Am 26. Februar ab 18 Uhr: Tschechisches Doppelsimultan
Die Schachabteilung des SV Werder freut sich, am Montag, den 26.Februar, zwei ihrer langjährigsten Werder- Schach-Großmeister in der Hemelinger Straße begrüßen zu können. Zbynek Hracek und Vlastimil Babula spielen gut und gerne 25 Jahre oder mehr für unseren Club - das gibt es im Weltsport sicher nur sehr, sehr selten!
Grund genug, die beiden einzuladen und diesen schönen Anlass gemeinsam zu feiern: am 26.Februar ab 18 Uhr werden Zbynek und Vlasti Partien aus ihrer Bundesliga-Karriere im SVW vorführen und mit guter Laune kommentieren. Es gibt viel zu sehen!
Nach einem kleinen Imbiss beginnen wir um 19:15/ 19:30 mit einem spektakulären Doppel-Simultan an rund 25 Brettern - die beiden tschechischen Nationalspieler werden nacheinander ihre Kreise ziehen und jede Partie gemeinsam spielen, ohne sich bei ihren Zügen und Manövern miteinander abzusprechen. Ob das gelingt? Wir haben starke Gegner an den Brettern, darunter eine spielstarke Auswahl der Bremer Schachjugend, das versierte Findorffer Seniorenteam als aktuelle Meister des Bremer Landesverbandes, und dazu zahlreiche Werder-Spieler und Bremer Ehrengäste.
ZuschauerInnen sind herzlich willkommen!
Ort: Hemelinger Straße 17, Werder Vereinsheim, 1.Etage
Der folgende Beitrag erschien im Magazin des SV Werder Bremen. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
Unser tschechischer Vorkämpfer
Zbynek Hracek (geb. 1970 in Uherske Hradiste, Tschechoslowakei), bereits seit Herbst 1991 erfolgreich für Werder Bremen aktiv, ist unser dienstältester „Legionär“. Eine Hommage auf diesen „total zuverlässigen, bescheidenen“ (tillsb) und stets freundlichen Schachprofi ist meines Erachtens längst fällig.
Empfohlen hat ihn Ende der 80er Jahre sein Landsmann Pavel Blatny, der noch früher zu uns kam und kurze Zeit vor ihm an Brett 1 rangierte. Beide waren derzeit IMs und designierte GMs. Kennengelernt habe ich (als DSB-Betreuer von FM Karsten Müller sowie dem letzten DDR-Jugendmeister Michael Schwarz) Zbynek bei der (toll ausgerichteten) OHRA Junioren-Europa-Meisterschaft im holländischen Arnheim 1990/91, wo er im Jahr zuvor Dritter wurde. In Arnheim war er als frisch gebackener IM auf der Setzliste sogar Erster (mit Elo 2475) vor dem Zweiten und noch titellosen 15jährigen Vladimir Kramnik (2450) sowie dem Dritten Karsten Müller (2425). Am Ende riss keiner von ihnen Bäume aus: Unter 34 Teilnehmern wurde Kramnik Vierter, Müller landete auf Platz 13 und Hracek (enttäuschend) auf 18.
Hraceks „Steckbrief“ von der Junioren-Europameisterschaft 1990/91(aus dem OHRA-Turnierbuch, Seite 6)
Den GM-Titel errang Zbynek 1993. Seit 1990 gehört er ununterbrochen erst zur tschechoslowakischen, dann zur tschechischen Nationalmannschaft. Bislang hat er an 12 Schacholympiaden und 9 Mannschaftseuropameisterschaften teilgenommen. Landesmeister von Tschechien wurde er 1994, internationale Turniersiege erzielte er in Pardubice 1993, Odorhea (Zonenturnier) 1995, Altensteig 1995 und Lippstadt 2000.
Werder Bremen verhalf er: 1991/92 zum Aufstieg von der Oberliga Nord (Staffel-West) in die 2.Bundesliga Gruppe Nord, von dort 1993/94 in die 1. Bundesliga, 1996 zum ersten und bisher einzigen Gewinn der Deutschen Pokal-Mannschaftsmeisterschaft (Vorentscheidend war das Kabinettstück gegen die SG Porz: Hübner-Kindermann remis, Lutz-Hracek remis, Christiansen-Blatny 0:1, Waganjan-Knaak 0:1), 2004/05 zum ersten und bisher einzigen Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters (einmal mehr mit einem Triumph über Porz), nicht zuletzt auch zu sechs deutschen Vizemeisterschaften in den Bundesliga-Saisons 2005/06, 2007/08, 2008/09, 2009/10, 2010/11 und 2011/12.
Seit 2006 spielt Hracek beim 1. Novoborský ŠK, mit dem er 2008 und 2010 bis 2017 insgesamt 8 mal Meister in der Extraliga wurde, der höchsten Spielklasse im tschechischen Mannschaftsschach. Außerdem gewann er mit diesem Vereinsteam den European Club Cup 2013. Um als Profi und Familienvater über die Runden zu kommen, agierte er überdies in Teams der Slowakei, von Ungarn, Polen, Österreich, Holland, Frankreich und Spanien.
Beim Siegeszug durch die Oberliga Nord (Staffel West) 1991/92 schlugen unsere tschechischen Spitzenspieler wie zwei Bomben ein. Neuzugang Hracek gab dabei einen glänzenden Einstand, aber auch das alte Gerüst der ersten Werder-Mannschaft schlug sich wacker, wie die nachstehende Kopie aus dem Turnierheft zeigt. Überdies, beim Aufstieg in die 1. Bundesliga im darauffolgenden Jahr toppte Zbynek sein Score mit 9 aus 9 (am 2. Brett) sogar noch.
Dieses Foto wurde am 16.05.1993 neben dem alten Weserstadion bzw. vor der später abgerissenen Villa Verde aufgenommen, nach dem Match in der 9. und letzten Runde der 2. Bundesliga (Gruppe Nord) 1992/93 - Werder vs. USC Magdeburg 4:4.
Stehend v.l.n.r.: Uwe Schläger, Markus Klostermann, Hans Wild, Claus Dieter Meyer u. Zbynek Hracek; sitzend v.l.: Pavel Blatny, Detlev Diederichsen, Reinhard Wenzel u. Ulrich Flögel
Auszug aus dem Werder-Saisonheft (Heimspiele) 1995/96 (Text tillsb)
Dieses Meisterfoto vom 08.Mai 2005 nach Werders sensationellem Stichkampfsieg über die SG Köln-Porz in der Business-Loge des Weserstadions darf natürlich nicht fehlen.
Stehend v.l.: Efimenko, Schelz-Brandenburg, Fish, Hracek, Babula, Schandorff, Meins; sitzend v.l.: Pelletier, Knaak, McShane und Nybäck.
Zbyenek Hracek (Foto: Schachbundesliga/ Georgios Souleidis)
Nach vielen Jahren als tschechische Nr. 1 steht Hracek nun im Dezember 2017 als 47jähriger mit Elo 2592 auf Platz 4 der nationalen Rangliste.
In den Bundesliga-Spielzeiten 1994 bis 2003 behauptete Zbynek sich am Spitzenbrett von Werder I, um dort zur Saison 2003/04 vom britischen Wunderkind Luke James McShane abgelöst zu werden. Für die laufende Saison 2017/18 ist er an Position 7 gemeldet. Nichtsdestoweniger sind seine Resultate nach wie vor fast ausnahmslos im Plusbereich und seine Solidität wie Erfahrung für unser Team immer noch wertvoll.
Zum Abschluß noch etwas Anekdotisches zu Werders Bundesliga-Premiere.
„Was mir hier - ganz ohne SiW etc. - zu Zbynek einfällt, ist hauptsächlich sein BL-Einstand im Oktober 1994: Der frisch aufgestiegene SV Werder gegen den haushoch favorisierten Rekordmeister Bayern. München am Spitzenbrett Hübner gegen Hracek. Deutschlands langjähriger Topspieler gewann nach knapp achtstündigem, zähem Kampf, lehnte anschließend eine Analyse zwar ab mit der Begründung, er müsse sich auf das morgige Duell vorbereiten, versprach aber, nach der Sonntagspartie sich mit Zbynek zusammenzusetzen. Am nächsten Tag war Z. ziemlich schnell fertig, Hübner spielte noch eine Weile. Zbynek kam dann zu mir und fragte, ob Hübner wohl seine Zusage einhalten würde. Ich versicherte ihm, das werde ganz bestimmt geschehen - und tatsächlich: Als Hübner seine Partie beendet hatte und kurz mit seinem Gegner gesprochen hatte, kam er auf Z. zu und sie analysierten eine ganze Weile.
Das Match gegen Bayern verloren wir 2:6, aber es war nicht nur denkwürdig als unsere BL-Premiere, sondern auch wegen des großen Medien- und Zuschauerandrangs in der Halle Hemelinger Str.. Höhepunkt war die Ankunft von Präsident Böhmert mit Sporttasche. Er wollte eigentlich mit den Werder-Promis Fußball spielen, war total von der Situation überrascht. Als aber ein RB-Reporter mit Mikro und Kamera auf ihn zu kam, gab er sogleich eine routinierte Stellungnahme ab über den hohen Stellenwert, den Schach bei Werder habe, was dann auch im gesendeten Beitrag betont wurde mit der Bemerkung, auch der Präsident sei zur Eröffnung der BL erschienen.“
(tillsb)
(cdm) Mir ist dazu u. a. noch in Erinnerung geblieben, dass Bayerns Mannschaftsführer Dr. Heinrich Jellissen nach dem Sonntags-Match ziemlich aufgelöst durch die Werder Halle irrte, mich dann aufgeregt ansprach, ob wir ihm nicht dabei helfen könnten, einen verloren gegangenen, für Robert Hübner bestimmten Scheck (ich meine, es waren US$ 500,-) zu suchen. Indes verlief die gemeinsame Suche - auch in Papierkörben, Schachkästen, unter den Tischen etc. - erfolglos.
Nur zwei Monate später, im Dezember 1994, erlag (der im Nachhinein heftig 'umstrittene`) Jellissen, „der sich als Lebemann, väterlicher Berater und großzügiger Schach-Mäzen die Ehrfurcht der Denksportler erworben hatte, mit 54 Jahren überraschend einem Herzleiden.“(Auszug aus einem SPIEGEL-Artikel)
Viel Freude und Erbauung beim Nachspielen bzw. Studium der separat angehängten, ausführlich kommentierten Partien unseres tschechischen Vorkämpfers, die diese Hommage gefällig abrunden sollen.
(C.D. Meyer)
Auch Vlastimil Babula gehört wie sein tschechischer Landsmann zum Inventar des SV Werder Bremen.
Vlastimil Babula (Foto: Schachbundesliga/ Georgios Souleidis)
Hier einige seiner Glanzpartien:
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