Der Steinbock und seine Strategie

von Dagmar Seifert
02.01.2023 – Es gibt zurzeit weltweit 40 weibliche Schachspieler, die den Großmeistertitel erhalten haben. Neun von ihnen sind Steinbock! Dann waren da noch die beiden legendären Elitespieler Paul Keres, und Weltmeister Emanuel Lasker. Steinbock macht keine Faxen, arbeitet hart und gibt nicht auf. Seine Strategie wirkt deswegen leicht durchschaubar, aber es steckt noch einiges mehr dahinter. | Foto: Pixabay

Master Class Band 5: Emanuel Lasker Master Class Band 5: Emanuel Lasker

Auf dieser DVD zeigen unsere Autoren alle Facetten des Spiels von Emanuel Lasker, der von 1884 bis 1921 Weltmeister war, länger als jeder andere vor oder nach ihm: Eröffnungen, Strategie, Taktik und Endspiele!

Mehr...

Der Steinbock und seine Strategie

Den zwischen dem 22. Dezember und dem 19. Januar Geborenen kommt es nicht so besonders darauf an, anderen etwas zu beweisen. Es reicht ihnen häufig, es sich selbst zu beweisen. Dieses auf die Spitze getriebene Understatement lässt sie leicht arrogant oder unzugänglich wirken.

Es kann passieren, dass ein Steinbock-Spieler die gesamte Nacht damit zubringt, ein Schach-Problem für sich selbst zu lösen, um diese Lösung am anderen Morgen, im Spiel, überhaupt nicht anzuwenden.

Beim typischen Steinbock ergibt sich die auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche Konstellation von einerseits intensiv ausgeprägtem Ehrgeiz und andererseits etwas eingeschränktem Siegeswillen. Doch, er möchte gewinnen – doch nicht unbedingt dafür gefeiert werden, im Rampenlicht oder auf dem Siegertreppchen stehen. So was findet er manchmal eher peinlich. Er ist im Prinzip nicht ungern der unauffällige Zweite.

So ein ‚ewiger Zweiter‘ war der estnisch/sowjetische Schachmeister Paul Keres, * 7. Januar. Er wurde niemals Schachweltmeister, gilt jedoch fast fünfzig Jahre nach seinem Tod immer noch als einer der stärksten Spieler des 20. Jahrhunderts und gewann Partien gegen neun amtierende oder zukünftige Weltmeister, von Capablanca bis Fischer.

Paul Keres wird von vielen als stärkster Schachspieler, der nie Weltmeister wurde, gehandelt.

Da ein echter Steinbock meistens bedächtig agiert, kann er bei anderen den Eindruck erwecken, Geschwindigkeit gehöre nicht zu seinen Talenten. Es entspricht ihm halt nicht, etwas zu übereilen, er kann auf den richtigen Moment warten.

Seine größten strategischen Stärken liegen in seiner gnadenlosen asiatischen Geduld und einem zähen Durchhaltevermögen. Aufgeben ist für sein Naturell einfach keine Option. Schließlich kommt es vor allem darauf an, wer zum Schluss ‚Matt!‘ sagen kann.

Gegen Aman Hambleton, hielten viele den Boxerfahrenen Lawrence Trent für den Favoriten, als es kürzlich das Schachboxen Event gab. Doch Steinbock Hambleton gewann nach der ersten Runde im Boxen durch ein technisches K.O. | Foto: Twitter

Der Deutsche Emanuel Lasker beispielsweise, *24. Dezember, (der zweite offizielle Schachweltmeister nach Wilhelm Steinitz, und das, nebenbei bemerkt, 27 Jahre lang), galt als Meister des Endspiels. So komponierte er viele Endspielstudien, darunter natürlich das Lasker-Manöver. Emanuel Lasker besiegte Steinitz und Capablanca ohne irgendwelche fantasievollen Raffinessen oder Schnörkel, einfach durch pragmatische Vernunft: eine große Stärke des erdverbundenen Steinbocks. 1895 schrieb er sein Buch Common sense in chess, und er hielt in englischen Schachclubs gern Vorträge genau darüber: ‚Gesunder Menschenverstand im Schach‘.

Emanuel Lasker ist der Weltmeister unter den Steinböcken (Alexander Khalifman wurde FIDE Weltmeister). Auch Eduard (Edward) Lasker, wohl weitläufig mit Emanuel verwandt, war ein Steinbock.

Der gesunde Menschenverstand ist übrigens ein Steinbock-Lieblingsthema. Der Altkanzler und begeisterte Hobby-Schachspieler Helmut Schmidt, * 23. Dezember; war es, der meinte, wer Visionen hätte, möge zum Arzt gehen.

Regent des Sternzeichens ist Saturn, der ‚Alte‘. Ungewöhnlich viele der im Steinbock geborenen Menschen behalten bis ins hohe Alter ein glasklares Oberstübchen. So wurde der tschechisch-deutsche Schach-Großmeister Vlastimil Hort,* 12. Januar, selbstverständlich 2006 in Mainz Seniorenweltmeister in der Chess960 Variante.

Vlastimil Hort spielte hervorragend Simultanschach. 1985 waren es satte 636 Gegner. Während dieser Matches erzählte er in seinen Pausen zwischendurch Geschichten aus der Schachwelt.

Von allen zwölf Zeichen des Tierkreises ist Steinbock der am wenigsten Verspielte. Vielleicht deshalb haben sich manche genialen Schachgrößen nicht ausschließlich dem Brett gewidmet, sondern ‚ernsthafteren‘ Beschäftigungen. Ein Paradebeispiel dafür ist der englische Großmeister und Weltklassespieler Luke James McShane, * 7. Januar. Das ehemalige Schach-Wunderkind mit den wachen Augen (als 16jähriger war er der bisher jüngste britische Großmeister) studierte ganz folgerichtig Mathematik und Philosophie – wie vermutlich zwei Drittel aller großen Schachspieler. Doch anstatt sich anschließend nur noch den 64 Feldern zu widmen, beschäftigte McShane sich lieber mit dem hochklassigen, aber prosaischen Broterwerb als Trader bei Goldman Sachs. Er gilt immerhin als stärkster Amateurschachspieler der Welt …

Luke McShane wird gern als stärkster Amateurschachspieler der Welt betitelt. 2012 erreichte er eine Elo-Wertung von über 2700, als er bereits Vollzeit berufstätig war.

Steinbock ist, weil dem Element Erde zugeordnet, ein ‚weibliches‘ Zeichen – verleiht jedoch über den Saturn männlichen Intellekt, sachlich und im höchsten Maß zur Abstraktion befähigt. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten weiblichen Schachmeister tatsächlich im Steinbock geboren sind.

Wir hätten da unter anderem Großmeister Nino Batsiashvili, * 1. Januar, Großmeister Nana Dsagnidse, * 1. Januar, Großmeister Irina Krush, * 24. Dezember,  Großmeister Dronavalli Harika, * 12. Januar, Großmeister Zhansaya Abdumalik, * 12. Januar,  Großmeister Jekaterina Lagno, * 27. Dezember, Großmeister Elisabeth Pähtz, * 8. Januar, Großmeister Nadeschda Kossinzewa, * 14. Januar, und Großmeister und Weltmeisterin Maia Tschiburdanidse, * 17. Januar.

Erst kürzlich erhielten die GM Frauen, GM Zuwachs. Elisabeth Paehtz bekam endlich ihren Titel zugesprochen und ist damit der neunte Großmeister der Steinbockdamen geworden.

Dass die Mädels – genderfeindlich – nicht GroßmeisterIn heißen, sondern Großmeister, hat einen besonderen Grund. Es gibt auch Großmeister der Frauen. Diese können Ihren "WGM" Titel auch mit 200 Elo Punkten weniger erreichen als den Großmeistertitel. Die oben aufgezählten weiblichen Großmeister jedoch konnten es sogar mit dem überlegenen männlichen Intellekt aufnehmen!

Den Schachvogel abgeschossen hat in dieser Beziehung Weltmeisterin (1978 bis 1991) Maia Tschiburdanidse. In Banja Luka konnte sie 1985 dreizehn Mannsbilder niederkämpfen – darunter acht Großmeister!

Dina Belenkaya ist ein weiterer Steinbock, der genau wie Aman Hambleton im Schachboxen siegreich war. Im Boxen tat sie sich gegen Andrea Botez schwer, aber im Schach konnte Belenkaya gegen die Kanadierin souverän gewinnen. | Foto: Twitter

Wie besiegt man einen Steinbock im Schach? Man sucht sich vielleicht doch lieber einen männlichen aus …

Berühmte Steinbock Schachpersönlichkeiten + Geburtstage:

Anbei ein paar hübsche Siege der Steinbockfrauen:

 

Mehr zum Thema Sternzeichen, aktuellem und historischem gibt es auf dem Blog der Autorin - dagmarday.com

Links:


Dagmar Seifert ist eine norddeutsche Journalistin, Autorin und Astrologin. Sie liebt Schach, ist jedoch keineswegs eine übertrieben gute Spielerin. Immerhin war sie diejenige, die es ChessBase-Mitarbeiter Arne Kähler beigebracht hat – als er sechs Jahre alt war …