Kasparov und Carlsen zu ihrer gemeinsamen Trainingszeit, in Oslo
Einer der eifrigsten Zuschauer beim Kandidatenturnier in London war Garry
Kasparov. Der 13. Weltmeister war nicht vor Ort, schaute sich aber jeden Tag die
Partien im Internet an. Da Kasparov dafür den Fritzserver nutzt, weiß man immer
genau, wann der einst beste Spieler aller Zeiten da ist: Er loggt sich mit
seinem richtigen Namen ein, und da Kasparov einen Sonderstatus hat, wird sein
Besuch für alle sichtbar gemeldet.
Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigte sich Kasparov
begeistert von den Partien des Kandidatenturniers "Das Kandidatenturnier hat
bewiesen, dass es dem Schach prima geht. Die Geschichte vom Tod des klassischen
Schachs ist widerlegt."
Er spart aber auch nicht an Kritik an der FIDE. So wurde beim
Kandidatenturnier mit der heute fast unüblich gewordenen ganz klassischen
Bedenkzeit gespielt: " Heute gibt es kaum noch ein Turnier ohne
30-Sekunden-Bonus pro Zug. Ausgerechnet das wichtigste Turnier des Jahres wurde
ohne Bonus gespielt."
Auch die praktizierte Tiebreakregelung hält Kasparov für unangebracht:
"Eigentlich müssten wir jetzt einen Stichkampf zwischen Carlsen und Kramnik über
mindestens vier Partien sehen. Nun hat man Carlsen zum Herausforderer erklärt,
weil er eine Partie mehr als Kramnik gewonnen hat. Oder - was nämlich aufs
Gleiche herauskommt - weil er eine mehr verloren hat?"
Im kommenden Match gegen Anand räumt Kasparov Carlsen gute Chancen ein, aber:
"... das wird kein Spaziergang. Schauen Sie, gegen wen Carlsen bei fast jedem
Wettbewerb seine Punkte holt: gegen die Spieler aus der unteren Tabellenhälfte.
Das war auch in London so. Aber in einem WM-Match gibt es keine untere Hälfte."
Zum Interview mit Kasparov in der FAZ...