Ärgerliche Patzer vermeiden

von Stefan Liebig
11.08.2024 – Wer kennt das nicht? Viele Stunden guten Spieles werden durch einen unvorsichtigen Zug verdorben. Weltklassetrainer Vishnu Prasanna gibt Tipps, um die Fehlerhäufigkeit zu senken.

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​Um Fehler zu vermeiden, muss man verstehen, warum sie passieren. Sicher verlockend, bei dieser Analyse einen der angesehensten Trainer Indiens auf seiner Seite zu wissen. Eine Thematik, der Großmeister Vishnu Prasanna in seinem Trainerleben viel Zeit widmet. Sein bekanntester Schüler war der junge Gukesh Dommaraju, den er zu einem der jüngsten Großmeister der Schachgeschichte machte und der Ende des Jahres in Singapur um die Weltmeisterkrone kämpfen wird. In dem gemeinsam mit ChessBase-India-Chef Sagar Shah erstellten Videokurs „How to Avoid Mistakes“ zeigt Vishnu auf, wie man während der Partie besser auf der Hut sein kann, um den Gefahren der Stellung erfolgreich aus dem Weg zu gehen und stattdessen den Gegner in Fallen zu locken.

Attack like a Super Grandmaster

In this Fritztrainer: “Attack like a Super GM” with Gukesh we touch upon all aspects of his play, with special emphasis on how you can become a better attacking player.

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Zunächst benennt der 2013 zum Großmeister ernannte Trainer die am häufigsten auftretenden Fehlerarten. Um diese während des Kurses besser zuordnen zu können, hält das Trainerteam an den wichtigen Stellen während des Kurses entsprechend beschriftete Karten in die Kamera: „Unforced Error“, „Calculation“ and „Evaluation“, „Good Positional Moves = Mistake“, „Psychology“, „Tactical“, „Positional“.

Abstecken des Terrains

Kostenloses Probevideo: Vishnu's own blunder

Über die eigenen Fehler zu lachen ist gut – daraus zu lernen ist noch besser!

Der Kurs beginnt mit einem extrem leichten, doch sehr erstaunlichen Einstieg: Vishnu zeigt eine eigene, eigentlich gewonnene Partie. Voll konzentriert auf den Gewinnweg übersah er die wohl letzte Drohung seines Gegners und verschenkte die Partie mit einem einzügigen Damenverlust. Ein schmerzhaftes, im Profibereich sehr überraschendes Beispiel für einen vor allem bei Amateuren häufig auftretenden psychologischen Fehler: das zu frühe Entspannen in guten Stellungen, das oft zu unerzwungenen Fehlern führt. Da setzt das zweite Beispiel an. Es zeigt, man muss immer auf einfache Fallen achten. Aufmerksamkeit bis zum letzten Moment ist elementar. Oft machen die Gegner die Fehler von selbst, es lohnt sich, darauf zu warten.

Vishnu blickt auch auf die Spiele der heutigen Topstars, als sie noch jung waren. Er zeigt Fehler, die zum Beispiel Carlsen, Gukesh und Firouzja heute sicher nicht mehr passieren würden. Dies zeigt er am Beispiel der Partie Carlsen gegen Wojtaczek. Carlsen – inzwischen Nummer 1 der Welt – manövriert den polnischen Weltklassespieler exzellent aus und nutzt seine zwangsläufig erscheinenden Fehler zum Sieg. Der Norweger zeigt überzeugend, dass sein Gegner besser auf Prophylaxe statt auf sofortige Gegenangriff gesetzt hätte.

Spannend wie der Gukesh-Trainer zu einer der Partien seines damals elfjährigen Schützlings erläutert, dass dieser die Anweisung hatte, lange Partien zu spielen und auf Fehler der Gegner zu warten. Der Ding-Liren-Herausforderer war damals schon gut genug, um gegen starke Gegner auf diese Weise zu gewinnen.

Kostenloses Probevideo: Gukesh was just 11 years old

Rechnen wie Pippi Langstrumpf

Um das konzentrierte Erforschen von Stellungen zu trainieren, eignen sich wohl besonders die Partien des achten Schachweltmeisters Michail Tal. Im Kapitel „Tal´s 2+2=5“ erklärt das kongeniale Trainergespann, wie man sich auf die Spuren der genial opfernden lettischen Schachlegende begeben kann. Ein überraschender Zwischenzug wirft im Beispiel die gar nicht so schlechte Kalkulation von Schwarz über den Haufen. Ein harter Moment, in dem man erkennt, auf Verlust statt auf Gewinn zu stehen – Prasanna betont hier, wie wichtig es ist, den „Trend of the game“ immer in die Überlegungen einzubeziehen.

Attack like a Super Grandmaster

In this Fritztrainer: “Attack like a Super GM” with Gukesh we touch upon all aspects of his play, with special emphasis on how you can become a better attacking player.

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Die 26 Beispiele, die auch Prasannas Schüler (und inzwischen auch ChessBase-Autoren) wie Surya Ganguly und Leon Mendonca beinhalten, enden mit einem weiteren Beispiel von Gukesh. Bei der Heim-Olympiade in Chennai hinterließ er mit seinem Schwarzsieg gegen Fabiano Caruana schon vor zwei Jahren ein weiteres weltweit beachtetes Ausrufezeichen während seines steilen Aufstiegs zum Weltklassespieler in jungen Jahren. An dieser Stelle gibt Vishnu Prasanna unglaublich interessante Einblicke in die Entwicklung Gukeshs, in die Schärfung seines Eröffnungsrepertoires und in die spezielle Vorbereitung vor einer Partie gegen eine lebende Legende wie Caruana. Zudem resümiert er die vorherigen Videos, um anhand dieser Partie einige Aspekte nochmals hervorzuheben.

Navigating the Ruy Lopez Vol.1-3

Spanisch ist eine der ältesten Eröffnungen überhaupt und genießt von Clubebene bis hin zur Weltspitze unvermindert hohe Popularität. In dieser DVD-Reihe präsentiert der amerikanische Super-GM Fabiano Caruana im Gespräch mit Oliver Reeh ein komplettes Repertoire.

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Nach diesen lehrreichen Beispielen folgen – wie üblich – interaktive Übungsaufgaben zum Selberlösen. In fünf ausführlichen Testvideos kann der Lernende nun überprüfen, welche Erkenntnisse er aus dem Gesehenen mitgenommen hat und wie er sie hier anwenden kann. Sowohl im E-Bookformat als auch im Stream, Download oder auf der DVD sind all diese Funktionalitäten enthalten. Darüber hinaus sind alle Beispiele als komplette, überwiegend kommentierte Partien abrufbar und stehen als Download zur Verfügung.

Fazit

Im abschließenden Resümee fassen Sagar Shah und sein Gasttrainer Vishnu Prasanna nochmals die Erkenntnisse aus den Videos zusammen. Sagar Shah betont zu Beginn des fast 14-minütigen Fazits, dass sich mit diesem Kurs sein Gespür für Fehlersuche verändert hat. Ein großes Lob, denn immerhin verfügt der IM bereits über eine ausgezeichnete Spielstärke. Die Differenzierung der Fehler ist es, die diesen Kurs so neuartig und außergewöhnlich macht.

„Das wichtigste ist es, sich die Fehler bewusst zu machen. Dann kann man sie auch vermeiden“, sagt der Startrainer, bevor er noch einmal die oben genannten Fehlerkategorien in aller Kürze übersichtlich darstellt. Der Titel des Videokurses hört sich verlockend an und wer ihn mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Motivation durcharbeitet, wird mit ziemlicher Sicherheit eine Verbesserung seines praktischen Spiels feststellen können. Es ist immer wieder beeindruckend, die Trainingsmethoden der Coaches von (angehenden) Weltklassespielern kennenzulernen. Auch wenn man selbst dieses Niveau nie erreichen wird, so bereichern diese neuen Ideen doch das eigene Spiel und helfen die nervenden Patzer zu minimieren …


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat in das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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