08.09.2017 – 44 Spieler kämpften heute im Tiebreak um die verbleibenden 22 Plätze im World Cup. Einige der ganz großen Favoriten mussten den Umweg nehmen. Doch mit Shakriyar Mamedyarov erwischte es nur einen der absoluten Topspieler. Levon Aronian, Wesley So, Fabiano Caruana, Alexander Grischuk und Hikaru Nakamura sind wohl die prominentesten Spieler, die heute in die dritte Runde einzogen | Foto: Maria Emelianova
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World Cup, Runde 2 - Tiebreaks
10 der 32 Paarungen wurden in den beiden Partien mit regulärer Zeitkontrolle entschieden. Während sich also wenige Spieler - darunter Magnus Carlsen und Maxime Vachier-Lagrave - heute einen Ruhetag gönnen konnten, ging es für den Großteil der Teilnehmer ins Tiebreak.
Mamedyarov 0-2 Kuzubov
Nervenstärke, Durchhaltevermögen und Kaltschnäuzigkeit sind Eigenschaften, die bei diesem Format besonders gefragt sind. All dies ließ Shakriyar Mamedyarov in der ersten Partie des Tages vermissen. Nach guter Leistung im Mittelspiel wickelte er in ein besseres Endspiel ab und hatte zudem Vorteile auf der Uhr. Doch dann ereignete sich Folgendes:
Wenige Züge später stand bereits diese Stellung auf dem Brett:
Mamedyarov optierte jedoch für 43.g3? Vermutlich übersah er, dass nach 43...Dxb2 44.Td7 der weiße Doppelangriff durch 44...Da2! abgewehrt wird. Yuriy Kuzubov verwertete in der Folge seinen Freibauern.
Shakriyar Mamedyarov | Foto: Maria Emelianova
In der zweiten Partie sah sich Mamedyarov also gezwungen mit Schwarz auf Sieg zu spielen. Zwar gelang es ihm, unübersichtliche Komplikationen einzuleiten, doch bei beidseitig offener Königsstellung behielt Kuzubov starke Nerven und sicherte das Weiterkommen. Als das Dauerschach unausweichlich war, versuchte Mamedyarov es mit einem letzten Trick, der letztlich jedoch nur zum Endergebnis von 0-2 führte.
Nakamura 1.5-0.5 Bruzon Batista
Hikaru Nakamura entkam der zweiten Stufe des Tiebreaks denkbar knapp. Zuerst gewann er seine Weißpartie in überzeugender Manier:
Mit den weißen Steinen lief für Hikaru Nakamura alles wie am Schnürchen | Foto: Anastasia Karlovich
Die Schwarzpartie lief für den favorisierten US-Amerikaner jedoch alles andere als nach Plan.
Bruzon verstärkte langsam seine Stellung und drohte bald, mittels f4 die geschwächte schwarze Königsstellung zu öffnen. Nakamura nahm dies zum Anlass, Gegenspiel am Damenflügel zu organiseren und versuchte mit ...a6 und ...b5 weitere Linien zu öffnen.
Nach diesem Fehler des Kubaners konnte Nakamuras Dame für Gegenspiel sorgen. Die Partie endete im Dauerschach.
Interview mit Hikaru Nakamura
Blübaum 1-3 So
Matthias Blübaum hatte mit Wesley So ein schweres Los gezogen. Nach zwei problemlosen Remis in den Partien mit klassischer Bedenkzeit folgten zwei Punkteteilungen in der ersten Rapid Stufe (25min + 10sek/Zug). Beide Spieler konnten in ihren Schwarzpartien den Anzugsvorteil neutralisieren, sodass das Match mit zwei weiteren Rapidpartien fortgesetzt wurde (10min + 10sek/Zug).
Mit Weiß kam Blübaum in der ersten Partie unter Druck. Ihm gelang es bei knapper Zeit nicht, einen guten Plan zu finden:
Wesley So hätte all seine Verteidungskunst aufbieten müssen, schließlich stehen alle weißen Figuren gut und nach Kg2 könnte der Tc1 den Angriff unterstützen. Blübaum entschied sich jedoch für 23.Sd3?! wonach sein Vorteil am Königsflügel nicht mehr zum tragen kommt. Nach dem Damentausch konnte So seine Stellung langsam verstärken und Weiß fehlte das Gegenspiel. Der "schlechte" Läufer auf b4 deckt die Schwäche c5, der schwarze Springer ist hingegen frei von Verteidigungsaufgaben und kommt via g4 und e5 Richtung Damenflügel.
Blübaum gelang es nicht, die Stellung im Gleichgewicht zu halten. In der vierten Partie lief dann ebenso nicht mehr viel zusammen und Wesley So konnte den Einzug in die dritte Runde perfekt machen.
Matthias Blübaum unterliegt Wesley So knapp | Foto: Anastasia Karlovich
Entscheidung im Blitz
Die längsten und damit auch nervenaufreibensten Matches des Tages lieferten sich Dmitry Andreikin und Maxim Matlakov sowie Teimour Radjabov und Vladislav Artemiev.
Dmitry Andreikin ist in diesem Format sehr erfahren. Der 27-jährige Russe zog 2013 in Tromsö etwas überraschend ins Finale ein und unterlag erst dort Vladimir Kramnik. Heute war es lange Zeit nicht besonders gut um die Chancen des Russen bestellt. Gegen seinen Landsmann Maxim Matlakov lag er 1-2 zurück und musste daher in der vierten Partie gewinnen. Die Stellung war allerdings nicht besonders gut. Doch dann fand Andreikin einen Matttrick, welchen sein Gegner nicht auf der Rechnung hatte.
Der Blitzentscheid musste her. In der ersten Partie verspielte Andreikin eine klare Gewinnstellung und verlor die Partie gar, die zweite Partie ging relativ verdient an Matlakov.
Für Dmitry Andreikin, Finalist von 2013, war bereits heute Endstation | Foto: Maria Emelianova
Der zweite Blitzentscheid ging an den erst 19-jährigen Nachwuchsspieler Vladislav Artemiev.
Favoriten
Einige der ganz großen Favoriten mussten bereits in der zweiten Runde den Umweg "Tiebreak" auf sich nehmen. Levon Aronian, Peter Svidler, Fabiano Caruana, Alexander Griscuk, Liren Ding, Anish Giri ... Lang ist die Liste der absoluten Topspieler, die sich durch das Tiebreak zu kämpfen hatten. Außer Shakriyar Mamedyarov schafften es heute alle Top-10-Spieler in die dritte Runde. Mamedyarov gesellt sich damit zu Vishy Anand und Sergey Karjakin, die beide bereits gestern ausgeschieden waren.
Peter Svidler gelang zuerst ein durchschlagender Weißsieg, ehe er mit Schwarz ein Remis ansteuerte | Foto: Anastasia Karlovich
Analyse mit Peter Svidler
Fabiano Caruana setzt sich gegen Luka Lenic durch | Foto: Anastasia Karlovich
Des Weiteren erreichten heute die dritte Runde: Xiangzhi Bu (gegen Etienne Bacrot), Alexander Onischuk (gegen Radoslaw Wojtaszek), Alexander Grischuk (gegen Jorge Cori), David Navara (gegen Ivan Cheparinov), Vasily Ivanchuk (gegen Jan-Krzysztof Duda), Anish Giri (gegen Alexander Motylev), SP Sethuraman (gegen Pentala Harikrishna), Levon Aronian (gegen Hou Yifan), Ian Nepomniachtchi (gegen Baskaran Adhiban), Baadur Jobava (gegen Yu Yangyi), Evgeniy Najer (gegen Nikita Vitiugov), Richard Rapport (gegen Wei Yi), Li Chao (gegen Samuel Sevian), Wang Hao (gegen Boris Gelfand) und Ding Liren (gegen Martyn Kravtsiv).
Marco BaldaufMarco Baldauf, Jahrgang 1990, spielt seit seinem sechsten Lebensjahr Schach. Zwei Mal wurde er Deutscher Jugendmeister, seit 2015 spielt er für die Schachfreunde Berlin in der Bundesliga. Für Chessbase schreibt er gelegentlich auf der Homepage, kommentiert live oder versucht sich als Autor von Fritztrainern.
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