Olympiasplitter, Runde 4: Solide und stark, kreativ und gefährlich

von Johannes Fischer
28.09.2018 – Die vierte Runde der Schacholympiade brachte zahlreiche interessante Partien. Großen Eindruck hinterließen dabei Shakhriyar Mamedyarov, der Michael Adams mit energischem Positionsspiel chancenlos aussehen ließ, und der litauische Großmeister Sarunas Sulskis, der Baadur Jobava mit verblüffenden Zügen Opfern und scheinbar irrationalen Opfern überspielte. | Foto: David Llada

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Solide und klug

Shakhriyar Mamedyarov hat in den letzten beiden Jahren einen enormen Sprung nach vorne gemacht. Im Juni 2016 lag die Nummer eins Aserbaidschans mit einer Elo-Zahl von 2746 auf Platz 18 der Weltrangliste, jetzt, im September 2018, ist er mit 2820 Elo-Punkten hinter Magnus Carlsen und Fabiano Caruana die Nummer drei der Welt.

In der aktuellen Ausgabe des Schachmagazins New in Chess erklärte Mamedyarov diese Leistungssteigerung mit einem gesünderen Lebenswandel und damit, dass sein Spiel "wise" geworden sei - ein Wort, das man mit "weise", "klug" oder "vernünftig" übersetzen kann.

Sein neuer Stil brachte Shakhriyar Mamedyarov auf das Cover der aktuellen Ausgabe des New in Chess Magazins

Wie das praktisch aussieht, zeigte er in Runde vier der Schacholympiade in Batumi, in der er beim Kampf Aserbaidschan gegen England am Spitzenbrett gegen Michael Adams antreten musste. Früher galt Mamedyarov als ein ungeduldiger Spieler, der gerne zur Brechstange griff, um auf Gedeih und Verderb auf Gewinn zu spielen. Das führte zu einer Reihe brillanter Partien, aber auch zu vielen Niederlagen. Adams hingegen genießt den Ruf eines sehr soliden, positionell betonten Spielers, der nur selten verliert.

Doch dem "neuen", "weisen" und "vernünftigen" Mamedyarov gelang es, Adams positionell zu überspielen. Mamedyarov vermied jedes Risiko und kam scheinbar leicht zu einem Sieg.

 

Kreativ und irrational

Die größte Aufmerksamkeit bei Schacholympiaden erhalten natürlich die Spitzenpaarungen. Da entscheidet sich der Kampf um die Medaillen und da spielen meist auch die besten Spieler der Welt. Durch die Aufmerksamkeit auf die Top-Paarungen gehen interessante Partien in den vielen Eindrücken der Olympiade leicht unter. Es sei denn, sie sind wirklich etwas Besonderes.

Und das war die Partie Baadur Jobava gegen Saruanas Sulskis, die beim Kampf Georgien 1 gegen Litauen an Brett eins gespielt wurde. Jobava ist für sein kreatives und ungewöhnliches Schach bekannt, aber in dieser Partie war es Sulskis, der den Ton angab.

Der litauische Großmeister brachte ein überraschendes Opfer nach dem nächsten und glänzte immer wieder mit verblüffenden und starken Einfällen. So gelang ihm eine der ungewöhnlichsten und interessantesten Partien der Olympiade - wenn nicht sogar des Jahres.

 

Von Anfang bis Ende eine wirklich bemerkenswerte Partie!

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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