschs Würfel und Ittens Farbtypen wieder. Elementare Formen als stark abstrahierte Symbole für die Kraft und Wirkung der unterschiedlichen Steine eines Schachspiels hatte schon Johann Hartwich in seinem berühmten 1923 entworfenen Schachspiel verwendet. Hartwich lehrte ebenfalls am Bauhaus und sein Schachspiel wird heute kurz "Bauhaus-Schach" genannt.
"Das Besondere an Hartwichs Schachspiel ist, dass es nicht einer willkürlichen Abstraktion folgt, sondern dass in der Darstellung der Figuren dessen Wirkung aufgenommen wird und sie deshalb intuitiv für den Spieler oder Zuschauer erkennbar werden", erläutert Marion Andrieu.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Französin sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit dem Schachspiel beschäftigt. Vor zwei Jahren hatte sie, ebenfalls in Berlin, mit einer Ausstellung "SmartChess, Interface & Gravity" schon für viel Aufmerksamkeit gesorgt. In dieser Ausstellung thematisierte die Künstlerin das Spiel in seinen verschiedenen Darstellungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten, einmal als dreidimensionale Skulptur, gleichzeitig aber auch als zweidimensionales Bild.
Installation aus der Smartchess-Ausstellung. An der Wand eine Variante von Malewitschs Würfel.
Aus einem dreidimensionalen Schachspiel..
... wird ein zweidimensionales Bild
"Ich habe als Kind Schach zum ersten Mal auf dem Computerbildschirm meines Vaters gesehen", erzählt Marion Andrieu über ihrer erste Begegnung mit dem Schach, "nicht als dreidimensionales Spiel, sondern in seiner zweidimensionalen Diagrammstallung, so wie das bei der Darstellung von Schachpositionen in Schachprogrammen üblich ist. Die Grafik des Spiels übte eine besondere Faszination auf mich aus, die bis heute anhält. Ich habe später versucht, Schach zu lernen und hatte einen Schachlehrer, der aus Marokko stammte. Er war ein sehr guter Schachspieler und obwohl er Analphabet war, konnte er Schachnotationen verstehen. Danach wurde mir klar , dass Schach auch eine Sprache ist, in der sich zwei Spieler miteinander unterhalten können, auch wenn sie ansonsten verschiedene Sprachen sprechen. "
"1. e2-e4, 2. c7-c5, 3. Nb1-c3, 4. e7-e6, 5. Ng1-f3, 6. Nb8-c6"
Den spielerischen Charakter des Schachs nimmt Marion Andrieu in ihrem ebenso spielerischen Umgang mit Form und Farbe auf und beweist zudem eine gute Portion Humor. Ihrer Webseite zur Installation "Color Chess XL" hat sie eine Collage voran gestellt. In eine mittelalterliche Darstellung einer Schachpartie hat sie die damals übliche zweidimensionale Darstellung der Spielposition durch ein Bild ihres "Color Chess" ersetzt, betont damit die unterschiedlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten und schlägt zudem mit Hilfe des Jahrhunderte alten Schachspiels eine Brücke vom Mittelalter bis heute.
Brücke über die Zeit
Marion Andrieu (Foto: Dirk Jericho)
"Ein Schachspiel ist an sich eine Darstellung oder Verkörperung, so wie Kunstwerke: Die Darstellung eines Schlachtfeldes, eines Mikrokosmos, der Welt. Damit eröffnet es bestimmte Perspektiven auf die Dinge. Das ist der Grund, warum Künstler sich so gerne mit dem Schach beschäftigen und versuchen, dessen kodifizierte Verkörperung in Frage zu stellen oder zu verändern." (Marion Andrieu)
Fotos: Marion Andrieu und Berlin Weekly
Marion Andrieu: Color Chess XL...
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