Master Class Band 8: Magnus Carlsen
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Die Schlussrunde des Sinquefields Cups 2018 sorgte für Aufregungen. Am Brett und abseits des Brettes. Vor der Runde lag Fabiano Caruana alleine in Führung und hatte einen halben Punkt Vorsprung vor Levon Aronian, Magnus Carlsen, Alexander Grischuk und Shakhriyar Mamedyarov.
Mit einem Schwarzsieg gegen Wesley So hätte Caruana das Turnier für sich entscheiden können, aber So spielte sehr solide und verhalten und gab Caruana wenig Möglichkeiten, auf Gewinn zu spielen. Die Partie endete nach 35 Zügen in vollkommen ausgeglichener Stellung mit Remis.
Wesley So gegen Fabiano Caruana | Foto: Saint Louis Chess Club, Lennart Ootes
Ganz anders verlief die Begegnung zwischen Aronian und Grischuk. Beide Spieler wollten gewinnen und legten die Partie entsprechend scharf an. Das führte zu einer strategisch und taktisch komplexen Stellung, in der Grischuk Unmengen an Zeit verbrauchte. Im 18. Zug entschied sich Aronian deshalb für ein spekulatives, zweischneidiges Turmopfer, das Grischuk vor große praktische Probleme stellte. Mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr konnte Grischuk diese Probleme nicht lösen und Aronian beendete sein Turnier mit einem brillanten Finale.
Levon Aronian | Foto: Saint Louis Chess Club, Lennart Ootes
Mit diesem Sieg schloss Aronian zu Caruana auf und schob sich auf den geteilten ersten Platz.
Mit einem Schwarzsieg gegen Vishy Anand hätte auch Mamedyarov mit Caruana und Aronian gleichgezogen und wäre geteilter Erster gewesen, aber nachdem beide in einer scharfen Variante des Offenen Spaniers über 20 Züge lang bekannten Vorbildern folgten, war es Anand, der die besseren Chancen hatte. Nutzen konnte er sie allerdings nicht und nach 59 Zügen war das Remis perfekt - Anands neuntes Remis in neun Runden.
Auch Carlsen brauchte unbedingt einen Sieg gegen Nakamura, um zu Caruana aufzuschließen. Doch nach einem scharfen, taktischen Mittelspiel entstand ein Schwerfigurenendspiel, das vollkommen ausgeglichen schien. Allerdings hat Carlsen im Laufe seiner Karriere schon eine ganze Reihe solcher Endspiele gewonnen. Gegen Nakamura gelang ihm dies einmal mehr und das sicherte ihm den geteilten ersten Platz
Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura während... | Foto: Saint Louis Chess Club, Lennart Ootes
...und nach der Partie | Foto: Saint Louis Chess Club, Lennart Ootes
Die Partie zwischen Carlsen und Nakamura dauerte lange, aber die Begegnung zwischen Sergey Karjakin und Maxime Vachier-Lagrave dauerte noch länger. Aber während Carlsen ein ausgeglichenes Endspiel gewinnen konnte, verdarb Vachier-Lagrave ein besseres Endspiel zum Remis.
Mit dieser langen Partie war die Runde beendet, aber das Turnier noch nicht. Außerdem hatte man noch keinen Turniersieger. Ja, man war sich nicht einmal einig darüber, wie der Turniersieger ermittelt werden sollte.
Den Regeln zufolge sollte bei Punktgleichheit ein Stichkampf entscheiden - allerdings nur ein Stichkampf zwischen zwei Spielern. Und zwar zwischen den beiden Spielern mit der besten Wertung. Doch Carlsen, Caruana und Aronian waren in allen Wertungskategorien gleichauf: sie hatten die gleiche Punktzahl (5,5 aus 9), ihre direkten Begegnungen endeten alle mit Remis, alle drei hatten zwei Partien gewonnen und sieben Remis gespielt und keiner der drei hatte eine Partie mit Schwarz gewonnen.
In einem solchen Fall, so die Regel, sollte das Los entscheiden und die zwei Spieler festlegen, die zum Stichkampf um den Turniersieg gegeneinander antreten sollten - der unglückliche Dritte würde leer ausgehen.
Mit dieser Regelung waren Aronian und Carlsen nicht einverstanden. Sie plädierten für einen Dreier-Stichkampf. Doch dagegen protestierte Caruana. Doch den Regeln zufolge musste eine eventuelle Änderung des Stichkampf-Modus einstimmig erfolgen. In dieser Pattsituation einigte man sich schließlich darauf, alle drei, Carlsen, Caruana und Aronian zu gemeinsamen Turniersiegern zu erklären. Der Schiedsrichter war einverstanden und so fiel der Stichkampf um den Turniersieg aus und der Sinquefield Cup 2018 hatte am Ende drei Sieger.
Aber einen Stichkampf gibt es trotzdem. Denn der Sinquefield Cup entschied auch darüber, wer zum Abschluss der Grand Chess Tour zu den London Chess Classic fahren darf, die vom 11. bis 17. Dezember in der englischen Hauptstadt ausgetragen werden, kurz nach dem WM-Kampf zwischen Caruana und Carlsen, der ebenfalls in London gespielt wird. Doch anders als in den Jahren zuvor werden die London Chess Classic dieses Jahr nicht als Rundenturnier ausgetragen, sondern als K.o.-Turnier - mit den vier besten Spielern in der Gesamtwertung der Grand Chess Tour.
Dieses K.o.-Turnier ist lukrativ. Der Gesamtpreisfonds in London beträgt 300.000 US-Dollar, von denen der Turniersieger 120.000 Dollar erhält. Der Viertplatzierte bekommt immerhin noch 40.000 Dollar.
Nach dem Ende des Sinquefield Cups stehen drei Spieler fest, die nach London fahren dürfen: Hikaru Nakamura, Levon Aronian und Maxime Vachier-Lagrave. Doch der vierte Qualifikationsplatz ist noch offen. Um den streiten sich Wesley So und Fabiano Caruana, die in der Gesamtwertung der Grand Chess Tour beide auf 26 Punkte kommen.
Gesamtwertung der Grand Chess Tour | Graphik: Grand Chess Tour
Und die Frage, wer von den beiden nach London zum K.o.-Turnier fahren darf, um mindestens 40.000 Dollar einzustreichen, wird tatsächlich in einem Stichkampf entschieden. Der beginnt am Dienstag, den 28. August 2018 um 13 Uhr Ortszeit (20 Uhr MESZ). Zunächst stehen zwei Schnellpartien auf dem Programm, bringen die keine Entscheidung, wird geblitzt.
Hätten sich Carlsen, Caruana, Aronian und die Organisatoren nicht darauf geeinigt, drei Spieler zu den Siegern des Sinquefield Cups 2018 zu erklären, hätte Caruana am Dienstag vielleicht zwei Stichkämpfe spielen müssen. So kann er sich ganz auf den Stichkampf gegen konzentrieren. Gewinnt Caruana diesen Stichkampf, kann er nach dem Weltmeisterschaftskampf gegen Carlsen gleich in London bleiben und hoffen, ein bereits sehr erfolgreiches Jahr zu einem noch besseren Abschluss zu bringen. Dass er den Sinquefield Cup 2018 nicht alleine gewonnen hat, wird er dann verschmerzen können.