24.01.2017 – Runde 9 des Tata Steel Turniers in Wijk aan Zee war eine Runde der verpassten Gelegenheiten. Carlsen gewann souverän gegen Van Wely, die anderen Partien endeten Remis. Drei Spieler dürften mit diesem Unentschieden nicht zufrieden sein: Wei Yi hatte gute Gewinnchancen gegen Adhiban, Eljanov verlor in besserer Stellung gegen Andreikin die Übersicht und Nepomniachtchi übersah im Mittelspiel einen Gewinn und ließ Pentala Harikrishna im Endspiel ins Remis entschlüpfen. Mit 6,0/9 bleibt Wesley So alleiniger Spitzenreiter. Mehr...
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Runde 9
Magnus Carlsen steht stets im Zentrum des Interesses
Carlsen spielte mit Weiß gegen den Tabellenletzten Loek Van Wely und nach den missglückten Partien in Runde sieben und in Runde acht war zu spüren, dass er unbedingt gewinnen wollte. Tatsächlich gelang ihm ein souveräner Sieg. Carlsen eröffnete mit 1.e4 und es kam zu einem Keres-Angriff im Scheveninger System. Van Wely geriet schon in der Eröffnung in Schwierigkeiten und musste in ein Endspiel mit Minusbauern abwickeln, das Carlsen ohne größere Probleme gewann.
Die spannendste Partie der Runde spielten Dmitri Andreikin und Pavel Eljanov. Mit dem Trompovsky-Angriff ging Andreikin längeren theoretischen Diskussionen energisch aus dem Weg, aber diese Strategie bewährte sich nicht, denn schon in der Eröffnung Mittelspiel übernahm Eljanov die Initiative und stand bald deutlich besser. Auf der Suche nach Gegenspiel brachte Andreikin ein Qualitätsopfer, dem er kurz danach ein zweites folgen ließ. Das brachte Andreikin zwei starke Freibauern am Damenflügel, aber den Engines zufolge reichte das als Kompensation nicht aus. Allerdings war die Stellung scharf und kompliziert und mit nur noch wenig Zeit auf der Uhr fand Eljanov keinen Gewinnweg. Er versuchte den weißen König Matt zu setzen, doch der konnte ins Zentrum fliehen. Und als er von den schwarzen Schwerfiguren umzingelt wurde, rettete sich Andreikin ins Dauerschach.
Partie des Tages: Andreikin v Eljanov
Das chinesische Nachwuchstalent Wei Yi spielte eine gute Partie gegen Adhiban Baskaran. Zumindest am Anfang. In einem Königsinder mit 6.h3 kam Wei zu Vorteil und gewann schließlich einen Bauern. Doch bei der Verwertung dieses Vorteils kam plötzlich Sand ins Getriebe und der Chinese fand gegen die hartnäckige Verteidigung Adhibans keinen Weg zum Gewinn. Nach 92 Zügen endete die Partie deshalb mit Remis.
Einen interessanten Kampf lieferten sich auch Ian Nepomniachtchi und Pentala Harikrishna. Einen Kampf, in dem Nepomniachtchi lange Zeit die besseren Aussichten hatte. Denn nach einer von beiden Seiten originell und unternehmungslustig gespielten Englischen Eröffnung stand Nepomniachtchi im Mittelspiel deutlich besser und verpasste im 27. Zug sogar eine Gewinnmöglichkeit. Schließlich kam er zu einem Endspiel mit zwei Mehrbauern, doch mit Hilfe des starken a-Freibauern konnte Pentala Harikrishna genug Gegenspiel entwickeln, um die Partie am Ende ins Remis zu retten.
Schnell beendet war die Partie zwischen Radoslaw Wojtaszek und Sergey Karjakin. Karjakin hatte mit Schwarz nichts gegen ein Remis und Wojtaszek fand kein Rezept gegen den soliden Dameninder des WM-Herausforderers. Nach 33 Zügen endete die Partie mit Remis durch Zugwiederholung.
Wenig spektakulär verlief auch die Partie zwischen Wesley So und Levon Aronian, die Spitzenpaarung der Runde. 18 Züge lang folgte So einer 2015 beim Norway Chess Turnier in Stavanger gespielten Partie zwischen Giri und Aronian, dann brachte er mit 19.Tc3 eine Neuerung. Eine Verbesserung war das jedoch nicht. Das Partie verflachte schnell und endete im 38. Zug mit Remis.
Wenig Spannung bot auch die Partie zwischen Anish Giri und Richard Rapport. In einem Dameninder holte Giri mit Weiß nichts aus der Eröffnung heraus und nach zahlreichem Abtausch endete die Partie bald Remis.
Runde 9 - Dienstag, 24. Januar
So, W.
½ - ½
Aronian, L.
Wojtaszek, R.
½ - ½
Karjakin, S.
Andreikin, D.
½ - ½
Eljanov, P.
Wei, Y.
½ - ½
Adhiban, B.
Nepomniachtchi, I.
½ - ½
Harikrishna, P.
Carlsen, M.
1-0
Van Wely, L.
Giri, A.
½ - ½
Rapport, R.
Partien der Runden 1 bis 9
Stand nach neun Runden
Challengers
Im Challengers kam es zu einem Wechsel an der Spitze, denn Tabellenführer Gawain Jones verlor gegen Jeffery Xiong. Ilia Smirin nutzte diese Gelegenheit, um mit einem Sieg gegen Jorden van Foreest zu Markus Ragger aufzuschließen. Damit teilen sich Smirin und Ragger mit je 6,5/9 Platz eins, Jones und Xiong folgen mit einem halben Punkt Rückstand.
Johannes FischerJohannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".
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