20.01.2017 – Am 10. Februar 2017 beginnt die Frauenweltmeisterschaft in Teheran. 64 Teilnehmerinnen treten im K.O.-Modus gegeneinander an, mit dabei ist Elisabeth Pähtz. In einem Video-Interview mit ChessBase-Redakteur André Schulz sprach die deutsche Nummer eins im Frauenschach über ihre Vorbereitung, Nervenstärke und ihren Umgang mit dem Kopftuch, das für die WM-Teilnehmerinnen Pflicht ist und Kontroversen ausgelöst hat. Interview und weitere Stimmen zur WM...
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"Das Wichtigste ist, einfach die Nerven zu behalten" - Ein Interview mit Elisabeth Pähtz
Weitere Stimmen zu WM und Kopftuchzwang
Wie im Interview erwähnt, führte die Entscheidung der Fide, die Frauenweltmeisterschaft im Iran zu spielen, zu Protesten und eine Reihe prominenter Spielerinnen verzichtete auf die Teilnahme.
Hou Yifan
Noch-Weltmeisterin und klare Nummer eins der Frauenrangliste: Hou Yifan
Bereits 2016 erklärte Hou Yifan, die amtierende Frauenweltmeisterin und klare Nummer eins der Frauenweltrangliste, dass sie ihren in Teheran nicht verteidigen wird. Der Grund dafür ist allerdings nicht der Austragungsort, sondern der Modus der Frauenweltmeisterschaft.
“Ich habe beschlossen, mich aus dem Frauen Grand Prix Zyklus zurückzuziehen, nachdem ich eine unklare Antwort der FIDE in Bezug auf die Möglichkeit, den aktuellen Modus der Frauenweltmeisterschaften zu ändern, erhalten hatte. Seit 2009 habe ich an allen Grand Prix Zyklen teilgenommen, in den letzten Jahren vor allem deshalb, weil die Siegerin in der Gesamtwertung des Grand Prix das Recht erhält, einen Wettkampf um die Frauenweltmeisterschaft zu spielen. Ich hielt dieses System zwar nicht für besonders sinnvoll, aber das war meine einzige Möglichkeit.
Jetzt liegen die Dinge anders. Ich sehe keinen Sinn mehr darin, in den verschiedenen Turnieren anzutreten, nur um dann am Ende ein Match um die Frauenweltmeisterschaft spielen zu können - vor allem nicht, da meine Gegnerinnen in diesen Turnieren meistens mindestens 100 Elo-Punkte weniger als ich haben. Seit Jahren habe ich meine tiefe Unzufriedenheit über all das der FIDE gegenüber zum Ausdruck gebracht, aber sie haben nichts von dem, was ich gesagt habe, akzeptiert. Und so möchte ich nicht mehr länger in einem System bleiben, mit dem ich absolut nicht einverstanden bin.”
Mariya Muzychuk
Mariya Muzychuk, aktuell die Nummer 6 der Frauenweltrangliste
Auch Mariya Muzychuk, Frauenweltmeisterin von 2015 bis 2016, und Gewinnerin der letzten K.O.-Frauenweltmeisterschaft, die 2015 in Sotschi stattfand, will nicht in Teheran spielen. In einem Interview mit dem ukrainischen Nachrichtenportal censor.net.ua erklärte sie:
“Was die Frauenweltmeisterschaft betrifft, so habe ich mich entschieden, nicht daran teilzunehmen, da ein Land wie der Iran offensichtlich ungeeignet ist, um ein so wichtiges Turnier auszutragen. Es ist einfach falsch, dass die Spielerinnen, die sich weigern, in den Iran zu fahren und ein Kopftuch zu tragen, grundlos das Recht verlieren, um die Weltmeisterschaft zu spielen.”
Irina Krush
Irina Krush
Auch Irina Krush, siebenfache US-Meisterin, verzichtet auf die Teilnahme an der Weltmeisterschaft. ChessBase gegenüber begründete sie diese Entscheidung wie folgt:
"Ich hätte gerne an der Frauenweltmeisterschaft teilgenommen, aber eine Mischung aus verschiedenen Faktoren haben mich dazu gebracht, auf die Teilnahme zu verzichten. Zunächst einmal die Frage der persönlichen Sicherheit (das US State Department warnt Amerikaner und Amerikanerinnen vor den Risiken von Reisen in den Iran). So weit ich weiß, wurde diese Frage nie offiziell geklärt, obwohl ich meinen Verband gebeten hatte, bei der Fide nachzufragen, welche Garantien wir mit Blick auf diese Reisewarnung hätten.
Es fällt schwer, sich prinzipiellen Fragen zu widmen, wenn nicht einmal Fragen nach Sicherheit der eigenen Person beantwortet werden. Aber um es noch einmal klar zu sagen - ich glaube, dass die Fide die Verantwortung hat, Austragungsorte zu finden, in denen es nicht gegen das Gesetz verstößt, wenn eine Spielerin in Hemd und Hose zur Partie kommt, also Kleidung, die in den meisten Ländern der Welt absolut Standard ist, aber in manchen Ländern eben dennoch gegen die Gesetze des Landes verstößt. Es ist mehr als nur eine lästige Kleinigkeit, wenn man sein Zimmer verlassen will, immer Kopf und Hals bedecken und lange und weite Hemden über der Hose tragen muss, und tatsächlich verhaftet werden kann, wenn man das nicht tut.
Es ist außerdem mehr als nur lästig, während der Partie vom Schiedsrichter ermahnt zu werden, das Kopftuch, das vielleicht zu weit herunter gerutscht ist, wieder in Position zu bringen (ein Szenario, von dem mir Teilnehmerinnen des Frauen Grand Prix in Teheran 2016 erzählt haben).
Nazi Paikidze
Nazi Paikidze
Die amtierende US-Meisterin Nazi Paikidze hat als eine der ersten dagegen protestiert, die Frauenweltmeisterschaft in Teheran zu spielen. “Ich halte es für inakzeptabel, eine Frauenweltmeisterschaft in einem Land zu spielen, in dem man Frauen grundlegende Rechte verweigert und als Menschen zweiter Klasse behandelt," erklärte Paikidze. Paikidzes Protest stieß bei Medien in aller Welt auf große Resonanz und sorgte für eine Reihe von Reaktionen auf den Kopftuchzwang.
Humpy Koneru
Laut einem Tweet von ChessBase India vom 12. Januar 2017 verzichtet auch Humpy Koneru auf die Teilnahme an der WM. Gründe dafür werden nicht angegeben.
Die Teilnehmerinnen der Frauenweltmeisterschaft 2017
a) Qualifikation aufgrund der Frauenweltmeisterschaft 2014-15 01. Pogonina Natalija (RUS) - Runner up 2014 (2457.00) 02. Cramling Pia (SWE) Semifinalist 2014 (2511.50) 03. Harika Dronavalli (IND) - Semifinalist 2014 (2506.16)
b) World Girl Junior Champions 2014-2015: 04. Goryachkina Aleksandra (RUS) World Junior G20 Champion 2014 (2479.16) 05. Buksa Nataliya (UKR) World Junior G20 Champion 2015 (2227.58)
c) Elo-Durchschnitt 2/2015 bis 1/2016 06. Ju Wenjun (CHN) 2547.08 07. Muzychuk Anna (UKR) 2545.58 08. Kosteniuk Alexandra (RUS) 2530.08 09. Zhao Xue (CHN) 2522.66 10. Shen Yang (CHN) 2460.75 11. Ushenina, Anna (UKR) 2452.16
Johannes FischerJohannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".
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