Zürich: Carlsen war verloren, aber gewann

von Johannes Fischer
01.02.2014 – An Selbstvertrauen mangelt es Hikaru Nakamura nicht und sein erklärtes Ziel ist es, Magnus Carlsen vom WM-Thron zu stoßen. In Runde 3 der Zurich Chess Challenge zeigte der Amerikaner, dass dies mehr ist als reines Wunschdenken. Er brachte Carlsen an den Rand einer Niederlage und fast gelang ihm eine Glanzpartie gegen den Weltmeister. Aber eben nur fast. Mehr...

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Die Zuschauer, unter ihnen auch Jan Timman und Hans-Walter Schmitt, warten auf den Beginn der Runde.

Und auf die Spitzenpaarung zwischen Hikaru Nakamura und Magnus Carlsen. Sie sahen eine dramatische Partie.

Handschlag vor einem bitteren Kampf

Hikaru Nakamura wirkt entschlossen...

...Magnus Carlsen nachdenklich.

Nakamura gilt als kämpferischer Spieler und auch und gerade gegen Carlsen wollte er gewinnen und spielte von Beginn an aggressiv. Carlsens Nimzo-Inder beantwortete er mit 4.f3 und kam nach der Eröffnung zu einer aussichtsreichen Angriffsstellung. Carlsen erklärte nach der Partie, "Ich habe einfach schlecht gespielt und seinen Angriff unterschätzt", doch Nakamuras Angriff erwies sich als erstaunlich stark. Aber Carlsen kämpfte. "Ich glaube er hatte mehrere Möglichkeiten zu gewinnen, aber ich habe versucht, immer noch einen weiteren Zug in der Partie zu bleiben. Darauf kommt es an."

Tatsächlich schien der weiße Angriff überwältigend stark zu sein, aber ein klarer Weg zum Sieg war nicht einfach zu finden. Zumindest für menschliche Spieler. In einer Stellung, in der die Engine einen eindeutigen Weg zum Gewinn vorschlug, unterlief Nakamura mit nur noch wenig Zeit auf der Uhr ein taktischer Fehler, der Carlsen einen überraschenden Defensivkonter erlaubte. Carlsen opferte eine Figur, um die stärksten weißen Drohungen zu parieren und plötzlich war die Partie wieder offen, denn Schwarz bekam für die geopferte Figur eine ganze Menge Bauern und Gegenspiel.

Im letzten Zug vor der Zeitkontrolle hätte Nakamura vielleicht mit genauem Spiel noch Remis halten können, aber mit nur noch zwei Minuten auf der Uhr übersah der Amerikaner die beste Fortsetzung. Nachdem er die ganze Partie über angegriffen und eine Zeitlang auf Gewinn gestanden hatte, musste er nun plötzlich mit Dame und Springer gegen Dame und fünf Bauern um das Remis kämpfen. Einmal mehr bewies der Amerikaner in dieser Situation Kampfgeist und verteidigte sich zäh und hartnäckig, aber am Ende nützte ihm das nichts. Carlsen schob seine Bauern unaufhaltsam nach vorne und verhinderte dabei zugleich jede Möglichkeit des Dauerschachs. Im 61. Zug war die Partie vorbei und Nakamura hatte eine bittere Niederlage erlitten, während Carlsens hartnäckige Verteidigung belohnt worden war . "Wenn man unaufhörlich kämpft, dann hat man gelegentlich auch Glück", meinte der Weltmeister in der anschließenden Pressekonferenz.

 

 

 

Daniel Kings zeigt die Partie Nakamura gegen Carlsen

Mit diesem glücklichen Sieg übernahm Carlsen mit 2,5 Punkten aus 3 Partien die alleinige Tabellenführung. Zugleich schraubte er seine Live-Elo-Zahl auf 2878,8 Punkte und liegt damit nur 0,1 Punkte unter seiner eigenen Bestmarke von 2878,9 Punkten vom 27. März 2013 - der höchsten je erreichten virtuellen Elo-Zahl überhaupt.

Stand kurz vor einem glanzvollen Sieg gegen den Weltmeister: Hikaru Nakamura

Die beiden anderen Partien des Tages endeten remis.

Levon Aronian

Boris Gelfand

Zu einer schnellen, aber keineswegs langweiligen Punkteteilung kam es in der Partie zwischen Levon Aronian und Boris Gelfand. In einem Grünfeld-Inder mit g3 schien sich Aronian nach zahlreichem Abtausch in der Eröffnung zwar leichten Vorteil sichern zu können, aber Gelfand verteidigte sich präzise und neutralisierte alle weißen Drohungen. Im 27. Zug endete die Partie mit Remis durch Zugwiederholung.

Nach einer kurzen Pause spielten die beiden wegen der Kürze der Remispartie noch eine Schnellpartie im Anschluss. Die gewann Aronian als Schwarzer mit kreativem und mutigem Spiel.

Vishy Anand: "Wir hatten beide aktives Spiel. Es war eben eine komplizierte Stellung."

Fabiano Caruana

Eine umkämpfte Partie mit einer Reihe ungewöhnlicher strategischer und taktischer Motive lieferten sich Fabiano Caruana und Vishy Anand. In einem Slawen spielte Anand mit Schwarz aktiv, doch nach gegenseitigen Bauernopfer schien Weiß nach Damentausch durch seine Bauernmehrheit am Damenflügel trotz ungleichfarbiger Läufer bessere Chancen zu haben. Doch die aktiven Figuren des Schwarzen verhinderten alle weißen Gewinnversuche und so endete auch diese Partie im 40. Zug mit Remis durch Zugwiederholung.

 

Runde 3 Levon Aronian - Boris Gelfand 1/2
  Hikaru Nakamura - Magnus Carlsen 0-1
  Fabiano Caruana - Viswanathan Anand 1/2

 

Partien der Runden 1 bis 3

 

 

Live-Kommentare auf Schach.de

Alle Runden werden live auf dem Fritzserver in zwei Sprachen in bewährter Weise von unseren Kommentatoren  analysiert und kommentiert. Die deutsche Kommentierung besorgt größtenteils Klaus Bischoff, einmal übernimmt Oliver Reeh. Die englischen Kommentatoren sind im Wechsel Daniel King und Alejandro Ramirez

 

Klaus Bischoff

Oliver Reeh

 

Kommentatorplan

29.01.2014 Blitz Live-Übertragung ohne Kommentare Live-Coverage without Commentary
30.01.2014 Runde 1 Klaus Bischoff Daniel King
31.01.2014 Runde 2 Oliver Reeh Daniel King
01.02.2014 Runde 3 Klaus Bischoff Alejandro Ramirez
02.02.2014 Runde 4 Klaus Bischoff Daniel King
03.02.2014 Runde 5 Klaus Bischoff Alejandro Ramirez

 

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Paarungen:

Runde 1 Magnus Carlsen - Boris Gelfand  1-0
  Levon Aronian - Viswanathan Anand  1-0
  Hikaru Nakamura - Fabiano Caruana  1/2
Runde 2 Boris Gelfand - Fabiano Caruana 1/2
  Viswanathan Anand - Hikaru Nakamura 0-1
  Magnus Carlsen - Levon Aronian 1/2
Runde 3 Levon Aronian - Boris Gelfand 1/2
  Hikaru Nakamura - Magnus Carlsen 0-1
  Fabiano Caruana - Viswanathan Anand 1/2
Runde 4 Boris Gelfand - Viswanathan Anand  
  Magnus Carlsen - Fabiano Caruana  
  Levon Aronian - Hikaru Nakamura  
Runde 5 Hikaru Nakamura - Boris Gelfand  
  Fabiano Caruana - Levon Aronian  
  Viswanathan Anand - Magnus Carlsen  

 

 

Rapid Games

Runde 1 Boris Gelfand - Magnus Carlsen  
  Viswanathan Anand - Levon Aronian  
  Fabiano Caruana - Hikaru Nakamura  
Runde 2 Fabiano Caruana - Boris Gelfand  
  Hikaru Nakamura - Viswanathan Anand  
  Levon Aronian - Magnus Carlsen  
Runde 3 Boris Gelfand - Levon Aronian  
  Magnus Carlsen - Hikaru Nakamura  
  Viswanathan Anand - Fabiano Caruana  
Runde 4 Viswanathan Anand - Boris Gelfand  
  Fabiano Caruana - Magnus Carlsen  
  Hikaru Nakamura - Levon Aronian  
Runde 5 Boris Gelfand - Hikaru Nakamura  
  Levon Aronian - Fabiano Caruana  
  Magnus Carlsen - Viswanathan Anand  

 

 

Fotos: Maria Emelianova

Maria Emelianova
(Bild: Dmitry Zemlianych)

 

Maria Emelianova, 26 Jahre alt, stammt aus Jeaterinenburg.
Sie ist WFM und war eine talentierte Jugendspielerin.
Mit Beginn des Studiums trat das Schachspiel in den Hintergrund.
Seit der Schacholympiade in Khanty-Mansiysk fotografiert sie auf Schachturnieren.

 

 

 

Turnierseite...

Medien:

Spiegel: Carlsen kehrt ans Brett zurück...

Interview mit Carlsen in der NZZ...

Berichte:

Stärkstes Turnier der Schachgeschichte...

Es geht los: Züruch Chess Challenge...

Carlsen gewinnt Auftaktblitz...

Zürich: Impressionen des ersten Tages...

Carlsen weltmeisterlich...

Prima Start für Carlsen...

 


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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