ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Der Winter gibt sich bei uns noch immer nicht geschlagen, deshalb freut es einen, wenn Grüße aus wärmeren Gefilden eintreffen. So geschehen in diesen Tagen, als sich Christian Hesse bei mir meldete. Der Mathe-Professor und Autor des Bestsellers „Expeditionen in die Schachwelt“ hält sich seit dem vorigen Sommer mit seiner Familie in Kalifornien auf. Ich hatte mich schon gefragt, wo Christian ist, weil er bei den Dortmunder Schachtagen 2012 nicht zu sehen war. Dort treffen wir uns sonst regelmäßig in jedem Jahr. Nun klärte Christian Hesse mich auf:
„Ich bin im Juli 2012 mit der ganzen Familie nach Santa Barbara aufgebrochen. Hauptgrund ist mein Forschungsaufenthalt an der Universität von Kalifornien. Nebenher wollte ich beruflich das Land bereisen, einige Autorenlesungen machen, ein paar Vorträge halten und etwas die Schachszene verfolgen. Zudem ergab sich eine Teilnahme an der großen Oscar-Party in Hollywood.“
Christian Hesse mit Ehefrau Andrea
Schminken für die Oscar-Party
Kindergeburtstag
Im sonnigen Kalifornien hat Hesse auch ein Buchmanuskript mit dem launigen Arbeitstitel „Was Einstein seinem depressiven Papagei erzählte" fertiggestellt. Darin geht es um Humor in der Wissenschaft. Das Buch kommt in einigen Monaten beim Verlag C.H. Beck heraus.
Neben seiner Forschung war damit sein Leben am Ufer des Pazifiks ziemlich ausgefüllt. Christian lernte viele interessante Menschen kennen, darunter Ashleigh Brilliant, der einst Straßen-Philosoph in San Francisco war, wo die Hippie-Bewegung in den 1960er Jahren begann. Vor knapp 50 Jahren gründete er in der Bucht von San Francisco auf einem Boot die „Floating University", und während der Blütezeit der Hippies im „Summer of Love" hielt er täglich Vorlesungen im Golden Gate Park. Der heute 80- Jährige hat über 10 000 Aphorismen (Geistreiches mit weniger als 17 Worten) verfasst, wie zum Beispiel „Meine Meinungen mögen sich geändert haben, aber nicht die Tatsache, dass ich recht habe." Brilliant ist nach Hesses Worten ein ungemein geistreicher Gesprächspartner. Er lebt vom Verkauf seiner Aphorismen-Bücher. Das Wall Street Journal nannte ihn einmal den „einzigen professionellen Aphoristiker der Weltgeschichte“.
Mit Ashleigh Brilliant. Das Foto zeigt die zwei bei der gemeinsamen Arbeit an einem Aphorismus für Hesses oben genanntes Einstein-Buch.
Schon einige Zeit auf dem Markt ist Christian Hesses „Mathematisches Sammelsurium“ (C. H. Beck, München 2012, 14,00 €). Dort finden sich Themen wie der allergrößte Kartentrick aller Zeiten, die Umrechnung von gemessenen in gefühlte Temperaturen, die Mathematik des Fußballs, die Eheformel, mathematische Lyrik, eine Anleitung, Passwörter zu prüfen, ohne sie zu kennen oder eine Möglichkeit, sich die vierte Dimension vorzustellen. Für Schachspieler gibt es auch zwei Kapitel in dem Buch.
Buchcover
Im Kapitel „Mathematik und Schach“ ist folgende Aufgabe mit logischen Denkschritten zu lösen.
Filip S. Bondarenko, Europe Echecs 1964
Wer kann in einem Zug matt setzen?
Ist Weiß am Zug, so gewinnt er mit 1. Sxc7 matt. Ist Schwarz am Zug, so gewinnt er mit 1...Sbxc2 matt.
Die Problemstellung läuft also darauf hinaus, aus der Figurenstellung auf dem Brett zu erschließen, welcher der beiden Spieler in der gegebenen Situation Zugrecht hat, Weiß oder Schwarz. Doch wie soll das zwingend und eindeutig geschehen? Immerhin können jeder Springer und jeder Turm sowie auch der schwarze und weiße König fast beliebig oft gezogen haben, oder? Wie will man vor diesem Hintergrund ermitteln, welche Seite wie viele Züge ausgeführt hat, welcher Spieler am Zug ist, wer also Matt setzen kann? Das ist nicht nur eine Höchstschwierigkeit: Die Aufgabenstellung scheint geradewegs unmöglich. o:p>
Die Antwort wird aber möglich durch die Anwendung eines ganz einfachen Denkwerkzeugs der Mathematik: des Paritätsprinzips. Man muss nur herausfinden, welche Seite mehr Züge gemacht hat als die andere oder, ob beide gleich oft gezogen haben. Und dafür wiederum reicht es aus, in Erfahrung zu bringen, ob Schwarz und Weiß jeweils eine gerade Anzahl oder eine ungerade Anzahl von Zügen ausgeführt haben.
MMehr soll hier nicht verraten werden. Durch logische Denkschritte kommt man tatsächlich auf die richtige Lösung.
In einem anderen Kapitel mit der Überschrift „Man-in-the-Middle Angriff “ zeigt Hesse seinen unverwechselbaren Schach-Humor.
Herrn K ist es gelungen, die beiden besten Spieler der Welt zum Schach herauszufordern. Er erklärt, er werde simultan gegen beide spielen, am selben Ort zur selben Zeit, aber in getrennten Räumen. Er verkündet ferner, dass er gedenke, mindestens eine Partie zu gewinnen oder aber zwei Remis herauszuholen.
Herrn Ks scheinbar unüberwindliches Problem besteht leider darin, dass er kaum etwas vom Schach versteht. Das ist kein kleines Manko, wenn man gegen Welt- und Vize-Weltmeister antreten will. Dennoch kann er seine vollmundige Behauptung ohne Risiko einlösen. o:p>
Er begibt sich dazu in den Raum 1 zu Großmeister 1 und wartet ab, was dieser zieht. Dann begibt er sich in Raum 2 zu Großmeister 2 und zieht mit Weiß den Zug Z1 des ersten Großmeisters. Er wartet den Antwortzug von Großmeister 2 ab, sagen wir es ist Z2, und begibt sich anschließend wieder zu Großmeister 1 ans Brett und zieht dort den Zug Z2. Diese Vorgehensweise lässt sich bis zum Ende der Partien fortsetzen. Letzten Endes und genau besehen handelt es sich nur um eine einzige Partie. De facto spielen die beiden Großmeister gegeneinander. Wenn einer der beiden Großmeister gegen den anderen gewinnt, dann ist das aufgrund des genialen Splittings von einer Partie in zwei, das Herr K betrieben hat, ein Sieg und eine Niederlage für Herrn K. Oder die Partie der Großmeister endet remis, dann kann Herr K sich gegen beide Großmeister jeweils ein Remis gutschreiben. In beiden Fällen bedeutet das die Punkteteilung. Nicht schlecht gegen die besten Spieler der Welt. Und auch die Qualität der von Herrn K gespielten Partien kann sich sehen lassen.
IIm Buch sind witzige Zeichnungen zu dieser Geschichte.
Christian Hesse interessierte sich in den USA auch für das neue amerikanische Schachwunderkind Samuel Sevian. Er hatte Kontakt mit dessen Vater, der Physiker ist. Samuel erhielt schon mit 9 Jahren den Titel eines Nationalen Meisters, was selbst Bobby Fischer erst mit 13 gelang. Inzwischen ist Sevian FIDE-Meister und der stärkste U-14-Spieler des Landes. Wenn er sich auch weiterhin für Schach begeistert, wird man noch viel von ihm hören, ist Christian Hesse überzeugt.
Samuel Sevian (Foto: www.samuel-sevian.com)
Der Mathematiker und Schachfreund betätigt sich bei seinem USA-Aufenthalt auch sportlich und ist ganz stolz, wenn danach die Pfunde purzeln: „In der Freizeit mache ich ein intensives Mehrkampf-Training mit der früheren Siebenkampf-Junioren-Weltmeisterin Annett Fleming (geb. Wichmann) als Personal Trainerin, die ich hier kennenlernte. Sie stammt aus Jena und lebt jetzt in Santa Barbara. Ich hatte noch nie ein so intensives und professionelles körperliches Training.“
Training mit Annett Fleming
In San Francisco
It never rains in Southern California
Im Yosemite Nationalpark
Am Pazifik
Mathe Guru Hesse