Jan Werles Katalane – ambitioniert und schlagkräftig mit Weiß

von ChessBase
17.02.2025 – Die Katalanische Eröffnung ist eine sehr ambitioniert Waffe gegen verschiedene schwarze Verteidigungen. Je nachdem wie Schwarz reagiert entstehen verschiedene, meist sehr anspruchsvolle Strukturen. Jan Werle hat die Eröffnung in zwei Fritztrainer-Bänden vorgestellt und Hannes Langrock hat sich hier Band eins angesehen.

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Von Hannes Langrock

Jan Werles Katalane – ambitioniert und schlagkräftig mit Weiß

In Band 1 seines zweiteiligen Katalanisch-Repertoires befasst sich der niederländische Großmeister Jan Werle, der im Jahr 2009 sein bislang höchstes Elo-Rating von 2607 erreichte, mit dem Offenen Katalanen – Abspielen mit frühem …dxc4 von Schwarz.

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Der Videokurs besteht aus zwei großen Komplexen:  

  1. 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.g3 dxc4 5.Lg2

Hier hat Schwarz die Wahl zwischen verschiedenen Varianten. Es gibt Spieler – zum Beispiel der Autor dieser Rezension 😉 –, die c2-c4 gerne zurückstellen, um ebendiesen theorielastigen Komplex zu vermeiden. Aber das hat andere Nachteile und ist hier nicht das Thema. Aufgefallen ist mir Werle, wie er 2008 in Liverpool mit sehr kämpferischem Schach vor starker Konkurrenz die EU-Meisterschaften gewann. Passend dazu empfiehlt er keine „lazy lines“. Akribisch sucht er in den kritischen Abspielen nach Möglichkeiten, Schwarz unter Druck zu setzen. Zwei Beispiele:

Eines der auf GM-Level heiß diskutierten Abspiele ist 5…a6 6.0-0 Sc6 7.e3 Tb8. Der Turm geht aus der langen Diagonale raus, sodass Schwarz die Option erhält, …b5 zu spielen. Werle folgt nun lange der scharfen Hauptvariante, bringt aber im 17.Zug eine Überraschung:

Der Zug 17.Dd4! (das Ausrufezeichen stammt von Werle) ist nicht die erste Wahl der Engine und wurde erst zwei Mal gespielt. Damit dürfte man die meisten Gegner auf dem falschen Fuß erwischen. Objektiv bleibt die schwarze Stellung okay, in dem Endspiel nach 17…Dxd4 18.exd4 Sh6 19.g4 muss der Nachziehende allerdings weiterhin genaue Züge finden und Weiß hat schöne positionelle Kompensation für die Qualität.

Beispiel 2 ist 5…c5 6.0-0 Sc6, eine der solidesten Antworten auf Katalanisch, die in den letzten Jahren auch in mehreren Schwarz-Repertoires empfohlen wurde. Objektiver Vorteil dürfte auch hier schwierig sein, aber wie kann man Probleme stellen? Werle wählt das Endspiel nach 7.dxc5 Dxd1 8.Txd1 Lxc5 9.Sbd2 c3 10.bxc3, und jetzt etwa 10…0-0 11.Sb3 Le7 12.Sfd4 Ld7, und hier analysiert er 13.Sb5!?

… was zwar nur der dritthäufigste Zug ist, aber eine 67,5%-Erfolgsquote für Weiß aufweist. Der Springer blickt  nach d6; manchmal tauscht Weiß in der Folge die schwarzfeldrigen Läufer, um Druck auf den dunklen Feldern auszuüben.

Der zweite große Komplex des Videokurses ist 4…Le7 5.Lg2 0-0 6.0-0 dxc4

Die klassische Hauptvariante gegen Katalanisch. Es gibt hier Ideen „für eine Partie“ z.B. 7.Se5!?. Jan Werle wählt das kritische 7.Dc2. Und im Hauptabspiel 7…a6 8.a4 Ld7 9.Dxc4 Lc6 entscheidet er sich für 10.Lg5.

Weiß ist bereit, den Läufer abzutauschen, und strebt eine Stellung mit stabilem Raumvorteil an. Lange „squeezen“ und potenziell auf dem ganzen Brett Spiel entfalten, lautet die Devise.

Natürlich vermittelt der niederländische Großmeister im Laufe des Videokurses auch verschiedene instruktive Mittelspiel-Ideen. Hier zwei Ausschnitte aus einer Partie Giri-Vidit, die Werle bei der Analyse des 10.Lg5-Abspiels zeigt:

18.h4! h4-h5 könnte für schwarzes Unbehagen auf der Diagonale b1-h7 sorgen, aber mit dem eingeschobenen 18…g6 19.h5 g5 war es auch nicht unproblematisch. 5 Züge später …

… ließ Werles Landsmann Anish Giri, den er wiederholt als herausragenden Katalanisch-Spieler lobt, 25.e4! und 26.e5 folgen. Nicht nur war danach das Feld d6 schwach, auch ist ein möglicher Königsangriff mit dem einschränkenden Bauern auf e5 weitaus gefährlicher.

Anstatt des klassischen 7…a6 haben Schwarzspieler in den letzten Jahren auch andere Wege erforscht, etwa 7…b6!?

Wenn Schwarz ungehindert …Lb7 schafft, hat er keine Probleme. Es ist charakteristisch, dass Werle die härteste Entgegnung wählt und das implizierte schwarze Qualitätsopfer nach 8.Se5 Dxd4 9.Lxa8 Dxe5 annimmt.  Tatsächlich punktet Schwarz ziemlich gut, und Werle räumt ein, dass die Stellung für Weiß praktisch gefährlich ist und der Anziehende sich gut auskennen muss. Dann aber könne man sehr gute Ergebnisse erwarten, und Werle analysiert das Abspiel auch zu weißem Vorteil.

Im Hinblick auf die praktische Partie, in der das Nebenabspiel 7…b6 vom Gegner überraschend serviert werden kann, hätte ich mir hier einen soliden Back-up gewünscht. Etwa das pragmatische 8.Lg5, was auf GM-Level häufiger gespielt wird und …Lb7 ebenfalls taktisch verhindert. Allerdings kommt Werle zu dem Schluss, dass die Annahme des Qualitätsopfers eben stärker ist, und objektiv ist an seiner Wahl nichts auszusetzen!

Das im Videokurs präsentierte Material ist insgesamt sehr umfangreich. Eine gelungene Idee des niederländischen Großmeisters ist, dass er mit einer halbstündigen „Summary“ abschließt, in der jedes Kapitel noch einmal gestreift wird. Eine schöne Gedächtnisstütze etwa vor einem wichtigen Turnier!   

Fazit:

In Band 1 seines Katalanisch-Repertoires befasst sich Jan Werle mit dem Offenen Katalanen, also Abspielen mit frühem …dxc4. Der niederländische Großmeister tendiert zu „harten“, konkreten Varianten, um maximale Probleme zu stellen. In 9h 30 Videolaufzeit entwirft er ein ambitioniertes Hauptvarianten-Repertoire. Ein solches erfordert zwar einiges an Theoriekenntnis, ist dafür aber auch äußerst schlagkräftig. Ich habe durch den Kurs Lust bekommen, wieder mehr Katalanisch mit Weiß zu spielen – auch ohne zurückgestelltes c2-c4!

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