
In Partie 3 der Schachweltmeisterschaft der Frauen konterte Titelverteidigerin Ju Wenjun die Niederlage in Runde 2 mit einem Sieg gegen Tan Zhongyi überzeugend. Mit den weißen Figuren wählte Ju eine weniger konventionelle Variante gegen Tans Sizilianische Verteidigung, wahrscheinlich mit dem Ziel, die Vorbereitung ihrer Gegnerin zu umgehen und sich auf eine positionelle Schlacht einzulassen. Trotz der frühen Abweichung reagierte Tan solide und vermied es, in Zeitnot zu geraten. Das deutet darauf hin, dass sie sich in dem strategischen Territorium gut zurechtfand und wohlfühlte.
Im weiteren Verlauf des Mittelspiels erhöhte Ju allmählich den Druck, ohne unnötige Risiken einzugehen. Ihr positionelles Spiel brachte ihr einen kleinen Vorteil, insbesondere nachdem sie einen Mehrbauern am Damenflügel gewonnen hatte. Während die Stellung dynamisch ausgeglichen blieb, vor allem wegen der gegensätzlichen Läufer, gab Jus Mehrbauer auf der c-Linie ihr ein klares Ziel für das Endspiel.
Im 41. Zug war die Partie in ein Endspiel mit Turm und ungleichfarbigen Läufern übergegangen, in dem Weiß am Damenflügel Druck machte. Obwohl die Computeranalyse nahelegte, dass die Stellung fast vollständig ausgeglichen war, gelang es Ju weiterhin, ihrer Gegnerin praktische Probleme zu stellen.
Tans entscheidender Fehler kam im 60. Zug, als Ju sich richtigerweise entschloss, mit ihrem König über die schwarzen Felder am Königsflügel einzudringen.
Ju's Koordination von König und Turm erwies sich als entscheidend, da sie zunehmenden Druck erzeugte, dem Tan schließlich nicht mehr standhalten konnte. Die Partie dauerte 87 Züge und mehr als fünfeinhalb Stunden, als Tan in einer Stellung aufgab, in der weiterer Widerstand zwecklos war. Mit diesem Sieg ist der Punktestand wieder ausgeglichen und liegt jetzt bei 1,5:1,5. Es sind noch drei weitere Partien in Shanghai zu spielen, bevor die beiden Kontrahentinnen nach Chongqing, Tans Heimatstadt, reisen.
Ju Wenjun | Foto: Anna Shtourman
Analyse von GM Karsten Müller
Game over | Foto: Anna Shtourman