Schachfieber

von André Schulz
16.07.2020 – Die ganze Welt spielt Schach. Vom weltweiten Corona-Lockdown ist auch das Schach betroffen, hat sich aber erstazweise im Internet massiv ausgebreitet und erregt mit hohen Zugriffszahlen Aufmerksamkeit. Ein Fall für die Presse.

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Das Großartige am Schach ist, dass man dazu eigentlich nichts braucht - außer seinem Kopf. Selbst ein Schachspiel ist nicht unbedingt notwendig. Notfalls spielt man blind oder knetet sich ein Schachspiel aus Brot, wie in der Schachnovelle.

Wegen der minimalen Anforderungen war das Schachspiel auch von Anfang an wie selbstverständlich im Internet vertreten. Die stärkste Konkurrenz zum Online-Schach war nur das "richtige" Schach mit Brett und Figuren und einem Partner, dessen Emotionen man beobachten kann. Jetzt, in Zeiten von Corona, gibt es kaum noch richtige Schachturniere und so ist das Online-Schach quasi fast konkurrenzlos.

Für viele Schachprofis ist der Gang ins Internet aber auch alternativlos. Die üblichen Einnahmequellen sind weggebrochen, Turniere und Ligaspiele fanden und finden nicht mehr statt. So versuchen sich viele Profis als Schach-Unterhaltungskünstler und suchen auf den gängigen Streaming-Diensten ihr Publikum. In Partien gegen die "User" werden nebenbei auch Schachkenntnisse vermittelt.

Georgios Souleidis hat in wenigen Monaten als The Big Greek ein beträchtliches deutschsprachiges Auditorium um sich versammelt.

Die offenen Spiele - Ein ausführlicher Überblick

Georgios Souleidis erklärt auf seiner DVD in 9 Stunden Videolektionen und viel Zusatzmaterial das ganze Gebiet der Offenen Spiele.

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Zu den deutschen Großmeistern mit großen Online-Aktivitäten gehört auch der gebürtige Hamburger Niclas Huschenbeth. Auf Youtube liefert er sich Schaukämpfe gegen andere Spieler, zum Beispiel gegen Georgios Souleidis.

Die beste deutsche Frau im Schach, Elisabeth Pähtz, wendet sich in ihrem Youtube-Kanal mehr an ein internationales Publikum, nimmt gelegentlich aber auch Lektionen auf Deutsch auf.

Das Londoner System - Staunen! Spielen! Siegen!

Das Londoner System (1.d4 gefolgt von 2.Lf4) ist bei Vereinsspielern schon immer beliebt gewesen. Aber als Magnus Carlsen vor drei Jahren bei der Blitz-WM erstmals zu 2.Lf4 griff, avancierte das Londoner System zu einer der Trenderöffnungen unserer Z

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Die Plattform Twitch wurde ursprünglich von Gamern bevölkert, die hier live, nicht wie bei Youtube als Aufzeichnung, ihre eigenen Spiele kommentierten. Diese Form der Selbstkommentierung wurde inzwischen auch von den Schachspielern adaptiert und die Nichtschach-Gamer nahmen erstaunt zur Kenntnis, dass auch Schach sehr unterhaltsam und spannend sein kann- selbst, wenn man davon absolut nichts versteht.

Auf Twitch ist inzwischen Hikaru Nakamura zum Quotenkönig avanciert, der seine Videos aber nur noch Abonnenten seines Kanals zugänglich macht. Berührungsängste hat Nakamura keine, kommentiert Schachpartien der völlig ungeübte Gamer oder spielt gegen seine Zuschauer. Inzwischen hat er 450.000 Follower, wie der Florian Pütz in seinem ausführlichen Artikel bei Spiegel-online zum neuen Online-Trend des Schachs schreibt. Dort wird auch berichtet, wie Nakamura zum Online-Star aufstieg, nämlich mit Hilfe des Gamers "xQc" alias Felix Lengyel, dem Nakamura Schachunterricht gab.

Doch so neu ist das doch alles gar nicht. Ein Schachfieber gab es auch schon vor knapp 100 Jahren:

 

Spiegel: Wie ein 1500 Jahre alter Sport zum Streaming-Hit wurde...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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