Zhaos Weg: Von Peking über Coffs Harbour nach Sydney
Zhao Zong Yuan wurde Meister von Australien
Unter Mitarbeit von GM Ian Rogers
Mit einer Überraschung endete die Offene Australische
Meisterschaft 2007: den Titel holte der erst 20-jährige Student der Pharmazie an
der Universität Sydney, Zhao Zong Yuan. Der Name lässt zwar seine Wurzeln leicht
einordnen, dennoch ist Zhao australischer Staatsbürger. Wie es dazu gekommen
ist, gleicht einem Abenteuer mit vielen Zufällen. Geboren wurde Zhao in Peking,
und zwar zu der Zeit, als Ende der 80er Jahre in China ein politisches Tauwetter
einsetzte, das es manchen Chinesen nach langer Zeit wieder möglich machte, sich
im Ausland ausbilden zu lassen. Unzählige chinesische Abiturienten und Studenten
machten sich auf den Weg in die weite Welt, rund 20 000 verschlug es nach
Australien, unter ihnen auch Zhaos Vater. 1989 endete die chinesische
Demokratiebewegung mit dem Massaker auf dem Pekinger Tiananmen Platz, die
Reisefreiheit samt Auslandsaufenthalte wurden stark eingeschränkt.
Als humanitäre Geste bot die australische Regierung allen chinesischen
Studenten, die nicht zurück wollten, ein dauerhaftes Bleiberecht an, wovon rund
10 000 Gebrauch machten, ebenso wie Zhaos Vater. Die Familie war getrennt. Zwei
Jahre später durften Zhaos Mutter und der gemeinsame Sohn nach Australien
reisen, doch die Beziehung der Eheleute hielt nur noch vier weitere Monate. Dann
packte die Frau wieder ihre Koffer, nahm den Jungen und kehrte nach China
zurück. Um das Sorgerecht entflammte eine Auseinandersetzung, die Gerichte
sowohl in China, als auch in Australien drei Jahre lang beschäftigte.
Schließlich gewann Zhaos Vater das Berufungsverfahren; seit 1994 lebt Zhao in
dem Land „down under“.
Das Schachspiel erlernte er noch in der Pekinger Schule und zwar in der Zeit,
als die politischen Führung einen weit reichenden Beschluss fasste, welcher in
der Konsequenz die ganze Schachwelt veränderte. Dazu muss man wissen, dass in
China immer schon Abermillionen von Menschen dem chinesischen Schach Xiangqi
frönten, das internationale Schach (Guoji Xiangqi) jedoch wurde eher nebenher
betrieben. Doch ist mit Xiangqi international kein Blumentopf zu gewinnen, da es
weltweit von den Medien noch erheblich weniger beachtet wird als das uns
vertraute Schachspiel. Und so fiel in Peking die Entscheidung, fortan das
internationale Schach zu fördern und es in den Schulen zu unterrichten. In eine
solche Klasse kam Zhao und er fing sofort Feuer, bald konnte er schon sehr gut
spielen.
Dann folgte der Umzug nach Australien und es bedurfte eines unglaublichen
Zufalls, dass Zhao seinen Weg als Schachspieler machen konnte. Zunächst landete
er nämlich in Coffs Harbour, einer kleineren Stadt auf halbem Weg zwischen
Sydney und Brisbane, wo sein Vater Arbeit bekam. Der Ort ist bekannt durch das
wissenschaftliche Phänomen des „Riesenvolkes“ der Kumbaingeri
(Durchschnittsgröße der Männer fast 1,90) und man sagt auch, dass hier die
größten Bananen der Welt gedeihen. Der Ort liegt landschaftlich schön, kein
Wunder, dass der weltbekannte Schauspieler Russel Crow an diesem Platz
geheiratet und ein Landhaus bezogen hat, und überhaupt lässt es sich dort
aushalten, nur schachlich ist es die reinste Wüste. Und Zhao wäre sicher als
Schachspieler versauert, wäre nicht plötzlich John Maddix aufgetaucht....
(Ausschnitt aus Schachmagazin 64, Ausg. 2/2007)