Falko Bindrich verklagt den DSB

von Johannes Fischer
04.05.2014 – Am 21. Oktober 2012 spielten GM Sebastian Siebrecht und GM Falko Bindrich in der zweiten Runde der Bundesliga beim Kampf der Schachfreunde Katernberg gegen den SC Eppingen gegeneinander. Da Siebrecht während der Partie den Eindruck hatte, Bindrich würde häufig zur Toilette gehen, schaltete er den Schiedsrichter ein. Mehr...

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Der Schiedsrichter wollte daraufhin Bindrichs Smartphone kontrollieren, doch der verweigerte die Herausgabe.

Bindrich begründete die Weigerung, sein Handy kontrollieren zu lassen, mit dem Hinweis auf empfindliche Daten und Interna, die sich auf dem Handy befinden würden. Er gab jedoch zu, dort ein Schachprogramm installiert zu haben. In einem ChessBase-Bericht vom 21. Oktober 2012 heißt es dazu:

"Bindrich weigerte sich auch dann noch, als er von seinem Mannschaftsführer Hans Dekan aufgefordert wurde, dem Schiedsrichter Dieter von Häfen das Mobiltelefon zur Überprüfung auszuhändigen, selbst als der Schiedsrichter zusagte, die Partie weiterführen zu lassen, wenn dort keine Betrugshinweise gefunden werden (Gemäß Turnierordnung führt alleine die Benutzung zum Partieverlust, egal was damit gemacht wurde.) Als Begründung führte Bindrich an, das Gerät sei seine Privatsache, zudem seien dort geheime Analysen gespeichert, die er nicht zeigen wolle."

Da sich Bindrich trotz des drohenden Partieverlustes weigerte, sein Handy überprüfen zu lassen, erklärte der Schiedsrichter die laufende Partie gegen Siebrecht wegen der Verweigerung der Kontrolle als verloren für Bindrich. Am 19. Januar 2013 befasste sich der DSB in einer Sitzung in Kassel mit dem Fall und verhängte eine zweijährige Sperre gegen Bindrich und erklärte:

"GM Falko Bindrich hat mit seinem Verhalten gegen Ziff. 5.3.4 der Turnierordnung des Schachbundesliga e.V. verstoßen und sich damit zugleich gem. § 55 Abs. 1 der DSB-Satzung einen schweren Verstoß gegen die Grundsätze des Deutschen Schachbundes zuschulden kommen lassen und so dem Ansehen des Bundes schweren Schaden zugefügt.

Wegen dieses Verstoßes verhängt das Präsidium des DSB eine Funktions- und Spielsperre gem. § 55 Abs. 2 Nr. 4 und 5 der DSB-Satzung für die Dauer von 2 Jahren.

Bei seiner Entscheidung hat das Präsidium insbesondere berücksichtigt, dass bereits das Beisichführen technischer Hilfsmittel untersagt ist. Ebenso wurde die nicht erfolgte und aus Sicht des Präsidiums zumutbare Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung in der Entscheidungsfindung - nach übereinstimmender Auffassung ist die Weigerung, sich einer zulässigen Kontrollmaßnahme zu unterziehen, dem Gebrauch eines unzulässigen Hilfsmittels gleichzusetzen - berücksichtigt."

Am 2. Mai 2013 hob das Schiedsgericht des DSB diese Sperre wieder auf, denn, wie es einer gemeinsamen Presseerklärung von DSB und Schachbundesliga e.V. heißt, "unterlag nach Auffassung des Gerichts Falko Bindrich nicht dem Sanktionsrecht des Deutschen Schachbundes, sondern nur dem Sanktionsrecht des Schachbundesliga e. V.. Dessen Satzung sieht jedoch keine Sperren vor, da diese lediglich für den Bereich der Bundesliga Geltung entfalten könnten."

In den Informationen der Spielleitung des DSB vom April 2014 erwähnt Bundesturnierdirektor Ralph Alt jetzt eine "Klage GM Bindrichs über 68.000€" und fragt anschließend in Klammern "(wegen welchen Verhaltens des DSB denn eigentlich??)".

Es scheint, als hätte Bindrich, dessen Sperre durch den DSB vom 19. Februar bis 2. Mai dauerte, den DSB wegen Verdienstausfalls auf 68.000€ verklagt. Dazu Michael S. Langer (stellv. Präsident des Deutschen Schachbundes) und im DSB-Präsidium zuständiger Ansprechpartner:

"Die Klage gegen uns beziffert in Summe einen aus Sicht des Klägers aus dem beschriebenen Vorgang entstandenen Schaden in Höhe von knapp 68.000,-- € zuzüglich nachfolgender Verfahrenskosten. Wir erkennen den formulierten Anspruch nicht an und haben über unseren Rechtsanwalt schriftlich Stellung bezogen. Jetzt warten wir die im August anstehende Verhandlung vor dem Landgericht Berlin ab. Eine öffentliche inhaltlich und persönlich geprägte Bewertung der Klage von Herrn Bindrich möchte ich trotz des m. E. berechtigten Interesses daran ob des laufenden Verfahrens und unserem Ziel, dieses für den DSB maximal erfolgreich zu gestalten, nicht vornehmen."

Bindrich, der am 17. Oktober 1990 in Zittau geboren wurde, war als Kadermitglied jahrelang bei Turnierteilnahmen und durch Trainingsmaßnahmen vom DSB gefördert worden. Bindrich wurde 2007 im Alter von 16 Jahren der damals jüngste Großmeister Deutschlands. 2004 gewann er in Belgrad mit der deutschen Jugendnationalmannschaft die Mannschaftseuropameisterschaft U18, 2010 spielte er in Khanty-Mansiysk bei der Schacholympiade für die deutsche Herrennationalmannschaft.


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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MARIO1962 MARIO1962 10.04.2017 09:59
dem Kommentar von " eminenz " ist nix hinzuzufügen.
kurz und knapp alles gesagt
eminenz eminenz 11.05.2014 09:17
Bindrich ist zutiefst verachtenswert - nicht mal 3. Klasse wert.
flachspieler flachspieler 06.05.2014 08:21
Wie Herr Bindrich auf die 68.000 Euro ++ kommt, ist mir nicht klar.
* Macht er Ausfälle beim SC Eppingen für die BL-Saison 2012/2013
geltend, wird der Verein gefragt werden, ob er den Spieler nach dem
Vorfall vom Oktober 2012, aber ohne die DSB-Sperre, eingesetzt hätte.
* Macht er entgangene Einladungsturniere geltend, wird er Veranstalter
zu benennen haben, die erklären, dass sie ihn nach dem Vorfall vom
Oktober, aber ohne die DSB-Sperre, eingeladen hätten.
* Macht er entgangene Preisgelder bei Open-Turnieren geltend, wird
man - auch anhand von Elo-Zahlen - hochrechnen, wieviel er typischerweise
wohl in den drei Monaten gewonnen hätte. Was Open-Startgelder angeht, wird
er Organisatoren bennen müssen, die nach dem Vorfall vom Oktober 2012,
aber ohne die DSB-Sperre, solche Startgelde gezahlt hätten.
* Das Gericht wird sich vielleicht auch - als Plausibilitätsprüfung - Bindrichs
Steuererklärung von 2012 anschauen, um zu sehen, wie hoch seine Annahmen
im Frühjahr 2012 waren.

* Bekommen dürfte Bindrich einen Großteil der Rechtsanwalts-Kosten, die
er durch die Sperre hatte.
Dudewaste1@onlinehome.de Dudewaste1@onlinehome.de 05.05.2014 12:04
@E2no: ja, da muss dringend nachgebessert werden.

Auch wenn ich die Klage von F.B. für lächerlich halte, liegen evtl. Vefehlungen oder besser gesagt Unachtsamkeiten beim DSB zu diesem Vorfall vor.

Eigentlich warte ich nur darauf dass in dem andern Turnierfall jetzt J.K. Auch noch tätig wird....
E2nO E2nO 04.05.2014 09:05
@Riddler: noch lächerlicher ist, dass man bei der Satzung der Schachbundesliga offensichtlich versäumt hat sich der Regel- und Schiedsgerichtbarkeit des DSB zu unterwerfen ...
Riddler Riddler 04.05.2014 07:31
Ich weiß nicht, was lächerlicher ist. Die Klage, oder die Tatsache, dass man sich über die Zuständigkeit einer Sperre im Betrugsfall nicht im Vorfeld Gedanken gemacht hat. Oder aber vielleicht auch, dass es immer noch Vereine gibt, die diesen Spieler für sich antreten lassen.
Schachfan1989 Schachfan1989 04.05.2014 03:55
Was mir bei der Geschichte einfach nicht einleuchtet ist folgende Frage: (GM) Bindrich bezeichnet sich ja selbst nicht als Schachprofi. Wieso will er nun Verdienstausfall einklagen wenn er doch Schach nicht professionell betreibt?
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