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Am ersten Freitag im Dezember 1942 erschien in Buenos Aires Stefan Zweigs Schachnovelle in einer limitierten Erstauflage von 300 Exemplaren. Nach dem Ersten Weltkrieg war der in Wien geborene Stefan Zweig einer der meist gelesenen deutschsprachigen Autoren. Von den Nazis als Jude und Pazifist verfolgt, emigrierte Zweig 1934 nach England. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges floh Zweig aus Furcht, in England interniert zu werden, in die USA und nach Südamerika. Ab 1940 lebte er in Brasilien schrieb dort die Schachnovelle, die bis heute über 1,2 Mi. Mal verkauft wurde. Die Veröffentlichung seiner 100 Seiten starken Novelle erlebte der Autor nicht mehr. Er hatte sich in der Nacht vom 22. zum 23. Februar 1942 das Leben genommen.
Anlässlich des Jubiläums "75 Jahre Schachnovelle" zeigt die Künstlerin Elke Rheder ab dem 24. November in Neuenhagen bei Berlin eine Ausstellung mit Bildern zur Schachnovelle. Die Ausstellung wird von Raymund Stolze organisiert und ist verbunden mit der Preisfrage: Welche Partie hat Stefan Zweig skizzenhaft und unter Verfremdung ihres Ablaufs in seine Erzählung eingebaut?
Aus der Schachnovelle:
"Ich wußte wohl aus eigener Erfahrung um die geheimnisvolle Attraktion des 'königlichen Spiels', dieses einzigen unter allen Spielen, die der Mensch ersonnen, das sich souverän jeder Tyrannis des Zufalls entzieht und seine Siegespalmen einzig dem Geist oder vielmehr einer bestimmten Form geistiger Begabung zuteilt. Aber macht man sich nicht bereits einer beleidigenden Einschränkung schuldig, indem man Schach ein Spiel nennt? Ist es nicht auch eine Wissenschaft, eine Kunst, schwebend zwischen diesen Kategorien wie der Sarg Mohammeds zwischen Himmel und Erde, eine einmalige Bindung aller Gegensatzpaare; uralt und doch ewig neu, mechanisch in der Anlage und doch nur wirksam durch Phantasie, begrenzt in geometrisch starrem Raum und dabei unbegrenzt in seinen Kombinationen, ständig sich entwickelnd und doch steril, ein Denken, das zu nichts führt, eine Mathematik, die nichts errechnet, eine Kunst ohne Werke, eine Architektur ohne Substanz und nichtsdestominder erwiesenermaßen dauerhafter in seinem Sein und Dasein als alle Bücher und Werke, das einzige Spiel, das allen Völkern und allen Zeiten zugehört und von dem niemand weiß, welcher Gott es auf die Erde gebracht, um die Langeweile zu töten, die Sinne zu schärfen, die Seele zu spannen."
Erzähler in der Schachnovelle, Fischer Taschenbuch Verlag, 83. Auflage, Dezember 2011, Seiten 21 / 22
Elke Rehder: Flyer zur Ausstellung
Elke Rehder: Flyer zur Ausstellung
In den 1980er-Jahren beschäftigte mich in London der Ausspruch von Boris Spasski "Schach ist wie das Leben". Damals fertigte ich die ersten Skizzen zu diesem Thema. 1990 las ich zum zweiten Mal die Schachnovelle, die ich schon aus dem Deutschunterricht in der Schulzeit kannte. Diesmal entdeckte ich in der Erzählung Hintergründe, die mir in der Jugend verborgen geblieben waren. So erkannte ich, dass der Pazifist Stefan Zweig auch ein politischer Schriftsteller war und dass diese kleine Novelle sein eigentliches Vermächtnis an die Nachwelt ist.
1991 malte ich ein großformatiges Ölbild mit dem Titel »Irrationale Stellung«, welches einen Bauern auf dem Schachbrett und einen anderen Bauern unter dem Brett zeigt. Diese gegensätzliche Situation symbolisierte für mich das Exil, welches nicht nur Zweig erfahren musste. Millionen Menschen litten unter dieser Isolation und unter dem Verlust der Heimat. 1992 zeigte ich dieses Gemälde neben einer Rauminstallation und Skulpturen in einer Ausstellung mit dem Titel »Schach – Spiegel der Gesellschaft« in der Berliner Galerie Buschgraben. Zur Eröffnung las der Schauspieler Till Hagen Passagen aus der Schachnovelle, die wechselseitig durch Musikkompositionen auf dem Konzertflügel interpretiert wurden.
Ich war so fasziniert von der Schachnovelle, dass ich ab 1993 in meiner Edition »Elke Rehder Presse« unbedingt die Schachnovelle neu herausgeben wollte. Ich versuchte mehrfach vergeblich, vom Fischer Verlag eine Genehmigung für die vollständige Textwiedergabe zu bekommen. 1996 habe ich dann zur Frankfurter Buchmesse ein Mappenwerk mit sechs Holzschnitten ohne den vollständigen Text der Schachnovelle herausgegeben.
Dank der persönlichen Unterstützung durch Frau Ulrike Erber-Bader von der Gesellschaft der Bibliophilen war es mir 2004 endlich möglich, meine sechs Holzschnitte mit einem neu überarbeiteten Text in 100 nummerierten Exemplaren zu veröffentlichen. Dieses wertvolle Buch zählt heute zu den raren Ausgaben der Schachnovelle.
In den vergangenen 25 Jahren schuf ich Gemälde und Grafiken, die in internationalen Buchausgaben und auf Plakaten im In- und Ausland Verwendung fanden.
Als Journalist und Kunstkenner Raymund Stolze mich Anfang 2017 fragte, ob ich zum 75. Jubiläum der Schachnovelle – die deutschsprachige Erstausgabe erschien am 7. Dezember 1942 in Buenos Aires in einer limitierten Auflage von 300 Exemplaren – meine Werke in der Anna-Ditzen-Bibliothek zeigen würde, sagte ich sofort zu. Ich nutzte die verbleibende Zeit und malte sechs großformatige Bilder auf Leinwand. Diese neuen Bilder werden nun als Premiere erstmals vom 24. November bis 8. Dezember in Neuenhagen bei Berlin in einer kleinen Ausstellung der Öffentlichkeit gezeigt.
Elke Rehder, Barsbüttel bei Hamburg, im November 2017
Elke Rehder
1953 in Hamburg geboren, lebt und arbeitet in Barsbüttel bei Hamburg
1979 – 80 Studium Freie Kunst an der Heatherley School of Fine Art in London
1986 – 96 Mitglied der Free Painters and Sculptors London
1990 Kunstpreis der Stadt Schneverdingen
1992 Kunstpreis der Bernhard-Kaufmann-Gesellschaft in Worpswede
1993 Kunstpreis der Stadt Dierkshausen und Arbeitsstipendium Künstlerhaus Cuxhaven
seit 1983 zahlreiche Einzelausstellungen und Beteiligungen in Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Italien, Niederlande, Österreich, Polen und Spanien.
Anlässlich des 65. Jahrestages, 2007, hat Susanna Poldauf für die Emanuel-Lasker-Gesellschaft eine virtuelle Ausstellung erstellt.
Eine Bühnenversion der Schachnovelle wird regelmäßig vom "Kleinen Theater" am Südwestkorso in Berlin aufgeführt. Nächste Vorstellung am 5. 12. 2017
Schachnovelle beim Kleinen Theater...
Die Schachnovelle bei der Wikipedia...
Flyer zur Ausstellung (pdf)...