20.01.2021 – "The Queen’s Gambit" mit Anya Taylor-Joy ist die erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten. Schachspieler und Nichtschachspieler waren und sind begeistert, denn trotz kleiner Ungenauigkeiten zeigt die Serie, wie spannend und faszinierend Schach sein kann. Auch die Partien, die man in der Serie sieht, sind im Laufe der Schachgeschichte fast alle tatsächlich gespielt worden. Aber was waren die Vorbilder? Im New in Chess Magazine 08/2020 hat sich Erwin l’Ami auf Spurensuche begeben. | Foto: Beth Harmons entscheidende Partie | Screenshot aus der Serie
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Schachpartien in "The Queen's Gambit": Fiktion und Wirklichkeit
Die letzte Ausgabe des New in Chess Magazins im Jahre 2020 enthält wieder eine ganze Reihe lesenswerter Artikel. Unter anderem spricht Alireza Firouzja in einem Interview über die Unterschiede zwischen "realem" und Online-Schach, Judit Polgar erinnert sich an ihre Begegnungen mit Boris Spassky und Jan Timman wirft einen Blick auf Levon Aronians starke Vorstellung beim Norway Chess Turnier 2020.
Ein weiteres Highlight der Ausgabe ist Erwin l’Amis Spurensuche nach den Vorbildern für die Partien, die in The Queen’s Gambit zu sehen sind, eine "kraftvolle Mischung aus erlesenem Schach von Anfang des 17. Jahrhunderts bis heute". Beiläufig stellt l’Ami auch fest, dass "Harmon in der gesamten Serie nicht einziges Remis gespielt hat".
Der Höhepunkt der Serie ist Beth Harmons Partie gegen Weltmeister Vasily Borgov, die, so legt die Serie nahe, Beth Harmon zur Nummer 1 im Schach macht, und zeigt, dass sie ihre inneren Dämonen überwunden hat.
Die Partie endet mit einem Mattangriff mit hübschem Damenopfer, als Inspiration diente eine Begegnung zwischen Vassily Ivanchuk und Patrick Wolff aus dem Interzonenturnier 1993 in Biel. 36 Züge folgen Harmon und Borgov diesem Vorgänger, doch an entscheidender Stelle weicht Harmon ab.
Und auch wenn diese Partie bei keinem Turnier gespielt wurde und rein fiktiv ist, wurde sie im Anschluss an die Serie doch von einigen der besten Spieler der Welt kommentiert, unter anderem von Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura.
Carlsen hat dabei den Anfang gemacht und seine Gedanken zu dieser Partie in einem YouTube-Video festgehalten.
Wenig später zog auch Nakamura nach – wieder über YouTube. Er kommentiert dabei nicht nur die Partie zwischen Harmon und Borgov, sondern auch die Anmerkungen Carlsens.
Wer weiß, vielleicht findet diese fiktive Partie auch bald Eingang in Lehrbücher und Anthologien der aufregendsten Partien des Jahres 2020?
Johannes FischerJohannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".
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