So heißt es in der Chronik des Bamberger Schachklubs „Das Haar muss ziehen!“ über Kestler:
„Neben seinen zahlreichen nationalen und internationalen Erfolgen war Hans-Günter Kestler, von Beruf Richter am Amtsgericht, ein treuer, einsatzfreudiger, überaus zuverlässiger und höchst erfolgreicher Mannschaftsspieler und fairer Sportsmann seines Vereins, zudem ein untadeliges Vorbild. Er fehlte nie bei einem Wettkampf und kämpfte um jeden halben Punkt wie ein Löwe – Siege waren für ihn immer Pflicht, Remisen oder gar Niederlagen waren äußerst selten. Wer ihn über die Jahre in der Mannschaft begleitet hatte, musste feststellen, dass er ... in mehr als 40 Jahren in der 1. Mannschaft der wohl erfolgreichste Mannschaftsspieler des Bamberger Schachclubs war, dazu überaus gesellig und äußerst beliebt im Kreise seines Vereins, auch – wie Mitglieder des Deutschen Schachbunds immer wieder versicherten – eine ‚Stimmungskanone’ der deutschen Nationalmannschaft.“ (Günter Lossa und Bernhard Schmid, „Das Haar muss ziehen!“: 150 Jahre Schachclub 1868 Bamberg. Chronik, Anekdoten, Partien, Probleme, herausgegeben vom Schachclub 1868 Bamberg e.V., Karl-May-Verlag Bamberg, S. 67)
Kestler wurde 1976 IM und hatte zusammen mit Lothar Schmid und Helmut Pfleger maßgeblichen Anteil daran, dass die erste Mannschaft des SC Bamberg 1868 in den 1960er und 1970er Jahren zu einer der stärksten Mannschaften der Bundesrepublik wurde. Drei Mal, 1965/66, 1975/76 und 1976/77, gewann Bamberg die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft, drei Mal – 1964/65, 1971/72 und 1977/78 – wurden die Bamberger Vizemeister.
Auch bei Olympiaden spielte Kestler erfolgreich für Deutschland. 1972 holte er bei der Schacholympiade in Skopje als Ersatzmann 11 aus 15 (+9, =4, -2), 1974 kam er in Nizza als zweiter Ersatzmann wieder auf 11 aus 15 (+8, =6, -1), und 1976 spielte er in Haifa am dritten Brett und kam auf 4 Punkte aus 8 Partien (+2, =4, -2).

Hans-Günter Kestler 1980
Ein schwungvoller Sieg gegen einen späteren Weltklassespieler gelang Kestler 1974 bei der Schacholympiade in Nizza. Er überrannte den Ungar Gyula Sax mit Schwarz aus der Eröffnung heraus und gewann im Mattangriff.
Sax gehörte Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre zu den besten Spielern der Welt. 1988 und 1991 schaffte er es zwei Mal in Folge ins Kandidatenturnier, und von Januar bis Juni 1989 lag Sax auf Platz 12 der Weltrangliste. Zum Großmeister wurde Sax 1974 ernannt, aber er war damals schon stark genug, um in die Olympiamannschaft Ungarns berufen zu werden – und Ungarn gehörte damals bei Olympiaden stets zu den Favoriten auf eine Medaille.
Sax war also klarer Favorit. In der Partie sah man das jedoch nicht.
Hans-Günter Kestler (1939-2013)
Aussenseitersiege: W. Unzicker vs M. Botvinnik, Oberhausen 1961