Nicholas Pert: Solid and safe against the wild Indians - Play the Fianchetto
Rezension von Dr. Thorsten Heedt (Köln)
Die zu besprechende DVD wurde von Nicholas Pert, einem englischen Großmeister (*1981) mit ELO 2555 erstellt. Sein größter Erfolg war der Gewinn der Weltmeisterschaft U18 im Jahre 1998. Dieser studierte Mathematik und Statistik, erprobte sich auch schon im Pokerspiel, wie manch anderer Großmeister auch.
Die DVD gliedert sich wie folgt:
• Trainings-Videos: 5 Stunden 44 Minuten
• Interaktives Training mit Videofeedback
• Exklusive Datenbank mit 83 Großmeisterpartien
• Mit CB 12 – Reader
und bespricht so ziemlich jede Variante, die nach 1. d4 Sf6 2. Sf3 g6 3.c4 Lg7 4. g3 entstehen kann.
Blick mit ChessBase 13 und der Mega Database 2015 auf die Ausgangsposition des Systems.
Dieser Großmeister scheint wirklich ein Experte speziell für diese Eröffnung zu sein, denn er plaudert geradezu über dieses System, spult völlig sicher und ohne großes Nachsehen oder Nachdenken die verrücktesten und taktischsten Abspiele herunter und erklärt alles in logischer und nachvollziehbarer Weise. Er hat so viele Partien mit diesem System gespielt, dass zahlreiche besprochene Partien von ihm selber sind, darunter Siege gegen seinesgleichen, aber auch schonmal eine Partie gegen einen 400 Punkte schwächeren Spieler, was man vielleicht kritisieren könnte (Pert-Hasman, 28 min. lang).
An sein Englisch mußte ich mich erst gewöhnen, es wirkt manchmal etwas „vernuschelt“, im Laufe der „Trainingssession“ gelingt es mir dann zunehmend besser, zu folgen.
Schauen Sie sich Perts Einleitungsvideo zu dieser DVD an!
Er beginnt immer mit ausführlichen positionellen Erwägungen, mitunter kommt es dann aber wie aus dem Nichts zu taktischen Überfällen und interessanten Tricks, die immer zu weißem Vorteil führen. Er ist ganz klar auf weißer Seite und versucht hier ein zusammenhängendes Repertoire zu entwickeln, so dass Weiß eigentlich immer unbesorgt mit Aussicht auf leichten Vorteil das System spielen kann, übrigens eine Lieblingsformulierung, die er ständig, vielleicht manchmal zu oft,
einfließen läßt („I think White has a slight advantage“.)
Er bevorzugt oft Varianten, in denen Weiß sogar einen Bauern weniger hat, aber brillante Kompensation (z.B. Herrschaft über die schwarzen Felder) oder Angriff. Dieser Spieler klebt nicht gerade am Material. Es wirkt aber nie spekulativ, was er vorträgt, sondern wohl durchdacht. Mitunter bringt er am Ende des Videos eine kurze Zusammenfassung der Varianten, das unterscheidet ihn von vielen DVDs, die ich vorher gesehen habe. Sehr gut! In der Partie Pert-Goulain präsentiert er mitten aus der Eröffnung heraus ein krachendes Damenopfer, was er selber entwickelt hat und das man erstmal sehen muss, auf diese Entdeckung kann er wirklich stolz sein.
Es handelt sich bei dieser DVD um einen wirklich umfassenden Beitrag zum Thema, der so ziemlich alles abdeckt, was immer man hier auch so spielen mag.
Der Titel „..against the wild Indians“ gefällt mir nicht so, weil man erst ein paarmal nachdenken muß. was er hier eigentlich bespricht. Ein simplerer Titel hätte mir besser gefallen. Diese DVD ist sehr gründlich erstellt und sehr ausführlich, alle Varianten werden schön systematisch besprochen und wesentliche Eröffnungsideen herausgearbeitet, die einem im Turnieralltag zu vielen Punkten verhelfen dürften. Sehr zu empfehlen!
Am Ende gibt es allerdings nur mickrige 4 Testaufgaben zu sehen – da hätten es ruhig ein paar mehr sein dürfen. Scheinbar liegt dem Autor dieses Format nicht so. Passend dazu eine Anregung ans ChessBase-Team: viel besser wäre es meines Erachtens, um nicht erst stundenlang Videos anzuhören und dann in ein paar Minuten die Aufgaben durchzuscrollen, würde nach jedem Abschnitt (besonders sinnvoll wäre natürlich nach jedem einzelnen Video!) eine interaktive Trainingsaufgabe eingefügt werden, um das Material zu festigen.
Bei der dritten Trainingsaufgabe ist übrigens didaktischerseits ein Springerzug verlangt. Mein Rechner spuckt aber La3 als besten Zug aus (Houdini), was mir auch plausibel erscheint. Didaktisch unbrauchbar, aber dennoch stärker vielleicht. Zu der Variante gibt Pert nur an, dass das ein Zug sei, „den er möge, aber vielleicht gebe es einen Stärkeren.“ Ich mag den Zug auch, finde ihn aber auch noch stärker. Vielleicht hätte er hier eine klarere Aufgabe mit eindeutiger Lösung wählen sollen.
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