Freestyle Weissenhaus: Keymer gewinnt erste Halbfinalpartie gegen Carlsen

von André Schulz
11.02.2025 – Vincent Keymer wird sich diesen Tag in seinem Kalender rot anstreichen, denn ihm gelang heute ein Sieg gegen Magnus Carlsen in der ersten Halbfinalpartie beim Freestyle Chess im Weissenhaus. Es war zudem die einzige entschiedene Partie an diesem Tag. | Fotos: Lennart Ootes, Stev Bonhage für Freestyle Chess

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Freestyle Chess Weissenhaus: Bigpoint für Keymer im Semifinale

Neues Spiel, neues Glück. Anders als beim klassischen Schach, wo immer mit der gleichen Anfangsstellung begonnen wird, bekommt man beim Freestyle Chess immer "ein neues Blatt", eine neue Stellung. Im Unterschied zum Kartenspiel spielen aber beide Seiten immerhin noch mit den gleichen Steinen und der gleichen Anfangsstellung, so dass der Zufallsfaktor gering bleibt. Völlig unbekannt ist den Spielern die ausgeloste Stellung vielleicht aber gar nicht. Tatsächlich werden von den Spielern oder ihren Helfern schon Datenbanken mit Chess960 oder Freestyle-Partien angelegt. Die meisten Partien wurden dabei von Engines gespielt. Während es bei den Menschen immerhin so 175 Jahre dauerte, bis die Eröffnungen im Schach ziemlich gut erforscht waren (wir nehmen einmal das Turnier London 1851 als Ausgangspunkt, auch wenn das nicht ganz korrekt ist), geht es inzwischen mit dem Computer viel schneller.

Deep Mind hat mit Alpha Zero bewiesen, dass ein Computer allein durch spielen gegen sich selber imstande ist, in kurzer Zeit die höchste Meisterschaft im Schach zu erreichen, wenn man dem Computer zuvor einzig die Regeln des Spiels mit auf den Weg gibt. Wenn also ein Unternehmen wie Google auf die Idee kommt, alle übrigen 959 möglichen Anfangsstellungen auch einmal auszuspielen, liegt in kurzer Zeit vielleicht auch eine komplette Eröffnungstheorie für alle denkbaren Anfangsstellungen vor. Das kann dann aber niemand mehr auswendig lernen - obwohl... 

Magnus Carlsen, Fabiano Caruana, Vincent Keymer und Javokhir Sindarov sind die vier Spieler, die es ins Halbfinale geschafft haben. Carlsen und Caruana besiegten ihre Viertelfinalgegner Nodirbek Abdusattorov respektive Gukesh, immerhin der Weltmeister im klassischen Schach, jeweils glatt mit 2:0. Vincent Keymer hätte mit dem gleichen Ergebnis gegen Alireza Firouzja gewinnen können, gab sich aber in der zweiten Partie in technischer Gewinnstellung mit einem Remis zufrieden. Javokhir Sindarov musste gegen den neuen Weltranglistenzweiten Hikaru Nakamura in den Stichkampf und gewann diesen. Sicher eine Überraschung.

Im Halbfinale heißen die Paarungen nun Keymer gegen Carlsen und Caruana gegen Sindarov.

Javokhir Sindarov | Foto: Lennart Ootes 

Auch im Freestyle Chess gilt: Wer die erste der beiden Matchpartien verliert, hat schlechte Karten. Aber in dieser Schachvariante scheint es sehr viel schwieriger zu sein, remis zu spielen. Man kann verstehen, warum Carlsen das Freestyle Schach mehr Spaß macht. In vielen Partien im klassischen Schach versuchen seine Gegner nur ein Remis zu bekommen und haben dafür die entsprechenden Eröffnungsvarianten vorbereitet. Hier geht das nicht.

Vincent Keymer begann mit den weißen Steinen gegen Magnus Carlsen mit 1.g4. Nach einigen Zügen entstand eine Art Königsindisch, natürlich mit allen Figuren auf den "falschen" Feldern, beide Könige am Damenflügel zum Beispiel. Keymer hatte etwas Raumvorteil und der deutschen Nummer eins gelang es auch besser, seine Figuren zusammen wirken zu lassen.

Foto: Stev Bonhage

Carlsen hatte eine recht feste Stellung, aber es mangelte ihm an aktivem Spiel. Kurz vor der Zeitkontrolle hatte Carlsen eine Idee, wie er aktiv werden konnte, doch die erwies sich als nicht gut.

   

   

Der Vater als erster Gratulant | Foto: Lennart Ootes

Am Ende des Tages war dies dann aber tatsächlich die einzige entschiedene Partie. Die Partie zwischen Fabiano Caruana und Javokhir Sindarov hatte einen ganz anderen Charakter und verlief über die gesamte Zeit recht ausgeglichen. Zum Schluss stand ein Endspiel mit Turm und Leichtfigur auf dem Brett, in dem nichts mehr los war.

Neben den beiden Semifinals fanden noch Platzierungsmatches stand. Hier spielte Nakamura gegen Gukesh und Abdusattorov gegen Firouzja.

Caruana und Sindarov | Foto: Stev Bonhage

Auch diese beiden Begegnungen endeten ohne Sieger. Abdusattorov hatte mit Weiß gegen Firouzja einige Zeit die Initiative, aber die Partie mündete in ein gleich stehendes Springerendspiel.

Hikaru Nakamura | Foto: Lennart Ootes

Mit 59 Zügen war die Partie zwischen Hikaru Nakamura und Gukesh die längste des Tages. Aber auch sie fand keinen Sieger. 

Gukesh | Foto: Stev Bonhage

Partien

Freestyle Chess Offizielle Seite...

Ergebnisse bei Chess-results...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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