New York 1924, Runde 18: Capablanca beeindruckt, Marshall brilliert

von Johannes Fischer
22.05.2020 – In der 18. Runde des Turniers in New York bewies Weltmeister José Raúl Capablanca einmal mehr sein überragendes Schachtalent und zeigte, warum er so schwer zu schlagen ist. Er spielte mit Schwarz gegen Edward Lasker und verwandelte eine schlechte Stellung mit starkem Positionsspiel in einen Gewinn. Frank Marshall brillierte gegen Efim Bogoljubow mit einem phantastischen Angriff und etlichen Opfern. | Foto: José Raúl Capablanca (Archiv)

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Capablanca glänzt in der Verteidigung, Marshall glänzt im Angriff

1921 hat Capablanca Dr. Emanuel Lasker als Weltmeister abgelöst. Capablanca gewann den Weltmeisterschaftskampf gegen Lasker in Havanna überzeugend: nach vier Niederlagen und zehn Remis gab Lasker den Kampf vorzeitig auf. Aber beim Turnier in New York scheint der alte Weltmeister Lasker dem neuen Weltmeister Capablanca mindestens ebenbürtig zu sein. Nach 17 von 22 Runden lag Lasker mit 11½/15 ganze anderthalb Punkte vor Capablanca, der mit 10.0/15 alleiniger Zweiter war.

Kein Wunder, dass Capablanca alles versuchte, um Laskers Vorsprung in den letzten fünf Runden noch aufzuholen. In Runde 18 spielte der Weltmeister gegen Edward Lasker und strebte von Beginn an nach einer zweischneidigen Stellung. Dabei nahm Capablanca große Risiken in Kauf und stand nach Abschluss der Eröffnung klar schlechter.

Doch mit einem interessanten positionellen Bauernopfer leitete Capablanca einen starken Gegenangriff im damenlosen Mittelspiel ein. Edward Lasker fand kein Konzept und Capablanca kam zu einem phantastischen Sieg im Endspiel.

 

Wie Edward Lasker nach der Partie einräumte, ist er ein großer Bewunderer Capablancas. Ja, er gab sogar zu, "vor jeder Partie gegen ihn das Gefühl zu haben, meine Niederlage sei absolut sicher".

Auch über die Person Capablanca teilte Edward Lasker seine Eindrücke mit:

"Capablanca wirkt auf jeden als äußerst angenehm, allerdings scheint er nicht über den forschenden Geist und die intellektuellen Fähigkeiten zu verfügen, die bei Menschen wie Emanuel Lasker, Ossip Bernstein, Richard Teichmann oder Siegbert Tarrasch so beeindrucken. Der Kubaner wirkt eminent praktisch, eine Eigenschaft, die den europäischen Meistern völlig fehlt."

Nach diesem Sieg liegt Capablanca vier Runden vor Schluss nur noch einen Punkt hinter Emanuel Lasker, der in einer unspektakulären Partie nach 30 Zügen mit Alexander Aljechin Frieden schloss.

 

Für den zweiten Höhepunkt der Runde sorgte der Amerikaner Frank Marshall. Er gewann gegen Efim Bogoljubow mit einem stark gespielten Angriff und einer Reihe einfallsreicher Opfer.

 

Der dritte Sieg der Runde gelang Frederick Yates. Er überspielte Savielly Tartakower in einem Sizilianer und beendete die Partie mit einer hübschen Schlusskombination.

 

Geza Maroczy und Richard Reti trennten sich in einer ausgekämpften Partie nach 58 Zügen Remis.

 

Ergebnisse der 18. Runde

F. Yates 1-0 S. Tartakower
G. Maroczy ½-½ R. Reti
F. Marshall 1-0 E. Bogoljubow
Ed. Lasker 0-1 J.R. Capablanca
Em. Lasker ½-½ A. Alekhine

Spielfrei: Dawid Janowsky

Stand nach 18 Runden

Rg. Name 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Pkt.
1 Emanuel Lasker   ½0 11 ½  11 ½  ½1 ½  11 12.0
2 Jose Raul Capablanca ½1   ½½ ½½ ½1 ½1 ½1 11.0
3 Alexander Alekhine ½½   10 ½  ½½ ½  11 ½½ 10.0
4 Richard Reti 00 01   ½0 01 11 ½½ 9.5
5 Frank James Marshall ½  ½½ ½  ½1   01 ½0 ½  11 9.0
6 Efim Bogoljubow 00 ½½ 10 10   01 11 ½1 8.5
7 Saviely Tartakower ½  ½  00 ½1 10   ½½ 10 ½0 ½1 7.5
8 Geza Maroczy ½0 ½½ ½½   ½1 10 7.5
9 Frederick Dewhurst Yates ½0 00 ½  00 01   11 ½1 5.5
10 Edward Lasker ½  ½0 ½½ ½0 ½1 ½0 00   5.0
11 Dawid Markelowicz Janowski 00 ½0 00 ½0 01 ½0   4.5

Partien

 

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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