Die 1.d4-Schatzkiste öffnet sich wieder und wieder

von Stefan Liebig
18.06.2024 – Sipke Ernst ist ein Weltklassetrainer und ein starker Großmeister. Für ChessBase gewährt er Einblicke in sein Eröffnungslabor, wie es nur wenige Profis tun. Seine dreiteiliger FritzTrainer „A practical repertoire for the positional player after 1.d4“ stellt auf einzigartige Weise ein umfassendes Eröffnungskompendium dar.

A practical repertoire for the positional player after 1.d4 Vol.1-3 A practical repertoire for the positional player after 1.d4 Vol.1-3

Ich zeige vielversprechende Hauptvarianten für Weiß gegen alle Hauptantworten von Schwarz auf 1.d4 d5, die enginegeprüft und leicht zu lernen sind und sofort gespielt werden können.

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Der niederländische Großmeister, Trainer und Sekundant von Jorden van Foreest präsentiert in dieser Videoreihe sein detailliertes Eröffnungswissen auf eine leicht verständliche und gleichzeitig tiefgehende Weise. Mit etwa 16 Stunden Videomaterial, interaktiven Übungsaufgaben, Repertoiretraining und Stellungen zum Spielen gegen Fritz Online bietet das E-Book-Format alles, was ein Spieler für den erfolgreichen Einsatz von 1.d4 braucht.

A practical repertoire for the positional player after 1.d4 Vol.3 - Other Lines

Ich zeige vielversprechende Hauptvarianten für Weiß gegen alle Nebenvarianten von Schwarz auf 1.d4, die enginegeprüft und leicht zu lernen sind und sofort gespielt werden können.

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Inhalt

Der erste Teil dieser dreiteiligen Serie konzentriert sich auf nahezu alle möglichen schwarzen Antworten nach 1.d4 d5 und 2.c4. 

Nimzoindisch gehört zu den meistgespielten Eröffnungen auf Toplevel – auch dafür gibt Sipke Ernst wichtige Hinweise.

In den hier vorgestellten beiden Fortsetzungen geht es um die Alternativen:

Eine der häufigsten und typischen Antworten auf 1.d4 ist natürlich 1…Sf6. Teil 2 geht genau darauf ein. Mit praxiserprobten, strategiebetonten Varianten zieht er beispielsweise den Grünfeld (Leseprobe)- und Königsindisch-Spielern sowie den Anhängern des Budapester Gambits ihren scharfen Stachel. Dasselbe liefert er für die seltener vorkommenden Eröffnungen Altindisch und Benoni. Auch das sehr beliebte Nimzoindisch geht er mit der für ihn typischen Gelassenheit an. Und wie ich selbst schon erfahren konnte, bringt der Zug 4.e3 schon so manchen Nimzofan ins Grübeln.

So zeigt Sipke Ernst bequem spielbare Stellungen, die aber dennoch kraftvolles Angriffsspiel ermöglichen. Wer möchte, kann im Bereich Königs- und Grünfeldindisch ergänzend natürlich auch noch auf Ernsts Videokurs „3.h4 against the King's Indian and Grünfeld“ zugreifen – um selbst unberechenbar zu bleiben.

Im dritten Teil der Serie werden schließlich alle anderen Reaktionen auf die Damenbauerneröffnung separat behandelt. Dies sind die noch eher üblichen 1…f5, 1…d6, 1…g6, 1…c5 oder 1…b6, das schon etwas seltenere 1…Sc6 oder das laut Sipke Ernst „absolut nicht gute“ 1…e5, das er daher im „Sidelines-Abschnitt“ auch zuerst wiederlegt.

Ernst zeigt aus weißer Sicht, warum Schwarz besser nicht zu 1…e5 greift.

Für den praktischen Einsatz sind sicher die letzten Abschnitte zur Holländischen (mit …f5), Englischen (mit …b6) und Modernen Verteidigung (mit …g6) die relevantesten, da am häufigsten gespielten. Hier kann man anhand der wenigen Unterkapitel schon sehen, dass der Toptrainer auch hier effektive Tipps zur Hand hat. So bleibt es dem d4-Spieler wiederum erspart, unzählige verschiedene Varianten auswendig zu lernen.

Leseprobe zu den Nebenvarianten

„Selbstversuch“ zu Teil 2 der Videoserie

„Es ist mal wieder Zeit, etwas auszuprobieren“, dachte ich mir, als ich dieses Videopaket zu 1.d4 sah. Ich selbst weiß eigentlich selten, welchen ersten Zug ich in der nächsten Partie spiele. Als Jugendlicher schwenkte ich von e4 zu d4 und wieder zurück. Vor einiger Zeit nahm ich dann noch Sf3 hinzu und ergänzte meinen d4-c4-Aufbau um das Londoner System – weshalb ich mich übrigens auch schon auf das bald erscheinende Neo-Londoner-System von Elisabeth „Elli“ Pähtz freue. Da ich mich aber mit Weiß immer schwer gegen das Wolga-Benkö-Gambit getan habe, das ich übrigens mit Schwarz sehr lange und für meine Verhältnisse erfolgreich eingesetzt habe, schaue ich mir mal an, was Sipke Ernst dazu sagt:

Flexible und sichere Aufstellung gegen das Wolga-Gambit mit dem interessanten Zug 13.Ta3!?

Er empfiehlt – unspektakulär, aber voller Kraft –, die Hauptvariante mit dem typischen Läuferabtausch 7…Lxf1. Er zeigt erfreulich unkomplizierte Varianten und vor allem den Hinweis auf das multifunktionale Manöver 13.Ta3!? Damit geht der weiße Damenturm aus der Diagonale des Läufers g7 und deckt bereits indirekt den Springer auf f3, was sich in manchen Varianten als nützlich erweist.

Erstaunlich, wie leicht das wirkt und tatsächlich funktioniert es auch in Blitzpartien auf Anhieb ganz gut. Hier und da würde ich mir aber vielleicht etwas längere Varianten wünschen. Doch etwas Arbeit kann ich ja selbst noch investieren und es auch mit dem Wolga-Powerbook oder der -Powerbase noch etwas vertiefen. Und einen spannenden Kurs gibt es auch bei ChessBase: The Benko Gambit Explained von Erwin l'Ami

A practical repertoire for the positional player after 1.d4 Vol.2 – 1…Nf6

Ich zeige vielversprechende Hauptvarianten für Weiß gegen alle Hauptantworten von Schwarz auf 1.d4 Sf6, die enginegeprüft und leicht zu lernen sind und sofort gespielt werden können.

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Fazit

Sipke Ernst, der mit einer Top-Elo von 2606 zur Elite der Super-Großmeister zählt, nutzt in diesen Kursen sein fundiertes Wissen und die durch seine berühmten Schüler getesteten Eröffnungsvarianten. Besonders hervorzuheben ist seine Fokussierung auf leicht zu lernende Varianten, die vor allem positionell angelegt sind – wie der Titel schon andeutet. Dennoch lassen sich taktische Finessen zur Erzielung von Vorteilen nicht immer vermeiden, was den Reiz und die Herausforderung des Kurses zusätzlich steigert. Das gilt natürlich auch besonders für die vielen „Sidelines“, die er betrachtet, die vorzustellen hier aber den Rahmen sprengen würde. Alles in allem braucht sich der d4-Spieler künftig keine Sorgen mehr zu machen, wenn er sein Repertoire mit diesem exzellenten Videokurs von Sipke Ernst pflegt.

Abschließend lässt sich sagen, dass es sich bei dieser Videoserie um eine großartige Zusammenstellung von auf Topniveau geprüftem Eröffnungswissen handelt. Wer dies gezielt in der Turnierpraxis einsetzt, kann auf einen fundierten Wissensvorsprung setzen und ist auf fast jede Überraschung ausreichend vorbereitet. Es ist wirklich bemerkenswert, wenn ein derart renommierter Trainer seinen Eröffnungsschatz mit der gesamten Schachgemeinde teilt, statt ihn nur für seine Schützlinge zu hüten.


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat in das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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