03.12.2020 – Kurz vor dem Tod von Bobby Fischer beteiligte sich sein einstiger Leibwächter von 1972 Saemundur Pálsson an der Produktion eines Dokumentarfilms mit dem Titel "Vinur minn Bobby" ("Mein Freund Bobby"). Fischer protestierte gegen die Veröffentlichung, da das Material von ihm nicht autorisiert war. Nun wurde der Film in ganzer Länge auf Youtube veröffentlicht.
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Dies ist der Film, jetzt auf Youtube veröffentlicht:
Als Bobby Fischer von der Produktion erfuhr, ließ er folgende Erklärung abgeben:
Réttlæti-Jafnræði-Frelsi – RJF - HÓPURINN –THE RJF CAMPAIGN GROUP Board: Einar S. Einarsson, Chairman; Gudmundur G. Thórarinsson, Vice-Chairman; Garðar Sverrisson; Helgi Ólafsson; Magnús Skúlason
FOR INFORMATION
Re: A film on Bobby Fischer
Robert James Fischer, world champion in chess, has sought the assistance of the RJF Campaign Group because of his dissatisfaction with a "documentary film" that cinematographer Fridrik Gudmundsson and Kristinn Hrafnsson have been producing in cooperation with Saemundur Pálsson and other parties.
Mr. Fischer wishes the group to draw attention to the fact that the manuscript and structure of the aforementioned "documentary," of which he is the main subject, are grossly inconsistent with former discussions and that the material has been obtained by fraud.
The primary theme of the film now, which working title is "My friend Bobby", is in his opinion, quite contrary to the ideas that were proposed in the year 2005 concerning a possible news program for Icelandic televison on the US organised kidnapping and imprisonment of Mr. Fischer in Japan, his being granted Icelandic citizenship and release from prison.
On this occasion, the RJF Group wishes to reiterate that Mr. Fischer has never signed any form of contract or release for this television program. All use or broadcast of any material that was recorded by these parties concerning Mr. Fischer´s case or personality is not authorized. No such material may be used, broadcast, or otherwise displayed without his consent.
For this reason, it is absolutely against his wishes that parties in Iceland or elsewere should provide financial subsidy for the production of this film or should show it once completed.
Reykjavík, May 4 2007
On behalf of the Board of the RJF Campaign Group
Einar S. Einarsson, chairman
Auf Deutsch:
Réttlæti-Jafnræði-Frelsi - RJF - HÓPURINN - DIE RJF-KAMPAGNE-GRUPPE Vorstand: Einar S. Einarsson, Vorsitzender; Gudmundur G. Thórarinsson, stellvertretender Vorsitzender; Garðar Sverrisson; Helgi Ólafsson; Magnús Skúlason
ZUR INFORMATIONEN
Betr.: Film über Bobby Fischer
Robert James Fischer, Schachweltmeister, hat aufgrund seiner Unzufriedenheit mit einem "Dokumentarfilm", den der Kameramann Fridrik Gudmundsson und Kristinn Hrafnsson in Zusammenarbeit mit Saemundur Pálsson und anderen Parteien produziert haben, die Unterstützung der RJF Campaign Group gesucht.
Herr Fischer möchte die Gruppe darauf aufmerksam machen, dass das Manuskript und die Struktur des genannten "Dokumentarfilms", der seine Person zum Gegenstand hat, in krassem Widerspruch zu früheren Diskussionen stehen und dass das Material durch Betrug erlangt wurde.
Das Hauptthema des Films, dessen Arbeitstitel "Mein Freund Bobby" lautet, steht seiner Meinung nach nun ganz im Gegensatz zu den Vorstellungen, die im Jahr 2005 bezüglich einer möglichen Reportage des isländischen Fernsehens über die von den USA organisierte Entführung und Inhaftierung von Herrn Fischer in Japan, die Verleihung der isländischen Staatsbürgerschaft und seine Freilassung aus dem Gefängnis vorgeschlagen wurden.
Bei dieser Gelegenheit möchte die RJF-Gruppe erneut darauf hinweisen, dass Herr Fischer niemals irgendeine Form von Vertrag oder Freigabe für diesen Film unterzeichnet hat. Jegliche Verwendung oder Ausstrahlung von Material, das von diesen Parteien über den Fall oder die Persönlichkeit von Herrn Fischer aufgezeichnet wurde, ist nicht gestattet. Kein solches Material darf ohne seine Zustimmung verwendet, ausgestrahlt oder anderweitig gezeigt werden.
Aus diesem Grund ist es absolut gegen seinen Wunsch, dass in Island oder anderswo finanzielle Unterstützung für die Produktion dieses Films geleistet und dass dieser nach Fertigstellung gezeigt wird.
Reykjavík, 4. Mai 2007
Im Namen des Vorstands der RJF-Kampagnengruppe
Einar S. Einarsson, Vorsitzender
Wer ist Saemi Palsson?
Die treibende Kraft hinter dem Dokumentarfilm ist Fischers ehemaliger Leibwächter und Freund Saemi Palsson. Der Name des Dokumentarfilms, "Mein Freund Bobby", ist eine Anspielung auf Saemi, der die Hauptinformationsquelle für die Produzenten war.
Sæmundur Pálsson, alias "Saemi Rock", ist ein ehemaliger Polizeibeamter (seit 1969) und früherer Turnier-Rock'n Roll-Tänzer -was ihm die Namen "Rock-and-Roll-Champion von Reykjavik" und "Tanzpolizist" einbrachte.
Saemi war einer von acht Polizisten, die Bobby Fischer während des Weltmeisterschaftsspiels gegen Boris Spassky 1972 in Island beschützen sollten. Nachdem Bobby den Titel gewonnen hatte, besuchte Saemi ihn in New York und verbrachte, wie er sagt, einige Monate mit ihm in Pasadena, Kalifornien.
Während Fischers Gefangenschaft in Japan versuchte Saemi, die isländische Regierung davon zu überzeugen, seinem Freund zu helfen. Er reiste nach Japan und versuchte, Fischer mit einem isländischen Pass herauszuholen. Island gewährte Fischer die volle Staatsbürgerschaft, so dass er frei in sein neues Heimatland umziehen konnte.
Bobby Fischer und Saemi im Flugzeug auf dem Weg nach Island
Fischer mit Saemi Palsson nach seiner 24-stündigen Reise aus Japan
Ein paar Tage später, nach einem Frisörbesuch.
Übersetzung: André Schulz
Links
Fischer-Fans aufgepasst: Die folgenden Links bieten Lesestoff bis zum Ende der Pandemie.
Vor 45 Jahren – Bobby Fischer in Island (1) In der letzen Juniwoche 1972 war die Schachwelt im Aufruhr. Der Weltmeisterschaftskampf zwischen Titelverteidiger Boris Spassky und Herausforderer Bobby Fischer sollte am 1. Juli in Reykjavik beginnen. Aber von Fischer war in der isländischen Hauptstadt nichts zu sehen. Die Eröffnungsfeier fand ohne ihn statt und die 1. Partie, die am 2. Juli gespielt werden sollte, wurde verschoben. Doch in den frühen Morgenstunden des 4. Juli traf Fischer schließlich in Reykjavik ein. Frederic Friedel berichtet.
Vor 45 Jahren – Bobby Fischer in Island (2) Das legendäre "Match des Jahrhunderts" zwischen Boris Spassky und Bobby Fischer wurde in der Laugardalshöllin in Reykjavik gespielt. Dies ist Islands größte Sportarena, 5.500 Zuschauer haben hier Platz. Auch Konzerte finden hier statt - Led Zeppelin, Leonard Cohen und David Bowie haben hier schon gespielt. 45 Jahre nach dem Spassky-Fischer Spektakel besuchte Frederic Friedel die Laugardalshöllin und hat ein paar Schätze entdeckt.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (3) Am 11. Juli 1972 begann das legendäre "Match des Jahrhunderts" zwischen Boris Spassky und Bobby Fischer endlich. Doch Fischer kam zu spät zur ersten Partie, der Straßenverkehr hatte ihn aufgehalten. Fischer hatte in der ersten Partie Schwarz und spielte zur allgemeinen Überraschung nicht wie meist Grünfeld oder Königsindisch, sondern Nimzo-Indisch. Die Partie verlief in ruhigen Bahnen und die meisten Experten rechneten mit einem Remis. Doch dann, im 29. Zug, nahm Fischer einen vergifteten Bauern. "Ein Zug und wir machen in der ganzen Welt Schlagzeilen!", kommentierte einer der Organisatoren glücklich.
Vor 45 Jahren – Bobby Fischer in Island (4) Bobby Fischer, Herausforderer und Favorit im WM-Kampf gegen Boris Spassky in Reykjavik 1972, verlor die erste Wettkampfpartie auf dramatische Weise. Fischer erklärte, ihn hätten die Kameras gestört. Zur zweiten Partie trat der Amerikaner aus Protest nicht an und verlor kampflos. Damit lag er im Wettkampf 0-2 zurück. Fischer hatte schon einen Rückflug nach New York gebucht, aber spielte die dritte Partie dann doch – in einem Raum hinter der Bühne!
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (5) Nach drei Partien stand es im Match des Jahrhunderts 2:1 für den amtierenden Weltmeister. In Partie vier spielte Spassky eine gut vorbereitete Variante des Sizilianers und erhielt starken Angriff. Fischer verteidigte sich zäh und die Partie endete mit Remis. Dann folgte eine Schlüsselpartie, über die GM Robert Byrne, US-Meister 1972 und Korrespondent der New York Times und Chess Life, berichtet hat. In Reykjavik verfolgte Schachenthusiast Lawrence Stevens aus Kalifornien die Partien besonders aufmerksam: er schrieb per Hand auf, wie viel Bedenkzeit die Spieler für jeden Zug verbraucht hatten.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (6) Im sechsten Teil unserer Serie schauen wir uns an, was beim Wettkampf des Jahrhunderts Fischer gegen Spassky 1972 in Reykjavik hinter den Kulissen geschah. Spassky wurde von seinen Sekundanten umsorgt und von den sowjetischen Autoritäten unter Druck gesetzt. Geholfen hat es ihm nicht. Ein schwerer Schlag war Spasskys Niederlage in der sechsten Partie. Fischer spielte zum ersten Mal in seinem Leben Damengambit mit Weiß, Spassky konnte oder wollte sich nicht an seine Vorbereitung erinnern und Fischer gewann eine Glanzpartie.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (7) Boris Spassky startete mit einer 2-0 Führung in den "Wettkampf des Jahrhunderts" gegen Bobby Fischer in Reykjavik 1972. Aber dann schlug Fischer zurück: aus den nächsten acht Partien holte er 6,5 Punkte und führte so nach zehn Partien mit 6,5-3,5. Die Partien 8, 9 und 10 hatten viele dramatische Momente.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (8) Nach zehn Partien stand es im Weltmeisterschaftskampf 1972 in Reykjavik 6,5-3,5 für den Herausforderer Bobby Fischer. Der Wettkampf schien praktisch schon entschieden, denn Titelverteidiger Boris Spassky hatte aus den letzten acht Partien nur 1,5 Punkte geholt. Doch in der elften Partie schlug Spassky zurück und fügte Fischer in der Najdorf-Variante eine vernichtende Niederlage zu.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (9) Die 13. Partie des Wettkampfs zwischen Bobby Fischer und Boris Spassky in Reykjavik 1972 war ein packender Kampf. Fischer verzichtete auf seinen geliebten Sizilianer und griff zur Aljechin-Verteidigung. Eine unangenehme Überraschung für Spassky und der Auftakt einer dramatischen Partie mit entscheidender Bedeutung für den Wettkampf.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (10) Die zweite Hälfte des Weltmeisterschaftskampfs zwischen Bobby Fischer und Boris Spassky in Reykjavik 1972 verlief ausgeglichen. In etlichen Partien hatte Spassky sogar gute Chancen, aber es gelang ihm nicht, eine Partie zu gewinnen. Das Ende des Wettkampfs rückte unaufhaltsam näher und Fischer verteidigte seinen 3-Punkte-Vorsprung.
Vor 45 Jahren - Bobby Fischer in Island (11) Je länger der Wettkampf in Reykjavik dauerte, desto nervöser wurde die sowjetische Delegation. Spassky spielte mit aller Kraft, aber kam ein ums andere Mal nicht über ein Remis hinaus. Und mit jeder Partie rückte die Wettkampfniederlage nähe. Die Partien waren spannend, aber für Aufregung sorgte etwas anderes: Die sowjetische Delegation äußerte den Verdacht, die Beleuchtung oder Fischers Sessel wären manipuliert worden.
Frederic FriedelChefredakteur der englischen ChessBase-Seite. Hat in Hamburg und in Oxford Philosophie und Linguistik studiert und sein Studium mit einer Arbeit über Sprechakttheorie und Moralsprache abgeschlossen. Eine Karriere an der Universität gab er auf, um Wissenschaftsjournalist zu werden und Dokumentationen für das deutsche Fernsehen zu produzieren. Er ist einer der Mitbegründer von ChessBase.
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