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Parallel zur Europäischen Vereinsmeisterschaft führte die FIDE vom 7. Bis 15. Oktober im Avantgarde Resort Hotel in Antalya ihren 88. FIDE-Kongress durch.
Ein Großteil der Aufgaben der FIDE wird in den Arbeitsgruppen geleistet, den Commissions. Im Laufe der Kongresswoche besprechen diese in ihren Sitzungen die anstehenden Aufgaben und legen dem Executive Board später ihre Berichte vor. Wichtige Commisions sind beispielsweise die Arbiter Commission, Trainer's Commission, Qualifikation Commission, Anti Cheating Commission oder Ethics Commision. Es gibt eine Commission for Women's Chess, eine Chess in School Commission, eine Commision of Chess Journalists und einige mehr.
Die Ethic Commission beschäftigte sich beispielsweise aktuell mit dem Hosenstreit um Anton Kovalyov beim World Cup in Tblissi. Der kanadische Großmeister hatte das Turnier verlassen, nachdem er vor der zweiten Runde vom Schiedsrichter und vom Organisator auf seine für ein internationales Schachturnier unangemessene Kleidung, eine kurze Sommershorts, aufmerksam gemacht worden war. Der kanadische Verband hat inzwischen offiziell Protest eingelegt. Die Ethic-Kommission hätte gerne mit Kovalov gesprochen und eine Stellungnahme eingeholt, doch der kanadische GM lehnte jedes Gespräch ab. Die Kommission wollte den Fall darufhin nicht weiter behandeln.
Adrian Mihailchishin, FIDE Trainer's Commission (Foto: David Llada)
Die wichtigen Entscheidungen werden allerdings im Exekutive Board getroffen. Diese besteht aus dem gewählten FIDE-Präsidium, den Zonenpräsidenten und Delegierten aus den Zonen, insgesamt 60 Personen. Die Sitzung des Exekutive Boards ist öffentlich.
Carol Jarecki (Foto: David Llada)
Am 6. Tag der Kongresswoche bot die Sitzung des Executive Boards reichlich Zündstoff, da der schwelende Konflikt zwischen dem FIDE-Präsidenten und den übrigen Mitgliedern des Präsidiums in Antalya erneut aufgebrochen ist. Nachdem gemäß Tagesordnung die Berichte zu einigen wichtigen FIDE-Aktivitäten im letzten Jahr verlesen waren, gab Vize-Präsident Geogios Makropulos seinem Bedauern darüber Ausdruck, dass das FIDE-Präsidium und das Executive Board sich in der vergangenen Periode einer Kampagne des amtierenden FIDE-Präsidenten Kirsan Ilyumzhinov ausgesetzt sah, in der dieser FIDE-Offizielle diffamiert, bedroht und beleidigt hätte. Gemäß den Ausführungen von Georgios Makropoulos hätten sich Kirsan Ilyumzhinov und sein Team bei ihren Aktionen zudem hinter offiziellen russischen Stellen und Vladimir Putin versteckt und damit deren Namen beschmutzt. Makropoulos forderte Ilyumzhinov auf, mit seiner Kampagne aufzuhören.
Unmittelbar nach einer Sitzung des Executive Boards im vergangenen März hatte die FIDE bereits auf ihrer Webseite vermeldet, Präsident Ilyumzhinov hätte seinen Rücktritt erklärt. Dieser dementierte das jedoch umgehend und erklärte, es handele sich um ein Missverständnis. Er wäre keinesfalls zurückgetreten. In einer kurz danach anberaumten außerordentlichen Sitzung in Athen im April 2017 stellte das Präsidium noch einmal einen Konsens her, doch dieser war offenbar nicht von langer Dauer.
Georgios Makropoulos (Foto: David Llada)
Während der Sitzung im April hatte es offenbar bereits eine lebhafte Diskussion um Ilyumzhinovs eingeschränkte Möglichkeiten bei seiner Amtsführung gegeben. Im November 2015 hatte das US-Schatzamt den FIDE-Präsidenten wegen seiner 19%igen Beteiligung an der russischen Alliance Bank, die Öl-Geschäfte mit Syrien durchgeführt haben soll, auf seine Schwarze Liste gesetzt und ihn mit Sanktionen belegt. Seitdem kann Ilyumzhinov zum Beispiel nicht mehr in die USA einreisen, konnte sich aus diesem Grund nicht an den Verhandlungen im Zusammenhang mit dem WM-Kampf Carlsen gegen Karjakin im November 2016 in New York beteiligen und war während des Matches auch nicht als Repräsentant vor Ort. Noch schwerwiegender sind jedoch die Einschränkungen bei den Finanztransaktionen der FIDE. Der Weltschachbund hat seine Konten bei der Schweizer Bank UBS. Diese hat gegenüber der FIDE auf die Probleme aufmerksam gemacht, die durch die US-Sanktionen gegen Kirsan Ilyumzhinov entstanden sind und drängt auf eine Lösung, wie der FIDE-Schatzmeister Adrian Siegel berichtete.
Professor Adrian Siegel schlug als nächsten Schritt eine Abstimmung vor, um damit Kirsan Ilyumshinov aufzufordern, sich nicht noch einmal zur Wahl zu stellen. Das Exekutive Board bekräftigte zudem seinen Beschluss vom April 2017, in dem alle Befugnisse des Präsidenten auf den Vizepräsidenten Georgios Makropoulos übertragen worden waren.
Kirsan Ilyumzhinov hatte das Amt des FIDE-Präsidenten 1996 übernommen, in einer Zeit, in der die FIDE infolge der Amtsführung von Florencio Campomanes einige Schwierigkeiten zu überwinden hatte und sich zudem in finanziellen Schwierigkeiten befand. Ilyumzhinov war zu der Zeit Präsident der Autonomen Russischen Republik Kalmückien und ließ bald nach seiner Wahl in der Hauptstadt Elista eine "Schachstadt" bauen. Im Zentrum stand ein "Schachpalast", in dem 1998 die Schacholympiade durchgeführt wurde. Elista war in den folgenden Jahren mehrfach Gastgeber hochkarätiger Schachturniere und Wettkämpfe. Unter anderem fand dort 2006 der von einem Skandal begleitete Wiedervereinigungwettkampf zwischen Vladimir Kramnik und Veselin Topalov statt.
Mit der Idee einer Schachweltmeisterschaft im K.o.-Format hatte Illyumzhinov Ende der 1990er Jahre auch versucht, das Format der Weltmeisterschaften zu beleben, stieß damit aber bei den Spitzenspielern auf wenig Gegenliebe. 2004 fand die letzte dieser K.o.-Weltmeisterschaften statt. Das Turnier existiert als World Cup weiter. Dank seiner ausgezeichneten Kontakte zur politischen und wirtschaftlichen Führung Russlands war Illyumzhinov über viele Jahre seiner Amtsführung imstande, Geldgeber für die teuren FIDE-Turniere Sponsoren zu finden oder hat diese sogar persönlich mitfinanziert.
Bei den letzten drei Wahlen des FIDE-Präsidenten gab es mit Bessel Kok (2006), Anatoly Karpov (2010) und Garri Kasparov (2014) nacheinander prominente Gegenkandidaten, die aber allesamt scheiterten. Besonders die letzte Wahl während der Schacholympiade in Tromsö wurde von beiden Seiten mit harten Bandagen geführt und war für die FIDE sehr kostspielig, da Ilyumzhinov unter anderem seine zahlreichen Reisen vor der FIDE-Präsidiumswahl 2014 über die FIDE abgerechnet hatte. Die Kosten sollen sich im sechsstelligen Bereich bewegt haben. Auch dies war einer der Kritikpunkte an der Amtsführung des Präsidenten.
Die nächste Wahl zum Präsidium findet 2018 auf der Generalversammlung der FIDE bei der Schacholympiade in Batumi statt. Ein Nachfolger für Ilyumzhinov ist derzeit nicht in Sicht. Illyumzhinov würde sich gerne noch einmal zur Wahl stellen.
Links zum FIDE-Kongress:
Sitzung des Exekutiv Boards...
Webseite zum 88. FIDE-Kongress...
Weitere Links:
ChessBase: Posse um angeblichen Rücktritt...
ChessBase: Ich bleibe im Amt...
ChessBase: Stalemate in the power struggle...
Kirsan Ilyumzhinov Blacklisted by the US Government...