Starke Deutsche in Vlissingen

von ChessBase
23.08.2010 – Das diesjährige Open in Vlissingen (Ergebnisbericht...) war besonders aus deutscher Sicht erfreulich. Neben starker quantitativer Beteiligung können sich auch die Ergebnisse sehen lassen. Thomas Henrichs trug sich neben dem knapp wertungsbesseren Sasikiran als Co-Sieger ein. Ilya Zaragatski (mit GM-Norm) belegte den dritten Platz. Bernd Kohlweyer, Michael Hoffmann, Patrick Zelbel und Matthias Roeder belegten mit einem Punkt weniger als die Spitze gute Plätze. Und auch die deutschen "Mädels" Sarah Hoolt (6 Punkte/32.) und Judith Fuchs (5,5 Punkte/48.) zeigten gute Leistungen. Ebenfalls mitgespielt hat unsere Berichterstatter Gerd Densing, der zudem Zeit fand, das Turnier in Wort und Bild für die Nachwelt zu verewigen. Bericht aus Vlissingen...

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Das 14. Zeeland – Open in Vlissingen
Von Gerd Densing
Vom 07. – 14. August 2010 fand in Vlissingen (Zeeland) in den Niederlanden bereits die 14. Auflage des beliebten Schachopens statt. 


Arion Hotel GM Hotel am Boulevard von Vlissingen

Der Austragungsort, die Hochschule von Zeeland in Vlissingen bot auch dieses Jahr hervorragende Turnier- und Spielbedingungen für die rund 250 Teilnehmer des Schachopens. „Zeeland“ und hier insbesondere die Halbinsel „Walcheren“ ist bei Nordseeurlaubern aus den Niederlanden und Deutschland sehr beliebt und bot auch den vielen Schachspielern zwischen den Runden viel Freizeit- und Erholungsmöglichkeit.



Traditionell waren viele einheimische Amateure, einige Profis verschiedener Nationen und auch „deutsche Urlauber und Schachspieler“ wieder mit dabei.


Die Spitzenbretter


Die Spitzenbretter von außen


Die Hochschule


Rückansicht der Hochschule

An der Spitze des Feldes war das Turnier mit rund 35 Titelträgern ähnlich stark besetzt wie in den Vorjahren. Im „mittleren“ Spielstärkebereich zwischen 1900 – 2200 waren aber deutlich mehr stärkere Spieler am Start, sodass im Gesamtschnitt das Turnierniveau gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist.

Bemerkenswert für das Turnier ist auch stets der interessante Mix von Teilnehmern aus den verschiedensten Nationen. Dabei war Deutschland mit über 20 Teilnehmern und Teilnehmerinnen die zahlenmäßig am stärksten vertretene Nation neben den Gastgebern.  


Deutsche Duelle: Henrichs gegen Michalczak


Hoffmann gegen Kohlweyer


Zelbel gegen Henrichs

Hervorzuheben ist auch dieses Jahr wieder die perfekte Organisation und Turnierdurchführung incl. täglicher Bulletins, guter Verpflegung/Gastronomie, Bücherstand, Live-Übertragung der ersten 10 Bretter in’s Internet sowie Live-Übertragung über Public-Viewing in den gemütlichen Analysebereich, optimale und schnelle Datenaufbereitung auf der Turnierseite im Internet mit vielen Fotos und Partien zum Nachspielen … und nicht zuletzt die äußerst (gast)freundliche Stimmung unter allen Teilnehmern.

Zum zweiten Mal übernahm der international erfahrene und bekannte Schiedsrichter Leon Muijs die Funktion des Hauptschiedsrichters in Vlissingen, wobei es keine nennenswerten Streit- bzw. Protestfälle gab.

Untergebracht waren die nicht einheimischen Spieler in den verschiedensten Hotels und Pensionen in Vlissingen, wobei die Top-Gesetzten Großmeister – sowie der Berichterstatter - im Arion-Hotel unmittelbar am Boulevard/Strand von Vlissingen einen angenehmen Schach-Urlaubs-Aufenthalt genießen konnten. Die täglichen Dinners an einer großen Tafel (7 Spieler, davon 5 GM’s und 2 „Amateure“) waren nicht nur schmackhaft, sondern die Gespräche waren äußerst interessant, unterhaltsam und es war eine super Stimmung unter den Hotelgästen.

Der Turnierverlauf war dieses Jahr völlig offen und sehr spannend. Klar gab es auch hier in den Anfangsrunden das ein oder andere unerwartete Remis oder auch der ein oder andere Favoritensturz. Nach den ersten 5 Runden setzten sich GM Ikonnikov und GM L’Ami mit voller Punktausbeute an die Spitze des Feldes, wobei Ikkonikov die ein oder andere kritische Situation gegen wesentlich schwächere Gegner wohl der glücklichere war und der Niederländische Top-GM einen wesentlich souveräneren und solideren Eindruck hinterließ.

Elo-Favorit GM Sasikiran fiel nach einem Remis in Runde 3 zurück und GM Fedorchuk war nach einer frühen Niederlage in Runde 3 nur im Verfolgerfeld zu finden.

Einen über das gesamte Turnier hinweg sehr soliden Eindruck hinterließen neben GM Hoffmann die deutschen IM Kohlweyer, IM Zaragatski und IM Henrichs. Auch FM Zelbel und FM Michalczak waren mehr oder weniger regelmäßig an den Top-Brettern bzw. vorderen Brettern zu finden.





Interessante und für den Turnierverlauf wichtige Partien waren die Begegnung zwischen GM Erwin L’Ami und Ilja Zaragatski. In dieser Partie war letztendlich im Endspiel der Niederländer der glücklichere, da der deutsche IM im Endspiel wohl eine Remischance ausließ. Auch das Damenendspiel zwischen FM Zelbel und GM Sasikiran unter „normalen“ Umständen remis zu halten sein, sodass auch hier ein Wenig Glück bzw. Pech im Spiel war.


Zelbel gegen Sasikiran

Auch die niederländische Nachwuchshoffnung Anne Haast behauptete sich sehr lange gegen den am weitesten angereisten und hoch favorisierten Großmeister aus Indien.


Haast gegen Sasikiran

Nach mehreren Remispartien von GM Fedorchuk hat sich dieser früh aus dem Titelrennen verabschiedet. In einer Schlüsselpartie der vorletzten Runde setzte sich der indischen Top-Großmeister Sasikiran wohl etwas glücklich gegen Ikkonikov in der Schlußphase in einem spannenden Endspiel, bei beiderseitig hochgradiger Zeitnot (jeweils nur noch zwischen 3 – 5 Minuten für den Rest der Partie) im „Bullet-Stil“ durch. In einer weiteren wichtigen Partie der vorletzten Runde setzte sich der äußerst sympathische GM Erwin L’Ami nach einer interessanten Königswanderung gegen Landsmann IM Burg Twan durch.

Vor der letzten Runde waren mit Erwin L’Ami und Krishnan Sasikiran zwei Spieler mit je 7 Punkten gleichauf, gefolgt von Thomas Henrichs und Ilja Zaragatski mit je 6,5 Punkten. Danach folgte ein breites Verfolgerfeld mit einem Dutzend Spielern mit 6 Punkten.

Interessant und erwähnenswert ist, dass die beiden Top-Platzierten bereits in der 7 Runde aufeinandertrafen und remis spielten und der Turniersieg „per Fernduell“ – jeweils gegen einen Deutschen Spieler entschieden wurde.

Während die Partie zwischen Sasikiran und Zaragatski nach langer Spielzeit und hohem Zeitverbrauch auf beiden Seiten früh verflachte und im späten Mittelspiel ein Remis vereinbart wurde,


Zaragatski und Sasikiran bei der Analyse

offenbarte sich in der Begegnung zwischen L’Ami und Henrichs richtiges Kampfschach.

Der Niederländer spielte mit Weiss voll auf Gewinn – wie im gesamten Turnierverlauf zur Freude der vielen niederländischen Fans und Zuschauer sehr offensives und aggressives Schach - und riskierte letztendlich am Ende zu viel.

Thomas Henrichs war offenbar gut vorbereitet, verteidigte sich geschickt, hielt dem Druck gut stand und erhielt gutes Gegenspiel, sodass in dieser Partie – nach wesentlich kürzerer Zeit als am Nachbarbrett – eine Entscheidung fiel, mit einem vollen Punkt für Schwarz!


Der Analyseraum


Und die Terasse dahinter

Somit wurde der indische GM Krishnan Sasikiran Sieger des diesjährigen Opens in Vlissingen, nachdem er bereits im Jahre 2004 schon einmal das Turnier gewann. Punktgleich mit 7,5 Punkten wurde Thomas Henrichs geteilter erster, wobei nach Feinwertung der indische Spieler ganz vorne lag. Ilja Zaragatski komplettierte mit einem halben Punkt Rückstand das Siegertrio.


Glückwunsch an Thomas Henrichs


Pokal für Sasikiran


Die beiden Besten

Herzlichen Glückwunsch für die hervorragende Leistung, vor allem der deutschen Top-Spieler in Vlissingen.

Aufgrund der vorhandenen Turnierbedingungen (9 Runden Schweizer System, viele Titelträger aus vielen Nationen) bestand auch dieses Jahr die Möglichkeit – entsprechend starkes Spiel vorausgesetzt – Titelnormen zu erreichen.

Bereits vor der letzten Runde stand fest, dass der niederländische Spieler FM Sander Van Eijk eine IM-Norm erreichte. Durch sein Remis in der letzten Runde erspielte sich IM Ilja Zaragatski eine GM-Norm!


GM-Norm für Ilja Zaragatski

Herzlichen Glückwunsch dazu. Bei der Siegerehrung gab es dann auch entsprechende Sonderpreise für die Norm-Erfüllung.

Ein weiterer starker deutscher IM und vielfacher Vlissingen-Teilnehmer, Bernd Kohlweyer, verpasste in der letzten Runde nur ganz knapp eine GM-Norm. Das Remis gegen GM Ikkonikov reichte am Schluss nicht aus.

Von einem „überraschenden/ausgekämpften“ Remis gegen den Berichterstatter in Runde 1 erholte sich die niederländische Nachwuchshoffnung WIM Anne Haast wohl ganz gut und belegte mit 6,5 Punkten einen sehr guten Rang 21. Sie war damit beste Dame im Feld. Die deutschen „Mädels“ WIM Sarah Hoolt (6 Punkte/32.) und WIM Judith Fuchs (5,5 Punkte/48.) zeigten – vor allem auch gegen nominell stärkere Spieler – in einigen Partien sehr gute Leistungen und waren auch weit vorne zu finden.



Bücherstand

Hier eine Kurzübersicht über die vorderen Tabellenplatzierungen:

Endstand:

Rank Name Flags Score M/F Rating TPR W-We BH SB 1 2 3 4 5 6 7 8 9
1 GM Sasikiran, Krishnan   7.5 M 2679 2694 +0.29 57.5 47.25 1 1 ½ 1 1 1 ½ 1 ½
2 IM Henrichs, Thomas   7.5 M 2490 2611 +1.40 54.0 44.75 1 1 1 ½ ½ 1 ½ 1 1
3 IM Zaragatski, Ilja   7.0 M 2472 2623 +1.84 55.0 40.75 1 1 1 1 0 1 1 ½ ½
4 IM Brandenburg, Daan   7.0 M 2514 2551 +0.49 54.5 41.75 1 ½ 1 1 1 ½ ½ ½ 1
5 GM L'Ami, Erwin   7.0 M 2620 2660 +0.54 54.5 40.0 1 1 1 1 1 ½ ½ 1 0
6 GM Fedorchuk, Sergey   7.0 M 2665 2600 -0.49 53.0 40.0 1 1 0 1 1 1 ½ ½ 1
7 IM Pruijssers, Roeland   7.0 M 2462 2571 +1.37 53.0 39.0 1 1 1 1 ½ 0 1 ½ 1
8 GM Ikonnikov, Vyacheslav   6.5 M 2578 2597 +0.47 56.0 38.75 1 1 1 1 1 ½ ½ 0 ½
9 GM Erdos, Viktor   6.5 M 2592 2540 -0.36 54.5 37.5 1 1 1 1 0 1 ½ ½ ½
10 GM Nijboer, Friso   6.5 M 2582 2530 -0.39 54.0 38.0 1 1 1 1 ½ 0 1 ½ ½
11 IM Guidarelli, Laurent   6.5 M 2433 2459 +0.56 53.5 37.75 1 ½ 1 1 ½ ½ 1 ½ ½
12 IM Kohlweyer, Bernd   6.5 M 2436 2557 +1.40 53.5 37.5 1 1 ½ 1 1 ½ ½ ½ ½
13 GM Hoffmann, Michael   6.5 M 2517 2488 -0.14 53.0 37.0 1 1 1 ½ ½ 1 ½ ½ ½
14 GM Haslinger, Stewart   6.5 M 2552 2463 -0.73 53.0 36.25 1 1 1 0 1 1 0 1 ½
15 FM Zelbel, Patrick   6.5 M 2345 2473 +1.62 52.5 34.25 1 1 1 1 0 0 1 1 ½
16 FM Freeke, Matthieu   6.5 M 2315 2387 +0.91 51.5 35.0 1 1 ½ ½ ½ 1 1 0 1
17 IM Leenhouts, Koen   6.5 M 2407 2348 -0.36 51.0 35.0 1 0 1 1 1 0 1 ½ 1
18 FM De Jong, Migchiel   6.5 M 2358 2424 +0.96 51.0 34.75 1 1 1 0 1 0 1 1 ½
19 GM Van den Doel, Erik   6.5 M 2591 2429 -1.33 50.0 34.75 1 1 ½ 1 0 ½ ½ 1 1
20 IM Bosboom, Manuel   6.5 M 2455 2411 -0.26 49.5 34.25 1 1 1 0 ½ 1 ½ ½ 1
21 Haast, Anne   6.5 F 2240 2292 +0.72 48.5 33.25 ½ 1 1 0 1 1 0 1 1
22 IM Afek, Yochanan   6.5 M 2310 2272 -0.21 48.0 34.0 1 0 1 1 1 0 ½ 1 1
23 IM Bitalzadeh, Ali   6.5 M 2415 2459 +0.73 48.0 31.75 1 1 1 0 1 1 0 1 ½
24 IM Roeder, Matthias   6.5 M 2392 2371 -0.01 47.0 32.0 1 1 1 ½ 0 ½ ½ 1 1
25 Admiraal, Miguoel   6.5 M 2221 2272 +0.77 46.0 32.5 1 0 1 1 0 1 1 ½ 1
26 Balje, Jan   6.5 M 2204 2149 -0.33 45.5 32.0 1 ½ ½ ½ 1 1 0 1 1

... 248 Spieler

 

 

Am Schluss bleibt festzuhalten, dass in Vlissingen wieder einmal ein sehr spannendes, interessantes und schönes Urlaubs-Open ausgetragen wurde und sicherlich sehr viele Spieler, Profis wie Amateure, nächstes Jahr sehr gerne wieder kommen.

Internetlink zur Turnierseite: www.hztoernooi.nl

Die Turnierberichte (Bulletins, in niederländisch), Tabellen, Paarungslisten, weitere Fotos sowie Partien sind auf der Turnierseite verfügbar.

Einige weitere Bilder:


Viktor Erdos


Die vorderen Bretter


WGM Mihaela Sandu


Boulevard und Strand

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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